Konkurrenzvergleich |
30.10.2022 16:43:00
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Unterschiedliche Philosophien: So wollen NIO und Tesla bei Kunden mit ihren E-Autos punkten
• Tesla setzt auf Batterieladeinfrastruktur, NIO auf Batterietausch
• Sensoren beim autonomen Fahren unterscheiden sich ebenfalls
Der Tesla-Jäger aus China, so wird der chinesische Elektroautohersteller NIO oft genannt. Beide Unternehmen verbindet eine ähnliche Vision, die sie jedoch auf unterschiedliche Art angehen. Ein Blick auf die Geschäftsstrategie von Tesla und NIO offenbart, wie ähnlich sich beide Konzerne sind - und wie sie zeitgleich völlig unterschiedliche Problemlösungsstrategien verfolgen.
Alteingesessener Konzern vs. Firmenneuling
Die längere Konzerngeschichte kann Tesla vorweisen - 2003 wurde das Unternehmen in Kalifornien gegründet. NIO operiert erst seit 2014 - und ist dem US-Konkurrenten in Sachen Erfahrung damit weit unterlegen. In seiner fast 20-jährigen Konzerngeschichte hat Tesla bereits zahlreiche Herausforderungen gemeistert - inklusive einer Beinahe-Pleite während des Produktionshochlaufes beim Model 3.
Auch NIO ist in seiner noch recht jungen Konzernhistorie bereits knapp an einer Pleite vorbei geschrammt. Schuld war die Corona-Pandemie, die das Geschäftsleben in China und vielen Teilen der Welt zeitweise zum Erliegen brachte. Vier Milliarden US-Dollar nahm die chinesische Stadt Hefei in die Hand, um eine Insolvenz des Elektroautobauers zu verhindern.
Die Philosophien unterscheiden sich
Beide Unternehmen wollen Elektromobilität in der Automobilbranche zum Standard machen, und konzentrieren sich auf die Digitalisierung der Fahrzeuge. Dabei verfolgen sie aber in zwei elementaren Geschäftsbereichen unterschiedliche Wege.
Akkuaufladung vs. Akkutausch
Bei einem der wichtigsten Themen, dem Akku, gehen beide Unternehmen unterschiedlich vor. Tesla setzt auf Lithium-Ionen-Akkus, die auf Basis ihres Gewichtes die höchste Kapazität bieten. In seinem Model 3 hat der Elektroautobauer LFP-Akkus im Einsatz, die allerdings eine geringere Reichweite bieten. Tesla-Fahrer müssen die Batterien ihrer Fahrzeuge regelmäßig aufladen, dafür stellt das Unternehmen ein Netzwerk aus Ladesäulen, so genannte Supercharger, zur Verfügung.
Wer einen NIO fährt, der muss zwar ebenfalls dafür sorgen, dass der Akku über ausreichend Strom verfügt, NIO aber setzt auf Batterietausch statt einen Ladevorgang. Wer einen NIO fährt, kann eine Batterietauschstation anfahren und bekommt seinen alten Akku innerhalb kürzester Zeit gegen ein geladenes Modell getauscht. Der Tausch soll vollautomatisch erfolgen, Fahrern werden auf diesem Weg lange Wartezeiten an den Ladesäulen erspart. Auf dem chinesischen Markt hat sich dieses Batterietauschsystem bereits etabliert, auf dem europäischen Markt ist eine entsprechende Infrastruktur aber noch Mangelware.
Fahrzeugumgebung und Objekterkennung
Und auch in einem zweiten elementaren Geschäftssegment gehen Tesla und NIO unterschiedliche Wege: Bei der Umsetzung autonomer Fahrfunktionen.
Noch vor rund einigen Jahren setzte Tesla in seinen Fahrzeugen auf verschiedenste Sensoren und Kameras, um die Fahrzeugumgebung umfassend erfassen zu können und eine verlässliche Umfeld- und Objekterkennung zu ermöglichen. Doch Radarsensoren erklärte Tesla-Chef Musk im Jahr 2021 für überflüssig und beschleunigte den Übergang zum kamerabasierten Autopilot-System Tesla Vision. Zuvor hatte der Firmenlenker auch so genannte Lidar-Sensoren als überteuert und verzichtbar eingestuft, "wer auf Lidar setzt, ist dem Untergang geweiht", so Musk im Rahmen des "Autonomy Day" im Jahr 2019.
NIO dagegen setzt auf das Lidar-System und hat in seinen Fahrzeugen verschiedenste Sensoren verbaut - auch die von Tesla unlängst für überflüssig erklärten Radarsensoren. Experten sehen darin einen großen Vorteil für die Chinesen, die bei Teslas Herzstück, den autonomen Fahrfunktionen, damit die Nase vorn haben dürften.
Verkaufszahlen sprechen noch für Tesla
Schaut man sich den operativen Erfolg beider Unternehmen an, ist Tesla unterdessen wieder deutlich in Führung. Im dritten Quartal des aktuellen Jahres haben die US-Amerikaner ihren Gewinn auf 3,29 Milliarden Dollar mehr als verdoppelt, zeitgleich wurde mit 344.000 ausgelieferten Fahrzeugen eine neue Rekordmarke erreicht.
NIO seinerseits hat im abgelaufenen Quartal 31.607 Fahrzeuge unters Volk gebracht und seine Auslieferungszahl damit um 29,3 Prozent gesteigert. Obwohl das Unternehmen insbesondere auf dem chinesischen Heimatmarkt große Erfolge feiert, kann Tesla international deutlich mehr punkten als der chinesische Konkurrent.
Dennoch sind die Aussichten für NIO durchaus gut: Der innovative Ansatz der Chinesen beim Thema Batterietausch könnte Elektroautokäufer ebenso überzeugen wie die fortschrittliche Sensorentechnik, wo Experten das chinesische Unternehmen bereits jetzt vorn sehen. Insbesondere wenn autonome Fahrfunktionen immer wichtiger werden und als Kaufargument dienen, dürfte das Thema Sicherheit eine große Rolle bei der Entscheidung für eine Elektoautomarke darstellen.
Redaktion finanzen.at
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