31.01.2020 09:51:43

ROUNDUP: VW-Tochter Traton bietet Milliarden für US-Lkw-Hersteller Navistar

MÜNCHEN/LISLE (dpa-AFX) - Die Volkswagen (Volkswagen (VW) vz)-Lkw- und Bustochter TRATON will ihre Position auf dem wichtigen nordamerikanischen Markt mit einer Milliardenübernahme deutlich ausbauen. Die börsennotierte Sparte für schwere Nutzfahrzeuge will dazu die restlichen Anteile am US-Truckhersteller Navistar übernehmen und legt dafür 2,9 Milliarden US-Dollar (2,6 Mrd Euro) auf den Tisch, wie Volkswagen am späten Donnerstagabend mitteilte. Mit dem Deal könnte VW (Volkswagen (VW) vz) in den USA Boden gut machen zum Weltmarktführer Daimler. Traton besitzt bereits 16,8 Prozent an Navistar.

Dem Verwaltungsrat der Amerikaner sei ein Vorschlag zum Kauf der noch nicht von Traton gehaltenen Aktien für 35 US-Dollar je Anteilschein gemacht worden. Der letzte Schlusskurs der Navistar-Aktien lag an der New Yorker Börse bei 24,07 Dollar. Volkswagen war im September 2016 eingestiegen und hatte damals 15,76 Dollar je Stück bezahlt. Allerdings greift VW-Nutzfahrzeugvorstand und Traton-Chef Andreas Renschler nun bei deutlich günstigeren Kursen zu als zuletzt - das Hoch lag vor zwei Jahren bei über 47 Dollar.

Traton-Aktien legten am Freitag nach Handelsbeginn rund 1 Prozent zu, Volkswagen-Vorzugsaktien lagen 1 Prozent im Minus.

Anleger von Navistar hingegen zeigten sich euphorisch. Die Navistar-Aktie legte im außerbörslichen US-Handel zuletzt um gut 50 Prozent auf 36,45 Dollar zu. Offenbar rechnen Akteure am Markt mit einer Ablehnung des Angebots und einer Aufstockung des Preises - oder mit einer Gegenofferte. VW hat es zudem mit einem lautstarken Großaktionär bei den Amerikanern zu tun - US-Starinvestor Carl Icahn besitzt ebenfalls fast 17 Prozent an Navistar.

Seit dem Einstieg von VW vor über drei Jahren wird an der Börse darauf spekuliert, dass VW auf dem wichtigen Nutzfahrzeugmarkt USA ernst macht und Navistar komplett übernimmt. Bisher ist Traton dort kaum vertreten, während Rivale Daimler hier mit der Marke Freightliner seine große Stärke hat. Traton ist dafür in Europa und Südamerika stärker.

Daimler ist Weltmarktführer bei schweren Nutzfahrzeugen und bisher deutlich größer als Traton, die Stuttgarter verkauften in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres 390 694 Lkws und Busse - und damit mehr als doppelt so viele Fahrzeuge wie Traton im gleichen Zeitraum.

Mit Navistar könnte die Rechnung etwas anders aussehen: Die Amerikaner verkauften im vergangenen Geschäftsjahr (Ende Oktober) weltweit 106 500 Lkws und Busse, Traton im Kalenderjahr 2019 insgesamt 242 200 Fahrzeuge. Daimler muss die Zahlen für das Gesamtjahr 2019 erst noch vorlegen, kam aber 2018 auf einen Absatz von 548 223 Lkws und Bussen.

Renschlers Strategie zielte bisher darauf ab, in den USA und Asien vor allem über Kooperationen vertreten zu sein. Dazu wollte Traton etwa zusammen mit Navistar Teile günstiger einkaufen oder auch gemeinsam mit dem chinesischen Hersteller Sinotruk schwere Lkw für China bauen. Auf einen Wettlauf bei den weltweiten Stückzahlen wollte sich Renschler mit seinem ehemaligen Arbeitgeber aus Stuttgart bislang nicht einlassen.

Eine Navistar-Übernahme könne für Traton Lücken in der weltweiten Präsenz füllen, schrieb UBS-Analyst Xingzhou Lu. Der Zukauf mache strategisch Sinn, gleichwohl sei der Zeitpunkt interessant, weil gerade in Nordamerika die Branche vor einem scharfen Abschwung stehe und die Produktionsvolumina in diesem Jahr um mehr als 30 Prozent sinken könnten.

Der Übernahme-Vorschlag an Navistar steht unter dem Vorbehalt, dass sich Traton und Navistar auf einen Zusammenschluss einigen, wie es hieß. Zudem seien eine zufriedenstellende Buchprüfung und die Zustimmung der Gremien beider Unternehmen eine Bedingung.

Navistar bestätigte den Erhalt des Angebots. Der Verwaltungsrat werde zusammen mit seinen Finanz- und Rechtsberatern den Vorschlag vor dem Hintergrund der eigenen strategischen Vorstellungen sorgfältig prüfen, hieß es in einer wenig später in Lisle (US-Bundesstaat Illinois) verbreiteten Mitteilung. Navistar riet seinen Aktionären, zunächst nichts zu unternehmen.

Es gebe keine Sicherheit, dass Verhandlungen über den Vorschlag stattfänden, hieß es weiter. Auch im Falle von entsprechenden Gesprächen gebe es keine Gewissheit über eine Einigung. Weitere Aussagen wollte Navistar erst tätigen, wenn dies angemessen sei oder eine formale Vereinbarung erreicht wurde./men/he/eas/jha/

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