20.01.2023 20:30:38

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Rückschlag für den Finanzplatz, ein Marktkommentar zum Delisting von

Linde in Frankfurt von Werner Rüppel

Frankfurt (ots) - Jetzt ist es amtlich. Die Aktionäre von Linde haben in dieser

Woche mit großer Mehrheit dafür gestimmt, dass der amerikanisch-deutsche

Industriegasekonzern künftig nur noch in New York und nicht mehr in Frankfurt

notiert sein wird. Die Deutsche Börse hat sogleich reagiert und mitgeteilt, dass

Linde aufgrund des Delistings in Frankfurt bereits zum 27. Februar aus dem Dax

genommen wird. Informationen zur Nachfolger von Linde im Dax wird die Börse

übrigens am 17. Februar um 22 Uhr veröffentlichen. Als Favoriten nennen

Indexanalysten hier Rheinmetall und die Commerzbank.

"Für den Börsen- und Wirtschaftsstandort Deutschland ist diese Entscheidung eine

Kata­strophe", sagt Peter Spengler, Analyst bei der DZ Bank. Denn Linde war für

den Dax und damit auch für den Finanzplatz Deutschland ein echtes Aushängeschild

und zugleich ein Reichmacher für Dax-Anleger. Schließlich ist durch die 2018

vollzogene Fusion mit der US-Gesellschaft Praxair mit Linde ein Weltmarktführer

für Indus­triegase entstanden. Und Indus­triegase sind ein relativ stabiles und

vor allem wachstumsstarkes Geschäft. So hat Linde in den vergangenen Jahren

geliefert und Gewinne und Dividenden gesteigert.

Als Dax-Schwergewicht mit einem Anteil von 10 Prozent am Leitindex, der

lediglich aufgrund der Kappungsgrenze in dieser Höhe im Dax nicht höher ausfiel,

hat Linde in den vergangenen Jahren wesentlich zur Performance des Dax

beigetragen. Für Aktionäre war Linde ein echter Gewinn. So hat der Kurs von

Linde (ohne Dividenden) seit Anfang 2019 bis heute um satte 117 Prozent

zugelegt, während der Performanceindex Dax nur auf ein Plus von 40 Prozent kam.

Und das zu einem Gutteil auch nur dank Linde.

Doch das ist die Rückschau. Der Blick nach vorne fällt für Investoren komplexer

und weniger eindeutig aus. Natürlich ist das Delisting von Linde für den

Finanzplatz Deutschland ein großer Verlust. Doch muss ein Dax ohne Linde sich in

den kommenden Jahren nicht schwächer entwickeln als ein Dax mit Linde.

Dabei gilt es zum einen zu berücksichtigen, dass die Linde-Aktie nach den

Kursavancen der vergangenen Jahre kein Schnäppchen mehr ist. Nach Angaben der

Analysten der LBBW wird Linde auf Basis der für 2022 erwarteten Gewinne aktuell

mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 26,8 und einer Dividendenrendite von

1,45 Prozent bewertet. Da ist der Dax mit einem KGV von 12,1 und einer

Dividendenrendite von 3,33 Prozent wesentlich preiswerter. Der Dax wird also

ohne Linde günstiger. Dafür geht aber ein Wachstumswert mit einer relativ

geringen Zyklizität verloren.

Wie sich der Dax entwickeln wird, hängt nun vor allem von der Kursentwicklung

und den Dividenden der im Dax verbleibenden Schwergewichte ab. Die Werte mit

einem geringen Anteil am Dax spielen für dessen Entwicklung eine kleinere Rolle,

das ist einfache Mathematik. Laut den Angaben der Börse von Anfang Januar folgen

als Top-Werte im Dax auf Linde nun SAP mit einem Anteil von 8,8 Prozent, Siemens

mit 8,4 Prozent, Allianz mit 6,9 Prozent), Deutsche Telekom mit 5,6 Prozent und

Airbus mit 5,6 Prozent.

Ein Dax mit Linde wäre natürlich schöner. Doch gibt es auch ohne Linde im Dax

zahlreiche international erfolgreiche Top-Unternehmen. Nach Einschätzung der

meisten Unternehmensanalysten dürften deren Gewinne in den kommenden Jahren

klettern, obwohl die Prognose in den aktuellen Zeiten mit Krieg in der Ukraine

und hoher Inflation natürlich schwierig ist. Auch die Dividenden, die ja in den

Performanceindex Dax mit einfließen, dürften steigen und fallen nun insgesamt

höher aus als mit Linde.

Insgesamt muss Investoren, die zum Beispiel über einen ETF in den Dax

investieren, daher nicht bange sein. Der Dax wird noch günstiger und könnte sich

sogar ohne Linde noch besser entwickeln als mit. Vor allem ist der Dax,

langfristig betrachtet, aktuell eher günstig denn hoch bewertet.

Und was ist mit der Linde-Aktie? Sie notiert künftig nur noch in New York und

bleibt im führenden US-Aktienindex S&P vertreten. Das Delisting im Dax wird zwar

zu Abgaben führen, immerhin sind rund 15 Mrd. Euro in Dax-ETFs angelegt. Doch

ist natürlich der S&P 500 der wesentlich größere Index. Die meisten Analysten

raten weiterhin zum Kauf von Linde. Nur Markus Mayer von der Baader Bank rät,

Linde zu reduzieren. Dafür macht er aber nicht den möglichen Abgabedruck durch

den Dax-Ausstieg verantwortlich. Gegenüber Linde bevorzugt er den Konkurrenten

Air Liquide.

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Redaktion

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www.boersen-zeitung.de

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/30377/5422072

OTS: Börsen-Zeitung

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