07.03.2023 15:36:40

MÄRKTE EUROPA/Vor Rede des US-Notenbankchefs überwiegt die Vorsicht

Von Herbert Rude

FRANKFURT (Dow Jones)--An den europäischen Aktienmärkten werden die Teilnehmer am Dienstagnachmittag zunehmend vorsichtiger. Die Indizes treten mehr oder weniger auf der Stelle: Der DAX kann sich mit einem Minus von 0,2 Prozent auf 15.627 Punkte knapp behaupten, der Euro-Stoxx-50 gibt um 0,2 Prozent auf 4.303 Punkte nach. Im Blick steht die halbjährliche Rede von US-Notenbankchef Jerome Powell vor dem Bankenausschuss des US-Senats am späteren Nachmittag.

Sollte sich Powell auf einen Zinsschritt von 25 Basispunkten für die nächste Fed-Sitzung festlegen, wäre das positiv für die Märkte, sagt Thomas Altmann von QC Partners. "Lässt Powell dagegen die Tür für eine 50-Basispunkte-Erhöhung weit offen, könnte das zu neuer Verunsicherung führen", sagt er mit Blick auf die anstehende Rede vor dem Bankenausschuss des Senats.

Die Märkte waren noch vor wenigen Wochen fest von 25 Basispunkten ausgegangen. Zuletzt hatte die Spekulation auf 50 Basispunkte aber deutlich zugenommen auf zeitweise etwa 30 Prozent Wahrscheinlichkeit.

Aus charttechnischer Sicht sollte der DAX nun nicht mehr in die ehemalige Konsolidierungsformation zurückfallen, heißt es in den Mußler-Briefen: Denn "das wäre in der Tat ein hässliches und auch gefährliches False-Breakout". Die obere Kanallinie der Formation verlaufe bei 15.565 Punkten. Auf der Oberseite stelle sich zunächst das Pull-back an den mittelfristigen Aufwärtstrend bei aktuell 15.780 in den Weg.

Die Bewertungen sprechen selbst nach der jüngsten Aufwärtsbewegung für europäische Aktien. Besonders der DAX gilt mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 11 als günstig, im US-Index S&P-500 liegt das KGV bei über 17. Damit könnte die Aufwärtsbewegung hier weitergehen und die Outperformance der europäischen Börsen gegenüber der Wall Street andauern.

Dass die Anleger vorsichtig sind, zeigt ein Blick auf die Branchen. Den größten Gewinner stellt der Stoxx-Index der Pharmawerte, der als defensiv oder konjunkturunabhängig gilt und um 0,4 Prozent steigt. Dagegen liegen die Indizes der Banken, der Rohstoff-Konzerne und der Technologie-Unternehmen leicht im Minus.

Vonovia von Razzia gedrückt

Bei den Einzelwerten im DAX fallen Vonovia um 7,1 Prozent. Ein Händler verweist auf eine Razzía bei dem Immobilienkonzern, die Staatsanwaltschaft erhebe Korruptionsvorwürfe unter anderem gegen operative Mitarbeiter und Nachunternehmer. Das Unternehmen hat die Razzia bestätigt. Zudem belaste der erneute Dreh der Renditen nach oben den Kurs.

Henkel erreicht Jahresziele - Kurs fällt trotzdem deutlich

Daneben steht weiterhin die Berichtssaison im Blick. Henkel fallen um 2,9 Prozent. Der Konzern hat zwar die im November angehobenen Ziele für Umsatz, Marge und Gewinn je Aktie erreicht und teilweise übertroffen. Für Bernstein bleibt Henkel allerdings eine Enttäuschung. Das organische Wachstum habe im vierten Quartal mit 6,0 Prozent zwar 80 Basispunkte über der Konsenserwartung gelegen, doch sei dies vollständig auf die besser als erwartet ausgefallene Entwicklung bei Klebstoffen zurückzuführen, während die beiden Verbraucherbereiche Beauty Care und Laundry & Homecare deutlich hinter den Annahmen zurückgeblieben seien. Das dürfte Annahmen der Investoren befeuern, dass eine Abspaltung vorteilhaft sein könnte.

Zalando sind ins Minus gedreht und verlieren 4,2 Prozent. Bruttowarenwert und Umsatz von Zalando für das vierte Quartal decken sich laut der Royal Bank of Canada (RBC) mit den Erwartungen, während das bereinigte EBIT leicht darunter gelegen habe. Der Mittelwert der Unternehmensprognose für das EBIT 2023 liege dagegen 3 Prozent über der Konsenserwartung.

Gea kräftig im Plus - Hellofresh brechen ein

In der zweiten Reihe kommen die Geschäftszahlen von Gea (+4,6%) gut an. Sowohl der Umsatz als auch das adjustierte EBITDA seien einen Tick besser als erwartet. Stärker seien vor allem die Auftragseingänge. "Daher dürfte der Markt nachsichtig beim Ausblick sein", sagt ein Händler. Hier sei die Markterwartung beim Umsatzwachstum 2023 etwas höher gewesen, durch Vorzieheffekte dürfte sich dies jedoch in den bereits realisierten Auftragseingängen abbilden.

Hellofresh brechen um 10,8 Prozent ein. Bei dem Unternehmen ist das Schlussquartal 2022 zwar besser als erwartet verlaufen, allerdings wird der Ausblick auf 2023 bemängelt. Der Ausblick auf das erste Quartal lese sich wenig optimistisch, so ein Marktteilnehmer. Das Konsumumfeld dürfte auch mit Blick auf die hohe Inflation in den kommenden Monaten schwierig bleiben.

Traton zweiten Tag in Folge fest - Zahlen und Ausblick stark

Nach dem Plus am Vortag geht es für die Aktie von Traton um weitere 6,2 Prozent nach oben. Die Zahlen für 2022 überzeugen nach einem guten Schlussquartal, zudem schaut das Unternehmen optimistisch in die Zukunft. Das EBIT im abgelaufenen Geschäftsjahr übertraf die Markterwartung um rund 10 Prozent, heißt es. Für das laufende Jahr erwartet das Unternehmen in der Mitte der Spanne einen Umsatz von rund 44 Milliarden Euro, was wiederum 10 Prozent über dem Konsens liegt. Die operative Rendite soll sich derweil auf 6 bis 7 Prozent verbessern, hier liegt die Markterwartung am unteren Ende. Daimler Truck legen im Windschatten des Wettbewerbers um 1,5 Prozent zu.

Shop Apotheke Europe NV hat im vergangenen Jahr die eigenen Erwartungen erfüllt und will 2023 mit der Marge in den positiven Bereich kommen. Mit Blick auf das vierte Quartal wird auf das EBITDA verwiesen, das leicht positiv herausgekommen ist, während der Konsens hier mit einer schwarzen Null gerechnet hat. Die Aktie notiert 5,2 Prozent tiefer, Händler verweisen auf die nach wie vor ungewissen Perspektiven für das E-Rezept.

Nagarro fallen um 5,6 Prozent. Das Unternehmen wechselt den Abschlussprüfer, und Stifel hat die Kaufempfehlung zurückgezogen. Und Schaeffler geben mit einem schwachen Ausblick um 7,2 Prozent nach. Dagegen markieren Rheinmetall mit einem Plus von 0,7 Prozent neue Allzeithochs. Und in London setzen Aston Martin ihre Erholung mit einem Plus von 7,3 Prozent fort.

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Aktienindex zuletzt +/- % absolut +/- % YTD

Euro-Stoxx-50 4.303,10 -0,2% -10,68 +13,4%

Stoxx-50 3.916,27 -0,0% -1,86 +7,2%

DAX 15.627,00 -0,2% -26,58 +12,2%

MDAX 29.028,69 -0,5% -144,29 +15,6%

TecDAX 3.281,56 +0,1% 3,19 +12,3%

SDAX 13.599,64 -0,6% -75,88 +14,0%

FTSE 7.950,25 +0,3% 20,46 +6,4%

CAC 7.375,03 +0,0% 1,82 +13,9%

Rentenmarkt zuletzt absolut +/- YTD

Dt. Zehnjahresrendite 2,68 -0,06 +0,11

US-Zehnjahresrendite 3,95 -0,01 +0,07

DEVISEN zuletzt +/- % Di, 7:35 Uhr Mo, 17:03 Uhr % YTD

EUR/USD 1,0652 -0,3% 1,0683 1,0679 -0,5%

EUR/JPY 145,12 -0,1% 145,23 145,15 +3,4%

EUR/CHF 0,9958 +0,1% 0,9936 0,9955 +0,6%

EUR/GBP 0,8890 +0,1% 0,8873 0,8876 +0,5%

USD/JPY 136,25 +0,2% 135,95 135,91 +3,9%

GBP/USD 1,1980 -0,4% 1,2039 1,2032 -1,0%

USD/CNH (Offshore) 6,9518 +0,0% 6,9433 6,9412 +0,4%

Bitcoin

BTC/USD 22.329,31 -0,5% 22.433,84 22.579,54 +34,5%

ROHÖL zuletzt VT-Settlem. +/- % +/- USD % YTD

WTI/Nymex 80,12 80,46 -0,4% -0,34 -0,5%

Brent/ICE 85,83 86,18 -0,4% -0,35 +0,6%

GAS VT-Settlem. +/- EUR

Dutch TTF 43,20 42,15 +2,5% +1,05 -43,6%

METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD

Gold (Spot) 1.833,11 1.848,10 -0,8% -15,00 +0,5%

Silber (Spot) 20,65 21,03 -1,8% -0,37 -13,8%

Platin (Spot) 956,80 977,00 -2,1% -20,20 -10,4%

Kupfer-Future 4,03 4,10 -1,7% -0,07 +5,8%

YTD bezogen auf Schlussstand des Vortags

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Kontakt zum Autor: maerkte.de@dowjones.com

DJG/hru/ros

(END) Dow Jones Newswires

March 07, 2023 09:36 ET (14:36 GMT)

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