MÄRKTE EUROPA/Börsen wagen vorsichtige Erholung - Bayer schwach

   Von Manuel Priego Thimmel

   FRANKFURT (Dow Jones)--Nach dem Abverkauf vom Vortag stabilisieren sich die Kurse an Europas Börsen am Freitagmittag. Die Stimmung wird allerdings als angeschlagen und vorsichtig beschrieben. Nicht nur die hohe Bewertung in einzelnen Sektoren vor allem in den USA sorgt für Unruhe, sondern auch der Renditeanstieg an den Anleihemärkten in den vergangenen Tagen nach der als falkenhaft interpretierten Rede von Mario Draghi. Der Dax gewinnt 0,3 Prozent auf 12.452 Punkte, für den Euro-Stoxx-50 geht es 0,5 Prozent auf 3.487 nach oben.

   An den Finanzmärkten wird seit den Draghi-Aussagen verstärkt die Zinswende gespielt. Draghi hatte am Dienstag die Bereitschaft der EZB zur Anpassung der Geldpolitik an die anhaltende Konjunkturerholung angedeutet und ebenso die Erwartung, dass sich die gute Konjunktur auch in einer höheren Inflation niederschlagen werde.

   Es gibt aber auch andere Meinungen: Für Berenberg-Chefvolkswirt Holger Schmieding ist die Rede nicht falkenhaft gewesen und zudem ausgewogen ausgefallen. Sie gebe keinen Anlass von der Einschätzung abzurücken, dass die EZB weiter im Schneckentempo auf den Exit aus ihrer sehr lockeren Geldpolitik zusteuere.

Kernteuerungsrate steigt stärker als erwartet Unterdessen ist die Kernteuerungsrate im Euroraum im Juni etwas stärker als erwartet gestiegen, was die Einschätzung Draghis zu unterstützen scheint. Die Preise sind im Kern auf 1,1 Prozent gestiegen. Volkswirte hatten 1,0 Prozent erwartet. Die Commerzbank glaubt allerdings, dass der Preisanstieg nicht der Beginn der von der EZB erhofften Aufwärtsbewegung ist. Denn noch gebe es keine Anzeichen für einen deutlich stärkeren Lohnanstieg.

   Der Euro reagiert tatsächlich kaum auf die neuen Preisdaten und notiert bei 1,1407 Dollar. Am Morgen stand die Einheitswährung allerdings bereits bei 1,1440 Dollar. Einigen Marktbeobachtern zufolge wurde der etwas stärkere Preisauftrieb am Vortag bereits eingepreist, als erste Preisdaten aus deutschen Bundesländern eine ähnliche Tendenz aufzeigten. Am Rentenmarkt erholen sich die Kurse nach den massiven Verlusten der vergangenen Tage etwas, die deutsche Zehnjahresrendite fällt auf 0,44 Prozent.

   Sollten sich die Verkäufe an der Wall Street am Nachmittag fortsetzen, werde auch der DAX weiter fallen, heißt es im Handel warnend. Kursziele bis unter 12.300 werden als möglich angesehen. "Das geht weit über die Tech-Werte hinaus", sagte ein Händler zu den jüngsten Kursverlusten in den USA. Denn mit den sogenannten FAANG-Aktien in den USA seien die fünf Vorzeigeaktien für 50 Prozent der Performance im S&P-500 dieses Jahr verantwortlich gewesen. Entsprechend könnten auch die großen Index-Benchmarks unter Verkäufen leiden. Aktuell deuten die US-Futures aber eine leichte Erholung an.

Bayer überrascht mit Gewinnwarnung Unter Druck stehen im DAX Bayer mit einem Minus von 4,2 Prozent. Das Pharma- und Agrarchemieunternehmen hat kurz nach Beginn des Handels eine Gewinnwarnung ausgegeben. Ein schwaches Geschäft in Brasilien werde den Gewinn des Geschäftsbereichs Crop Science bis zu 400 Millionen Euro niedriger ausfallen lassen. Dadurch werde auch die Konzernprognose bei Umsatz und Gewinn fallen, heißt es. Die DZ-Bank spricht von einem Vertrauensverlust. Zudem treffe es die Pflanzenschutz-Sparte Crop Science kurz vor Ende des Fusionsprozesses mit Monsanto, der bis Ende des Jahres abgeschlossen sein soll.

   adidas legen hingegen um 2,8 Prozent zu nach sehr gut ausgefallenen Zahlen des Konkurrenten Nike. Als gut auch für Adidas bezeichnen Händler, dass das Nike-Geschäft vor allem in China und Westeuropa gut gelaufen ist. PUMA steigen in diesem Sog um 0,8 Prozent.

   Gut ausgefallene Zahlen von Micron stützen neben einer allgemeinen Erholung den Chipsektor. Micron hat von einer höher als erwarteten Nachfrage aus dem Cloud- und Mobilgeschäft berichtet. STMicro legen um 1,9 Prozent zu, Infineon um 1,8 Prozent. Der Stoxx-Technologie-Index liegt unter den Branchen-Indizes mit einem Plus von 1,3 Prozent klar an der Spitze. Er hatte am Vortag aber auch mit am stärksten nachgegeben. Der deutsche Technologieindex TecDax liegt 1,2 Prozent im Plus.

   Unter Druck steht die Aktie des schwedischen Bremsenherstellers Haldex. Hatte zuletzt Knorr-Bremse angekündigt, die Annahmefrist für sein Übernahmeangebot für Haldex erneut verlängern zu wollen, glauben die Schweden offenbar nicht mehr an eine Übernahme. Nach deren Auffassung ist die Wahrscheinlichkeit einer wettbewerbsrechtlichen Freigabe so niedrig, dass man Knorr-Bremse nicht weiter unterstützen werde. Der Haldex-Kurs fällt um 5 Prozent zurück auf 108,50 Kronen. Knorr-Bremse hatte 125 Kronen je Aktie geboten.

   Evonik und K+S legen um 1,5 bzw 1,3 Prozent zu. Für beide Werte wurden neue Kaufempfehlungen ausgesprochen: Für Evonik von Berenberg und für K+S von der Societe Generale.

Delivery Hero liefert - Noratis nicht Erfolgreich gestaltet sich das Börsendebüt von Delivery Hero. Der erste Kurs der Aktie wurde mit 26,90 Euro festgestellt. Gegenüber dem Ausgabepreis an Erstzeichner von 25,50 Euro entspricht das einem Plus von 5,4 Prozent. Der Börsengang hatte sich schon im Vorfeld reger Nachfrage erfreut, so dass der Vermittler von Essensbestellungen den Angebotspreis auf das obere Ende der Preisspanne von 22,00 bis 25,50 Euro hatte legen können. Zuletzt gingen Delivery Hero mit 26,70 Euro um.

   Ganz anders sieht es beim Börsendebüt von Noratis aus. Wurden die Aktien des Entwicklers von Bestandswohnungen bereits am unteren Ende der Angebotsspanne ausgegeben, lag der erste Kurs mit 18,75 Euro auf exakt diesem Niveau. In der Zwischenzeit werden die Aktien mit 16,50 Euro gehandelt, 12 Prozent unter dem Ausgabepreis.

INDEX zuletzt +/- % absolut +/- % YTD Euro-Stoxx-50 3.486,97 0,45 15,64 5,97 Stoxx-50 3.150,90 0,27 8,43 4,66 DAX 12.445,19 0,23 29,00 8,40 MDAX 24.608,60 0,73 177,33 10,90 TecDAX 2.199,77 1,22 26,55 21,42 SDAX 10.874,04 0,62 67,35 14,23 FTSE 7.368,76 0,25 18,44 3,16 CAC 5.188,22 0,66 33,88 6,70

Bund-Future 162,37 0,24 -0,26

DEVISEN zuletzt +/- % Fr, 8:50 Do, 17.15 Uhr % YTD EUR/USD 1,1402 -0,23% 1,1428 1,1426 +8,4% EUR/JPY 127,70 -0,25% 128,03 128,53 +3,9% EUR/CHF 1,0934 -0,05% 1,0940 1,0933 +2,1% EUR/GBP 0,8793 +0,14% 0,8781 1,1364 +3,2% USD/JPY 111,99 -0,04% 112,03 112,48 -4,2% GBP/USD 1,2968 -0,35% 1,3014 1,2984 +5,1%

ROHOEL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD WTI/Nymex 45,33 44,93 +0,9% 0,40 -20,3% Brent/ICE 47,69 47,42 +0,6% 0,27 -18,8%

METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD Gold (Spot) 1.243,00 1.245,70 -0,2% -2,70 +8,0% Silber (Spot) 16,59 16,63 -0,2% -0,04 +4,2% Platin (Spot) 921,25 922,00 -0,1% -0,75 +2,0% Kupfer-Future 2,68 2,68 +0,0% +0,00 +6,6% Kontakt zum Autor: manuel.priego-thimmel@wsj.com

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   June 30, 2017 06:51 ET (10:51 GMT)

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