Euro am Sonntag-Urteil |
06.08.2016 12:00:01
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Japan: Aktionismus in Tokio
von Jörg Billina, Euro am Sonntag
Seit dreieinhalb Jahren bemüht sich Shinzo Abe, die Konjunktur zum Laufen zu bringen. Bislang hat Japans Ministerpräsident aber nur eine Rezession verhindert - obwohl er die Staatsausgaben massiv erhöhte. Jüngst musste die Regierung in Tokio sogar ihre Wachstumsprognose für das Ende März 2017 auslaufende Haushaltsjahr nach unten korrigieren. Statt um 1,9 Prozent wird das Bruttoinlandsprodukt wohl nur um ein Prozent steigen. Die Prognose des Internationalen Währungsfonds fällt noch verhaltener aus: Er hält allenfalls 0,5 Prozent für möglich.
Selbst die ultralockere Geldpolitik der Bank of Japan - sie erwirbt im Jahr Anleihen und Wertpapiere in Höhe von rund 690 Milliarden Euro - verpuffte. Bis 2018 wollte Zentralbankchef Haruhiko Kuroda die Inflationsrate auf zwei Prozent hochgetrieben haben. Allenfalls 1,4 Prozent sind bis dahin drin, so seine aktuellste Prognose. Skepsis ist angebracht. Zuletzt ist die Inflationsrate sogar wieder unter null Prozent gefallen.
Dennoch hält Abe, dessen Regierungskoalition nach den Wahlen zum Oberhaus Anfang Juli über eine komfortable Mehrheit verfügt, weiterhin an seinen Plänen fest. Bis zu den Olympischen Sommerspielen in Tokio im Jahr 2020 soll die jährliche Wirtschaftsleistung des Inselstaats 5,1 Billionen Euro betragen. Der Zielwert würde aber nur dann erreicht werden, wenn die Wirtschaft bis dahin jährlich um drei Prozent zulegt. Das dürfte kaum zu schaffen zu sein.
Um dennoch die Dynamik zu erhöhen, schaltet der Premier nun einen Gang höher. Am Mittwoch kündigte er die Auflegung eines umgerechnet 240 Milliarden Euro schweren Konjunkturpakets an. Wie und wo die Mittel investiert werden und über welchen Zeitraum sich das Programm erstrecken wird, will Abe in den kommenden Tagen konkretisieren. Ein erheblicher Teil sollte aber in den Ausbau des Schienennetzes und in den Technologiebereich fließen.
Auch die Notenbank, die im Januar den Zinssatz auf minus 0,1 Prozent senkte, um so die Investitionsbereitschaft der Unternehmen zu fördern, will noch einmal nachlegen. Am Freitag ließ Kuroda verlauten, die Bank of Japan wolle ihre Käufe von börsengehandelten Indexfonds auf umgerechnet 52 Milliarden Euro verdoppeln.
Die Marktteilnehmer hatten allerdings mehr erwartet. In den vergangenen Wochen wurde darüber spekuliert, ob die Regierung künftig ihre Staatsanleihen nicht mehr am Anleihemarkt platziert, sondern sie gleich an die Bank of Japan verkauft. Abe wäre so in der Lage gewesen, noch mehr Geld in die Wirtschaft zu pumpen - beziehungsweise es hätten sich ihm neue Spielräume für fiskalpolitische Maßnahmen eröffnet. Der Finanzierung von Schulden durch die Notenpresse erteilte Zentralbankchef Kuroda zur Enttäuschung der Anleger jedoch eine Absage.
In Erwartung einer neuen starken, gemeinsamen Offensive von Notenbank und Regierung hatte der Nikkei seit Abes Wahlsieg zehn Prozent zugelegt. Der Kursaufschwung dürfte fürs Erste vorbei sein, eine nachhaltige Erholung ist nicht in Sicht.
Dazu bedarf es wohl auch mutiger Strukturreformen. Das drängendste Problem: Japans Bevölkerung schrumpft zahlenmäßig, die Menschen werden immer älter, darunter leidet die Binnennachfrage. Um den Konsum zu fördern, müsste das Land sich für Zuwanderung öffnen. Dazu ist Japan bislang aber nicht bereit.
Investor-Info
Comgest Growth Japan
Fondsmanager Richard Kaye ist anspruchsvoll. Er investiert in Unternehmen, denen er eine Verdoppelung des Gewinns innerhalb von fünf Jahren zutraut. Dazu zählt etwa der Medtech-Wert Sysmex. Zudem sollten die Aktien zum Zeitpunkt des Kaufs der Masse der Analysten wenig bekannt sein. Das Kriterium erfüllt beispielsweise das E-Commerce-Unternehmen Start Today. Bislang lag Kaye richtig. Der Comgest Growth schneidet klar besser ab als der Vergleichsindex.
DB x-Trackers MSCI Japan ETF
Der ETF bildet die Wertentwicklung des MSCI Japan nach und umfasst 294 Unternehmen. Die Industriebranche ist mit 20, der Finanzsektor mit rund 16 Prozent gewichtet. Zu den Schwergewichten zählen Toyota, NTT Docomo, Honda und Sony. Das neue Konjunkturprogramm sorgt nur bedingt für Kursfantasie. Allzu große Gewinne sind jedenfalls nicht absehbar. In Erwartung neuer Stimulierungsmaßnahmen hat die Börse in Tokio seit Anfang Juli schon um elf Prozent zugelegt.
Seit dreieinhalb Jahren bemüht sich Shinzo Abe, die Konjunktur zum Laufen zu bringen. Bislang hat Japans Ministerpräsident aber nur eine Rezession verhindert - obwohl er die Staatsausgaben massiv erhöhte. Jüngst musste die Regierung in Tokio sogar ihre Wachstumsprognose für das Ende März 2017 auslaufende Haushaltsjahr nach unten korrigieren. Statt um 1,9 Prozent wird das Bruttoinlandsprodukt wohl nur um ein Prozent steigen. Die Prognose des Internationalen Währungsfonds fällt noch verhaltener aus: Er hält allenfalls 0,5 Prozent für möglich.
Selbst die ultralockere Geldpolitik der Bank of Japan - sie erwirbt im Jahr Anleihen und Wertpapiere in Höhe von rund 690 Milliarden Euro - verpuffte. Bis 2018 wollte Zentralbankchef Haruhiko Kuroda die Inflationsrate auf zwei Prozent hochgetrieben haben. Allenfalls 1,4 Prozent sind bis dahin drin, so seine aktuellste Prognose. Skepsis ist angebracht. Zuletzt ist die Inflationsrate sogar wieder unter null Prozent gefallen.
Dennoch hält Abe, dessen Regierungskoalition nach den Wahlen zum Oberhaus Anfang Juli über eine komfortable Mehrheit verfügt, weiterhin an seinen Plänen fest. Bis zu den Olympischen Sommerspielen in Tokio im Jahr 2020 soll die jährliche Wirtschaftsleistung des Inselstaats 5,1 Billionen Euro betragen. Der Zielwert würde aber nur dann erreicht werden, wenn die Wirtschaft bis dahin jährlich um drei Prozent zulegt. Das dürfte kaum zu schaffen zu sein.
Um dennoch die Dynamik zu erhöhen, schaltet der Premier nun einen Gang höher. Am Mittwoch kündigte er die Auflegung eines umgerechnet 240 Milliarden Euro schweren Konjunkturpakets an. Wie und wo die Mittel investiert werden und über welchen Zeitraum sich das Programm erstrecken wird, will Abe in den kommenden Tagen konkretisieren. Ein erheblicher Teil sollte aber in den Ausbau des Schienennetzes und in den Technologiebereich fließen.
Schulden steigen weiter
Abes Konjunkturoffensive, deren Wirkung auch noch durch Steuererleichterungen ergänzt werden dürfte, bleibt nicht ohne schädliche Nebenwirkungen: Die Gesamtverschuldung nimmt weiter zu. Mit rund 250 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ist Japan jedoch bereits der am höchsten verschuldete Staat der Welt. Schon jetzt werden rund 25 Prozent des Staatshaushalts für die Tilgung von Schulden verwendet.Auch die Notenbank, die im Januar den Zinssatz auf minus 0,1 Prozent senkte, um so die Investitionsbereitschaft der Unternehmen zu fördern, will noch einmal nachlegen. Am Freitag ließ Kuroda verlauten, die Bank of Japan wolle ihre Käufe von börsengehandelten Indexfonds auf umgerechnet 52 Milliarden Euro verdoppeln.
Die Marktteilnehmer hatten allerdings mehr erwartet. In den vergangenen Wochen wurde darüber spekuliert, ob die Regierung künftig ihre Staatsanleihen nicht mehr am Anleihemarkt platziert, sondern sie gleich an die Bank of Japan verkauft. Abe wäre so in der Lage gewesen, noch mehr Geld in die Wirtschaft zu pumpen - beziehungsweise es hätten sich ihm neue Spielräume für fiskalpolitische Maßnahmen eröffnet. Der Finanzierung von Schulden durch die Notenpresse erteilte Zentralbankchef Kuroda zur Enttäuschung der Anleger jedoch eine Absage.
In Erwartung einer neuen starken, gemeinsamen Offensive von Notenbank und Regierung hatte der Nikkei seit Abes Wahlsieg zehn Prozent zugelegt. Der Kursaufschwung dürfte fürs Erste vorbei sein, eine nachhaltige Erholung ist nicht in Sicht.
Dazu bedarf es wohl auch mutiger Strukturreformen. Das drängendste Problem: Japans Bevölkerung schrumpft zahlenmäßig, die Menschen werden immer älter, darunter leidet die Binnennachfrage. Um den Konsum zu fördern, müsste das Land sich für Zuwanderung öffnen. Dazu ist Japan bislang aber nicht bereit.
Investor-Info
Comgest Growth Japan
Abseits der Masse
Fondsmanager Richard Kaye ist anspruchsvoll. Er investiert in Unternehmen, denen er eine Verdoppelung des Gewinns innerhalb von fünf Jahren zutraut. Dazu zählt etwa der Medtech-Wert Sysmex. Zudem sollten die Aktien zum Zeitpunkt des Kaufs der Masse der Analysten wenig bekannt sein. Das Kriterium erfüllt beispielsweise das E-Commerce-Unternehmen Start Today. Bislang lag Kaye richtig. Der Comgest Growth schneidet klar besser ab als der Vergleichsindex.
DB x-Trackers MSCI Japan ETF
Verhaltene Fantasie
Der ETF bildet die Wertentwicklung des MSCI Japan nach und umfasst 294 Unternehmen. Die Industriebranche ist mit 20, der Finanzsektor mit rund 16 Prozent gewichtet. Zu den Schwergewichten zählen Toyota, NTT Docomo, Honda und Sony. Das neue Konjunkturprogramm sorgt nur bedingt für Kursfantasie. Allzu große Gewinne sind jedenfalls nicht absehbar. In Erwartung neuer Stimulierungsmaßnahmen hat die Börse in Tokio seit Anfang Juli schon um elf Prozent zugelegt.
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