Musterverfahren |
23.11.2021 17:56:41
|
Deutsche Telekom-Aktie dreht ins Plus: Telekom-Prozess endet wahrscheinlich in Vergleich
Bei Annahme erhalten die Aktionäre den im Jahr 2000 geleisteten Kaufpreis von 66,50 Euro pro Aktie zurück, von dem zwischenzeitlich gezahlte Dividenden und Teilverkäufe abgezogen werden. Auch der heutige Wert der Aktie wird mit 16,50 Euro verrechnet sowie die nachträglich verteilten Bonusaktien des Bundes, weil sämtliche Papiere bei den Käufern bleiben sollen. Aufgeschlagen werden dann noch 70 Prozent der angefallenen Prozesszinsen, die seit Einreichung der Klagen aufgelaufen sind.
Die Telekom wie auch die beigeladenen Parteien KfW-Bank und Bundesrepublik Deutschland wollten sich zum finanziellen Gesamtumfang des Vergleichs nicht äußern. Die rund 16 000 Kläger hatten anfangs einen Schaden von rund 80 Millionen Euro geltend gemacht. In etwa die gleiche Summe dürfte nun noch einmal für die über viele Jahre aufgelaufenen Zinsen anfallen, hieß es am Dienstag in Anwaltskreisen.
"Damit werden - bis auf einen kleinen Teil der Zinsen - nahezu 100 Prozent der geltend gemachten Ansprüche befriedigt", erklärte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler. Auch die erstattbaren Prozess- und Anwaltskosten sollen nicht an den Klägern hängenbleiben.
Neben weiteren Klägeranwälten riet auch der Vorsitzende Richter Bernhard Seyderhelm den Kleinanlegern dringend, den Vergleich anzunehmen. Er warnte sie vor nicht kalkulierbaren Kostenrisiken bei einer Weiterführung des Prozesses, der gut und gerne noch weiter fünf Jahre dauern könne bis zu einer rechtsgültigen BGH-Entscheidung. "Der Senat legt allen Beteiligten nahe, diesen Vergleich abzuschließen." Telekom-Chefjuristin Claudia Junker sprach sogar von bis zu zehn Jahren, die es ohne Kompromiss hätte dauern können. "Es ist jetzt an der Zeit gewesen, dass wir dieses sehr faire Angebot machen."
Es dauerte am Dienstag im Saal E II auch nur eine Viertelstunde, bis der Anwalt Peter Gundermann von der Kanzlei Tilp erstmals das Wort vom "Mammutprozess" in den Mund nahm. Selten hat der Vergleich zu dem Ur-Tier besser gepasst als bei der Causa Telekom, bei der erstmals in der deutschen Rechtsgeschichte die rund 12 000 beim Landgericht Frankfurt eingegangenen Klagen von mehr als 16 000 Klägern zu einem eigens gesetzlich geschaffenen Kapitalanlegermusterverfahren (KapMuG) zusammengefasst wurden. Es folgten zwei nahezu endlose Prozesse vor dem Oberlandesgericht Frankfurt, dessen Vorlagebeschlüsse beim Bundesgerichtshof beide Male nicht vollständig überzeugten, so dass 20 Jahre nach den ersten Klagen immer noch keine rechtskräftige Entscheidung vorliegt.
Im Prozessverlauf starben im Juni 2016 der ausgewählte Musterkläger Bruno Kiefer und am 1. April dieses Jahres auch der Rechtsanwalt und profilierte Anlegervertreter Andreas Tilp, der das Verfahren entscheidend geprägt hatte. Sein enger Kollege Peter Gundermann wiederholte nach dem Vergleichsvorschlag die Einschätzung, dass die Kläger ohne das zusammenfassende Musterverfahren vermutlich leer ausgegangen wären. "Das KapMuG bündelt die Kräfte aller Anleger, damit entsteht ein wirksames Gewicht gegen die Marktmacht des Gegners", sagte der Anwalt.
Eine schnelle Lösung des Konflikts ist dennoch nicht herausgekommen - anders als in den USA, wo die Telekom bereits im Jahr 2005 an Anleger 150 Millionen Dollar ausgezahlt hat. "Der Fall zeigt eindeutig, wie ungeeignet das KapMuG-Verfahren in seiner aktuellen Ausgestaltung ist", kritisiert DSW-Vertreter Tüngler. Sein Kollege Klaus Nieding hofft, dass von dem "absolut sinnvollen" Frankfurter Vergleich eine Signalwirkung auf andere KapMug-Prozesse wie Volkswagen oder Porsche ausgeht: "Die Unternehmen müssen sich viel früher bewegen im Sinne der Aktienkultur. Das heißt, sie müssen auf die Aktionäre zugehen, die klagen."
Via XETRA ging es für die Aktie der Deutschen Telekom im Tief bis auf 16,69 Euro. Zum Handelsschluss stieg sie jedoch noch 0,14 Prozent auf 16,93 Euro.
FRANKFURT (dpa-AFX)

Wenn Sie mehr über das Thema Aktien erfahren wollen, finden Sie in unserem Ratgeber viele interessante Artikel dazu!
Jetzt informieren!
Weitere Links:
Nachrichten zu Deutsche Telekom AGmehr Nachrichten
05.03.25 |
EQS-PVR: Deutsche Telekom AG: Release according to Article 40, Section 1 of the WpHG [the German Securities Trading Act] with the objective of Europe-wide distribution (EQS Group) | |
05.03.25 |
Pluszeichen in Europa: STOXX 50 zum Handelsende fester (finanzen.at) | |
05.03.25 |
Aufschläge in Europa: Schlussendlich Gewinne im Euro STOXX 50 (finanzen.at) | |
05.03.25 |
Gute Stimmung in Frankfurt: LUS-DAX zum Handelsende mit grünem Vorzeichen (finanzen.at) | |
05.03.25 |
Pluszeichen in Frankfurt: DAX springt zum Handelsende kräftig an (finanzen.at) | |
05.03.25 |
Gute Stimmung in Frankfurt: So performt der TecDAX nachmittags (finanzen.at) | |
05.03.25 |
Handel in Europa: Euro STOXX 50 zeigt sich am Nachmittag fester (finanzen.at) | |
05.03.25 |
Gewinne in Europa: STOXX 50 am Nachmittag in Grün (finanzen.at) |
Analysen zu Deutsche Telekom AGmehr Analysen
03.03.25 | Deutsche Telekom Buy | Goldman Sachs Group Inc. | |
28.02.25 | Deutsche Telekom Kaufen | DZ BANK | |
27.02.25 | Deutsche Telekom Buy | Deutsche Bank AG | |
26.02.25 | Deutsche Telekom Overweight | Barclays Capital | |
26.02.25 | Deutsche Telekom Buy | Goldman Sachs Group Inc. |
Aktien in diesem Artikel
Deutsche Telekom AG | 34,17 | -2,59% |
|