20.12.2022 14:45:00

Steht eine Neuausrichtung im Halbleiter-Sektor bevor?

Kolumne

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Steht eine Neuausrichtung im Halbleiter-Sektor bevor?

Computer-Chips sind ein fester Bestandteil unseres Alltags und ermöglichen die Nutzung der modernen, digitalen Technologien. Seit dem Chipmangel im Jahr 2021 ist die Bedeutung dieser Bausteine stärker in Fokus gerückt. Weil die Produktion hauptsächlich in Asien stattfindet, möchten viele Länder diese Abhängigkeit verringern und haben deshalb hohe Investitionssummen gesprochen. Chips tragen ausserdem einen wichtigen Beitrag zum technologischen Fortschritt eines Landes bei.

Computer-Chips sind ein ständiger, häufig unbewusster, Begleiter. Klingelt am Morgen früh der Wecker, ist dies schon der erste Berührungspunkt. Es geht weiter mit dem Weg zur Arbeit mit dem eigenen Fahrzeug oder dem öffentlichen Verkehrsmittel. Die Arbeitstätigkeit setzt oft den Umgang mit Computern oder modernen Maschinen voraus. Zudem ist das Smartphone ein stetiger Begleiter. Ein Alltag ohne Technologie und die dafür notwendigen Chips ist in der heutigen Zeit nur schwer vorstellbar.


Chips als zentrales Element für die Technologie der Zukunft

Der technologische Fortschritt in der digitalen Welt baut auf der Weiterentwicklung von Chips auf. Bereiche wie die Elektromobilität, der Mobilfunk mit «5G», das Internet der Dinge oder die künstliche Intelligenz sind auf leistungsfähigere Chips angewiesen. Der Fortschritt über die vergangenen 40 Jahre ist bereits sehr eindrücklich. In den 80 bis 90er Jahren kamen die ersten «Personal-Computer» (PC) auf den Markt. Um die Jahrtausendwende begann das Zeitalter des Internets und den dazugehörigen Dienstleistungen. Eine Dekade später setzte die Smartphone-Revolution ein. Damit dürfte die Entwicklung noch nicht beendet sein. In immer mehr Technologien oder Gegenständen kommen Chips zum Einsatz.

Gemäss dem Branchenverband «Semiconductor Industry Association» (SIA) belief sich der Umsatz des Halbleitermarkts im Jahr 2021 auf 556 Milliarden US-Dollar. Aufgrund der höheren Nachfrage und dem daraus resultierenden Chip-Mangel erhöhten die Hersteller ihre Produktion, was auch zu einem Wachstum von 26% gegenüber dem Vorjahr beitrug. Im Jahr 2000 betrug der Umsatz rund 200 Milliarden US-Dollar.


Leistungsfähigere Chips benötigt

Um zu verstehen, wie Chips entwickelt werden und wie sie neue Anwendungen ermöglichen, ist es notwendig, ein wenig in die Materie einzutauchen. Ein Chip ist ein zentraler Baustein von elektronischen Geräten. Ein essenzieller Bestandteil davon ist der Halbleiter beziehungsweise das Halbleitermaterial. Werden mehrere dieser Halbleiterschichten aufgetragen, kann die elektrische Leitfähigkeit gesteuert werden. Schlussendlich können daraus Schaltkreise gebaut werden, die dann Befehle ausführen und Daten speichern können.

Oft wird das chemische Element «Silizium» als Halbleitermaterial eingesetzt. Daher trägt die Gegend in San Francisco, welches für ihre Technologieunternehmen bekannt ist, den Namen «Silicon Valley».

Die Herstellung von Chips ist kompliziert, da der ganze Produktionsprozess auf kleinstem Format ausgelegt ist. Zudem versuchen Hersteller immer kleinere Halbleiter zu produzieren, um die Leistung zu verbessern und gleichzeitig einen tieferen Energieverbrauch zu erzielen. Mit kleineren Halbleitern ist es möglich, mehr davon auf einen Chip zu platzieren, was wiederum die Leistungsfähigkeit erhöht. Aus diesem Grund hat sich die Chip-Grösse über die vergangenen Jahre nicht wesentlich verändert, aber es konnten deutliche Leistungssteigerungen hervorgebracht werden.

Es ist wichtig hervorzuheben, dass es unterschiedliche Typen von Chips gibt. Je nach Anwendungsbereich muss ein Halbleiter nur bedingt leistungsfähig und effizient sein. Beispielsweise sind die Anforderungen an einen Wecker deutlich geringer als für das neuste Smartphone.

Um leistungsfähige Geräte zu entwickeln, werden fortgeschrittene Chips benötigt, die besonders kleine Halbleiter enthalten. Diese Chips werden nicht von jedem Hersteller gefertigt, weil hohe Kosten für die Forschung und Entwicklung anfallen und ebenfalls hohe Investitionen in die Produktion getätigt werden müssen.


Asien führend in der Produktion, USA in der Entwicklung

Die Wertschöpfungskette der Halbleiterindustrie umfasst im Grunde genommen drei Bereiche. Am Anfang steht die Forschung und Entwicklung (F&E), die die grundlegende Halbleitertechnologie vorantreibt und die Bauweise (Architektur) entwickelt. Geht es weiter zur Produktion, werden spezielle Produktionsgeräte eingesetzt, die präzise und unter speziellen Bedingungen diese kleinen Bauteile herstellen können. Nach der Fertigung der Chips können sie dann für die verschiedenen Anwendungsbereiche eingesetzt werden.

Es gibt Unternehmen, die den gesamten Prozess selbst bewältigen. Allerdings, spezialisiert sich ein Grossteil auf einen bestimmten Bereich: F&E, Zulieferung oder Fertigung. Der Fertigungsprozess ist kapitalintensiv, weshalb es sich nicht für alle Unternehmen lohnt, selbst zu produzieren. Vielmehr werden diese Aufgaben an spezialisierte Hersteller ausgelagert, die dann im Auftrag mehrerer Firmen produzieren und somit Skaleneffekte erzielen können.

Rund zwei Drittel der Produktion findet in Asien statt. Die Region hat sich in den letzten Jahren durchgesetzt, da die Produktionskosten tief und ausreichend Arbeitskräfte verfügbar sind. Dabei hat sich Taiwan als führender Standort für die Chip-Fertigung etabliert. Nur zwei Länder, Taiwan und Südkorea, verfügen über die nötigen Technologien, um fortgeschrittene Chips herzustellen.


Unabhängigkeit erhöhen, um Lieferkettenengpässe zu umgehen

Im Zuge der Pandemie, den Lieferkettenengpässen und geopolitischer Hintergründe haben einige Länder und die EU entschieden, dass sie die Abhängigkeit vom Ausland verringern möchten. Das Ziel ist es, einen Teil der Produktion wieder ins eigene Land oder in die unmittelbare Nähe zurückzuholen. Um dies zu begleiten, wurden von staatlicher Seite milliardenschwere Unterstützungspakete versprochen, um Unternehmen bei der Errichtung von neuen Produktionsstätten und den F&E Aktivitäten zu unterstützen. In den USA sind 280 Milliarden US-Dollar für die nächsten 10 Jahre dafür vorgesehen. Mit dem europäischen Chip-Gesetz möchte die EU 43 Milliarden Euro an öffentlichen und privaten Geldern einsetzen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen und die Produktionskapazitäten bis 2030 auf 20% des Weltmarkts zu verdoppeln.


Chip Produktion als Einflussmittel

Regierungen haben erkannt, dass die Fähigkeit, fortgeschrittene Chips zu entwickeln und herzustellen, einen wichtigen strategischen Vorteil darstellt. Verfügt ein Land über unzureichenden Zugang zu solch fortgeschrittene Chips, läuft es Gefahr, technologisch zurückzufallen.

Die USA befinden sich schon seit einigen Jahren mit China in einem Handelskonflikt. Ursprung dieses Konflikts ist das Handelsbilanzdefizit der USA gegenüber China. Die USA exportiert deutlich weniger Waren nach China als es von dort importiert. Seitdem wurden von beiden Seiten neue Importzölle eingeführt und bestehende Tarife erhöht.

Nun hat die US-Regierung neue Export-Beschränkungen nach China im Technologie-Bereich beschlossen. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der Entwicklung und Verwendung von begehrten, fortgeschritten Chips. Die neuen Bestimmungen verhindern China den Zugang zu den benötigten Technologien, um diese Chips herzustellen. Ausserdem ist der Verkauf der Chips und die für die Produktion benötigten Geräte an China verboten.

Es wird erwartet, dass diese Massnahmen beachtliche Auswirkungen auf chinesische Technologie-Unternehmen haben werden. Der Zugang zu den begehrten Chips ist erschwert und bedroht die Entwicklung von Zukunftstechnologien. China hat dies erkannt und bereits erste Schritte eingeleitet, um die eigene Entwicklung von Chips in die Wege zu leiten. Dafür wurde eine Gruppe aus Unternehmen und Forschungsinstituten geschaffen. Mithilfe einer neuen Chip-Architektur soll diese Gruppe die Produktion eigener Chips ermöglichen und somit die Wettbewerbsfähigkeit Chinas sichern.

Die Massnahmen der US-Regierung dürften langfristig auch weltweit zu spüren sein. Wenn die Produktion sich vermehrt von Asien in die USA und Europa verlagert, dürften sich die Preise von allen Chip-Typen erhöhen. Obwohl China in der Produktion von fortgeschrittenen Chips eine unbedeutende Rolle spielt, ist ihr Anteil an günstigen und gleichzeitig älteren Chips deutlich höher. Werden die Produktionsumstände erschwert, werden diese günstigen Chips möglicherweise teurer und können nicht mehr im selben Masse hergestellt werden.

Weil weltweit so viele Chips benötigt werden, ist es besonders relevant, dass sie auch günstig sind und es demnach auch bleiben. Beispielsweise benötigt ein Elektroauto rund 2'000 Chips, wovon fast ausschliesslich die günstigeren benötigt werden. Steigen die Preise der Chips, spürt dies schlussendlich der Endkunde.


Fazit

Eine Welt ohne Chips ist fast unvorstellbar. Überall sind diese kleinen Bauteile anzutreffen, weswegen deren Verfügbarkeit eine zentrale Rolle spielt. Der ganze Prozess von der Entwicklung bis zur Fertigung erfordert spezialisiertes Wissen und hohe Investitionen. Für den technologischen Fortschritt ist besonders die Entwicklung von fortgeschrittenen Chips bedeutend. Dies Chips sind besonders leistungsfähig und werden für Zukunftstechnologien wie die künstliche Intelligenz und das autonome Fahren eingesetzt.

Asien ist ein wichtiger Standort für die Produktion von Chips, wobei nur Taiwan und Südkorea die fortgeschrittenen Modelle herstellen können. Mehrere Staaten haben erkannt, dass die Chip-Industrie eine strategisch wichtige Bedeutung zukommt. Daher werden die USA und die EU in den nächsten 10 Jahren Milliardenbeträgen einsetzen, um neue Produktionsstätten und F&E-Standorte zu unterstützen.

Chips können auch als geopolitisches Instrument eingesetzt werden. Ohne Zugang zu den modernsten Chips droht ein Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit und der technologische Fortschritt wird erschwert. Die USA hat beschlossen, den Export von modernen Chips und die dazugehörige Technologie nach China deutlich einzuschränken.

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