Down under gefragt 06.10.2013 03:00:02

Investieren in Australien: Blick nach Osten

von Emmeran Eder, Euro am Sonntag

Es gibt kein neues Leben als Politiker für Julian Assange. Der Wiki­leaks-Gründer wird in seinem Heimatland Australien nicht Senator. Nur gut ein Prozent der Wähler votierten bei der Parlamentswahl für den Internetaktivisten, obwohl er in Down Under als Volksheld gilt.

Politisch setzen die Australier lieber auf konservative Kräfte. Tony Abbott, Vorsitzender der Liberalen Partei, löst mit einer national-liberalen Koalition ­Kevin Ruud mit seiner Labour-Partei an der Macht ab. Die Australier stimmten damit für die wirtschaftsfreundliche Ausrichtung der neuen Regierung. Dafür verantwortlich war wohl auch die Furcht, der schon 22 Jahre anhaltende Aufschwung könnte zu Ende gehen.

Das zeichnete sich im Frühjahr ab. Seit zwei Jahren stagniert die Baukonjunktur. Grund ist, dass sich der Immobilienmarkt beruhigt hat. Die Häuserpreise, die 20 Jahre lang nur gestiegen sind, fielen zuletzt leicht. Ein normaler Hausbesitzer gibt bereits die Hälfte seines Einkommens für Hypothekenrückzahlungen aus. Experten wie der Wirtschaftsprofessor Steve Kenn von der University of Western Sydney warnen denn auch vor einem Crash am Immobilienmarkt.

Andere sehen die Beruhigung dort dagegen als eine gesunde Entwicklung an und halten die Kassandra-Rufe für übertrieben. „Wir erleben einen Boom. Er ist aber keine Blase und wird langsam abflauen“, sagt Brian Nancarrow vom Immobilienbüro Century 21. Dafür spricht, dass Australien ein hohes Bevölkerungswachstum hat. Auch der stetige Zustrom von Einwanderern sichert die Nachfrage ab. Zudem erholt sich der zuletzt schwächelnde Rohstoffsektor, der wichtigste Wirtschaftszweig des Landes.

Der Staat besitzt große Vorkommen an Erz, Kohle, Kupfer und Gold. Bedingt durch den Rohstoffhunger Chinas lief die Ökonomie auf dem fünften Kontinent wie von selbst. Seitdem das Wachstum im Reich der Mitte abgeflacht ist und die Rohstoffpreise sinken, wurden viele Minenprojekte in Down Under zurückgestellt. „Wenn die Chinesen niesen, droht uns eine schwere Grippe“, sagt Wirtschaftskolumnist Terry McCrann von der Zeitung „The Australian“.

Unterstützung aus China
Doch die Influenza scheint vorbei zu sein. Chinas Wirtschaft beginnt wieder zu laufen. Unterstützend wirkt der niedrigere Aussie-Dollar, der seit seinem Top um 25 Prozent gegenüber dem US-Dollar gefallen ist. Er verbilligt die Rohstoffausfuhren sowie Agrar- und Industrie­exporte. Zudem lockt die gesunkene Währung wieder mehr Touristen ins Land, die in den vergangenen Jahren wegen der hohen Preise zunehmend fernblieben.

Besucher sehen ein prosperierendes Land. Das BIP wächst 2013 um 2,6 Prozent, der Export steigt um 6,9 Prozent, das Haushaltsdefizit beträgt moderate 1,8 Prozent, die Verschuldung 21 Prozent vom BIP und die Inflation ist mit 2,3 Prozent im Rahmen.
Trotzdem ist nicht alles Gold, was glänzt. Die Industrie wurde lange vernachlässigt. Im Osten, wo sie vorwiegend sitzt, steigt die Arbeitslosigkeit. So zieht Ford seine Produktion aus Australien ab. Hohe Löhne gepaart mit geringer Produktivität führten zu diesem Entschluss. Überhaupt fehlt dem Land eine breite Industriebasis, was zu der hohen Abhängigkeit von Rohstoffen führt.

Das hat Abbott erkannt. Mit der Abschaffung der von der Vorgängerregierung eingeführten CO2-Steuer entlastet er Industriefirmen. Zudem soll sich Australien als Bildungs- und Gesundheitsdienstleister für reiche Asiaten etablieren. Auch eine Verarbeitungs- und Veredelungs­industrie für Rohstoffe ist im Aufbau.

Das ist aber alles Zukunftsmusik. Bis die Maßnahmen wirken, bleibt Australien von Rohstoffexporten, sprich den Chinesen, abhängig. Da deren Nachfrage wieder steigt, sieht es für die nächsten Monate gut aus. Der 200 Firmen umfassende Aktienindex S & P/ASX 200 hat sich von der Korrektur im Frühjahr erholt. Der Aufwärtstrend dürfte weitergehen, obwohl die Titel mit einem 2014er-KGV von 15 teuer sind. Neben charttechnischen und ökonomischen Gründen spricht dafür die gefallene Währung, die Aktien in Sydney für Ausländer attraktiver macht.

Mit einem Zertifikat der Landesbank Berlin (ISIN: DE000A0AMFC8) auf den ASX 200 profitieren Anleger. Jedoch entgehen ihnen dabei 4,2 Prozent Dividenden. Dagegen erhalten sie die Ausschüttungen beim ETF (LU0328474803) von db X-trackers auf den gleichen Index.

Positiv wirkt sich für die Käufer aus, dass die Fed ihr Anleiheprogramm nicht zurückfuhr. Ist doch Down Under eine beliebte Anlagedestination der Amerikaner.
Deren Regierung hat ein anderes Ziel: den Australier Assange zu fassen, der wegen Vergewaltigung angeklagt ist. Nicht der einzige berühmte „Aussie“, der mit dem weiblichen Geschlecht Probleme hat: Der fromme Katholik Abbott eckt mit seinen erzkonservativen Ansichten zu Frauen, Ehe und Jungfräulichkeit immer wieder an. Da verwundert es auch nicht, dass er nur eine Frau in sein Kabinett berufen hat.

Weitere Links:

Aktien in diesem Artikel

Ford Motor Co. 8,94 -0,07% Ford Motor Co.

Rohstoffe in diesem Artikel

Goldpreis 2 861,28 5,90 0,21
Kupferpreis 9 288,00 123,30 1,35