11.01.2022 14:30:00

Das Ende der flüssigen Kraftstoffe?

Kolumne

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Klimaneutralität – kaum ein anderes Thema beherrscht die Diskussionen in den Führungsetagen der Unternehmen stärker. Viele Unternehmen haben mittlerweile Wege gefunden, um das Ziel zumindest theoretisch erreichen zu können. Die Stahlbranche etwa plant, die Hochöfen künftig mit grünem Wasserstoff zu befeuern und viele Automobilproduzenten fokussieren sich auf die E-Mobilität.

Viele Automobilbauer haben sich bereits zu einer reinen Elektroautostrategie bekannt oder arbeiten zusätzlich an Brennstoffzellen, welche mit Wasserstoff betrieben werden. So gaben Audi und VW den geplanten Verkaufsstopp von Verbrennungsmotoren bis zum Jahre 2033 bekannt. Daimler will sich von den letzten Verbrenner sogar bis 2030 verabschieden. Der Stuttgarter Sportwagenbauer Porsche konzentriert sich jedoch neben der Elektromobilität zusätzlich noch auf sogenannte E-Fuels.


Was sind E-Fuels?

Damit ein Verbrennungsmotor betrieben werden kann, braucht dieser Motorenbenzin. Dieses Benzin besteht aus einem komplexen Gemisch von über 100 verschiedenen Kohlenwasserstoffverbindungen, welche aktuell mehrheitlich aus fossilem Erdöl gewonnen werden. Zusätzlich gab es bislang noch die Biokraftstoffe wie beispielsweise Biodiesel. Um Biokraftstoffe herzustellen, bedarf es jedoch meist pflanzlicher Ausgangsstoffe wie Zucker oder Öl, welche aus ökologischer Landwirtschaft stammen.

Unter E-Fuels versteht man hingegen rein synthetisch hergestellte Kraftstoffe. Um diese produzieren zu können, bedarf es Ausgangsstoffen wie Wasserstoff und Kohlenstoff sowie dem Einsatz von Energie. Der Wasserstoff kann hierfür beispielsweise durch Elektrolyse aus Wasser gewonnen werden. In diesem Verfahren haben sich Unternehmen wie Ballard Power Systems bereits am Markt etablieren können. Der Kohlenstoff hingegen muss aus CO2 oder anderen nachhaltigen Kohlenstoffquellen gewonnen werden. Vereinfacht dargestellt, können nun aus dem gewonnenen Wasserstoff und Kohlenstoff durch Beigabe von Energie Kohlenwasserstoffketten hergestellt werden.




Porsche investiert in eine Pilotanlage

Laut dem Koalitionsvertrag sollen ab dem Jahre 2035 in Deutschland neben Elektroautos nur noch Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zugelassen werden, welche nachweislich mit E-Fuels betankt werden können.

Der Sportwagenbauer Porsche setzt große Hoffnung auf das künstliche Benzin. So sei es dem Autobauer laut dem Handelsblatt wichtig, seine Sportwagen-Ikone, den Porsche 911, zukünftig erhalten zu können. Zusätzlich gebe es aktuell rund 1,3 Milliarden Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor auf der Welt. Bis diese Flotte durch reine Elektroautos ersetzt ist, werden noch viele Jahre vergehen, wie Barbara Frenkel, Einkaufschefin von Porsche, betont. Durch den Einsatz von synthetischen Kraftstoffen ist es jedoch möglich, den CO2-Ausstoß des aktuellen Fahrzeugbestands sofort stark zu reduzieren. Auch ist so die Möglichkeit in der Zukunft gegeben, historische Autos weiterhin zu bewegen.

Aus diesem Grund hat das Traditionsunternehmen rund 20 Millionen Euro in eine Pilotanlage in Chile investiert, welche nächstes Jahr den Betrieb aufnehmen wird. Der Strom für den Wasserstoff und den Kraftstoff kommt dabei von einem großen Windpark. Barbara Frenkel rechnet bereits in dieser ersten Phase des Projekts mit der Gewinnung von rund 130.000 Liter E-Fuel pro Jahr, welche vorerst hauptsächlich im Rennsport zum Einsatz kommen sollen. Für den weiteren Ausbau der Pilotanlage seien laut Porsche Investitionen von einer halben Milliarde Euro möglich, diese beinhalten auch bis zu 300 neue Windräder für die Stromgewinnung.

Neben der Rettung des Porsche 911 und dem Betrieb von 1,3 Milliarden Autos mit Verbrennungsmotor gibt es noch ein weiteres Einsatzfeld von E-Fuels. Falls die EU am Ende E-Fuels als CO2-freie Alternative für den Autoverkehr nicht akzeptiert, gäbe es eine hohe Nachfrage in der Luftfahrt und im Schiffsverkehr.




Die Luftfahrt – ohne echte Alternativen?

Aktuell arbeiten Flugzeugbauer wie Airbus und Boeing mit Hochdruck an Jets mit Wasserstoffantrieb, jedoch sind noch viele technische Probleme zu lösen. Analysten gehen davon aus, dass es noch Jahrzehnte dauert, bis Wasserstoffjets in Serie gehen können. Auch eine Elektrifizierung der Jets mit Batterien ist aktuell noch nicht sinnvoll. So ist das Gewicht der aktuellen Batterien-Generation noch zu hoch und weist eine zu geringe Leistungsdichte auf, um sie in der Luftfahrt einzusetzen. Eine Situation, die mit den Klimazielen vieler Fluggesellschaften kollidiert. Beispielsweise will die deutsche Lufthansa bis zum Jahr 2030 ihren CO2-Ausstoß halbieren und bis 2050 sogar komplett klimaneutral werden.

Damit steckt die Lufthansa in einem Dilemma. Zwar betont deren Konzernchef, dass er beim Anblick der neuen Jets ins Schwärmen komme, jedoch die Möglichkeit nicht gegeben sehe, in absehbarer Zeit Flugzeuge mit CO2-neutralem Antrieb zu kaufen.



Dies stellt ein großes Problem dar, welches gelöst werden muss. Aktuell kann die Flugbranche noch argumentieren, dass sie lediglich für drei Prozent der globalen Emissionen verantwortlich sei. Falls andere Branchen jedoch ihren Ausstoß erfolgreich senken können, wird dieser Wert zunehmend ansteigen. Entsprechend wächst auch der Druck der Investoren täglich. Zunehmend achten Anleger bei ihren Investitionen auf sogenannte ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance). So geht Peter Smeets, Gründer und CEO des auf Flugzeugfinanzierung spezialisierten Unternehmens 260 Aircraft Finance GmbH, davon aus, dass die Industrie ein echtes Problem bekommen könnte, wenn diese Kriterien nicht eingehalten werden können.

Aus diesem Grund setzt die Lufthansa auf drei Punkte. Neben neuen, sparsameren Jets und CO2-Kompensationen will die Airline zunehmend synthetische Kraftstoffe zum Einsatz bringen. Zusammen mit der Nonprofit-Organisation Atmosfair und dem Energieversorger EWE hat die Lufthansa seit dem Oktober vergangenen Jahres eine Pilotanlage für die Produktion von synthetischen Kraftstoffen aufgebaut. Der Vorteil dabei ist, dass die bestehende Infrastruktur an den Flughäfen nicht umgebaut werden muss und auch die meisten Triebwerke den Kerosinersatz vertragen. Carsten Spohr, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Lufthansa AG, betont dabei, man sei noch in elf andere Projekte für synthetische Treibstoffe investiert. Für die nächsten drei Jahre plane man, zusätzliche 250 Millionen Dollar zu investieren.

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