Preiskrieg am Ölmarkt |
12.04.2020 23:09:00
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Welche Chancen bringt die nun dritte Ölkrise mit sich?
• Förderkürzungen und Strafzölle…
• …bezwecken keine langfristige Erholung
Das Sprichwort: "Dieses Mal ist alles anderes", hat schon viele Spekulanten und Börsianer in den Ruin getrieben. Nichtsdestotrotz beschreibt es die aktuelle Situation am globalen Erdölmarkt sehr treffend. Denn im Gegensatz zu den zwei vergangenen Ölkrisen im Herbst 1973 und im Frühjahr 1979, ereignet sich nun eine Erdölkrise der ganz anderen Art.
Die etwas andere Ölkrise
Während die vergangenen beiden Ölkrisen dadurch ausgelöst wurden, dass die Preise für ein Fass Rohöl (159 Liter) plötzlich von 3 auf 12 US-Dollar sowie von 14 auf 38 US-Dollar stiegen, wurde die aktuelle Krise nicht durch höhere Preise, sondern paradoxerweise durch fallende Preise ausgelöst. So stürzte der Erdölpreis der US-Sorte WTI seit Jahresbeginn von über 60 US-Dollar auf zeitweise unter 20 US-Dollar je Barrel und generierte so einen Verlust von über 60 Prozent.
Die Doppelkrise am Ölmarkt
Der drastische Preisverfall am Ölmarkt ist dabei auf zwei wesentliche Faktoren zurückzuführen. So setzt sich die Doppelkrise am Markt aus einem erbitterten Preiskampf zwischen den größten Fördernationen USA, Russland und Saudi-Arabien sowie einem massiven Nachfrageeinbruch aufgrund der Corona-Pandemie zusammen. Diese verheerende Kombination führte dazu, dass das schwarze Gold in den vergangenen Wochen den niedrigsten Preis seit rund 18 Jahren erreich hat. Während in vorherigen Krisen entweder ein Angebots- oder Nachfrageschock für Turbulenzen am Ölmarkt sorgten, beunruhigen derzeit beide Faktoren den Markt.
Rentable Chancen für Verbraucher…
"Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte". Dieses Sprichwort beschreibt die aktuelle Lage am Ölmarkt nahezu perfekt. Denn während Russland und Saudi-Arabien mit billigem Öl die US-Fracking-Konkurrenz aus dem Markt drängen möchten, freuen sich die Chinesen über die extrem günstigen Preise. So nutzt das Reich der Mitte die aktuellen Tiefpreise gekonnt aus, um die heimischen Erdölreserven bis zum Limit aufzufüllen.
Dabei profitieren nicht nur die Asiaten vom günstigen Öl, sondern natürlich auch die deutschen Verbraucher. Dementsprechend könnte es sich jetzt für jeden Haushalt, der eine Ölheizung besitzt, lohnen, die Heizöltanks im Keller bis zum Maximum aufzufüllen.
…und risikofreudige Investoren
Um vom günstigen Ölpreis profitieren zu können, benötigt es jedoch nicht unbedingt einen Heizöltank im Keller, sondern lediglich ein Aktiendepot, viel Mut und einen langen Atem. So können sich risikofreudige Kapitalanleger nun zum Beispiel diverse Öl-Aktien zu Schnäppchenpreisen sichern. Denn der Doppelschock am Erdölmarkt hat natürlich auch die Aktienkurse der Öl-Giganten ordentlich in Mitleidenschaft gezogen. So verloren die Anteilsscheine von ExxonMobil, Chevron, ConocoPhillips, TOTAL, BP und Shell seit Anfang Februar zeitweise über 50 Prozent an Wert.
Dividendenkürzungen werden immer wahrscheinlicher
Trotz der ziemlich attraktiven Bewertungen im Öl-Sektor sollten sich risikofreudige Investoren jetzt nicht von den theoretischen Dividendenrenditen, welche sich teilweise im zweistelligen Bereich befinden, blenden lassen. Denn sollten die Ölpreise noch längere Zeit auf dem aktuellen Niveau verharren, kommen auch die Öl-Multis nicht um Dividendenkürzungen herum. In den meisten Kursen dürften derartige Szenarien jedoch schon eingepreist sein.
Doch selbst wenn beispielsweise der niederländische Öl-Gigant Shell, ein Konzern der seine Ausschüttung seit 1945 nicht mehr gekürzt hat, nun seine Dividende von aktuell 1,88 US-Dollar um 50 Prozent auf 0,94 US-Dollar pro Jahr reduziert, ergibt sich bei einem Kurs von 17 Euro immer noch eine Dividendenrendite von knapp über fünf Prozent.
Zukünftige Förderkürzungen…
Nachdem die Verhandlungen in Bezug auf Förderkürzungen zwischen Russland und Saudi-Arabien im März dieses Jahres kläglich gescheitert sind und zu der aktuellen Ölschwemme geführt haben, ist es nun sehr wahrscheinlich, dass sich die beteiligten Parteien aufgrund der angespannten Lage und zur Stabilisierung der eigenen Wirtschaft in diesen Tagen doch wieder einigen können.
Dabei geht jedoch schon die Internationale Energie Agentur (IEA) davon aus, dass selbst die größte Förderkürzung der Geschichte nicht ausreichen dürfte, um den Erdölmarkt nachhaltig zu beruhigen. "Die notwendige Übereinkunft zur Stabilisierung des Ölmarktes müsste überaus weitreichend sein, wenn man bedenkt wie sehr die Nachfrage eingebrochen ist", so Daniel Hyens, Rohstoffexperte der Australia & New Zealand Banking Corporation gegenüber der Deutschen Presseagentur.
…und Importzölle sind keine Wunderwaffe
Während sich die OPEC+-Staaten wahrscheinlich bald wieder auf eine gemeinsame Förderkürzung einigen können, möchte auch die US-Regierung alles dafür tun, um die amerikanische Öl- und Gasindustrie bzw. Fracking-Industrie vor dem jüngsten Preisverfall zu bewahren. Dabei schließt Donald Trump auch die Verhängung von Importzöllen auf Erdöl nicht aus.
Solange jedoch fast alle Industriestaaten der Welt ihre wirtschaftlichen Aktivitäten ruhen lassen und die Mehrheit der Autos nicht fahren, die Flugzeuge nicht fliegen und die Schiffe nicht über den Ozean schwimmen, wird auch die weltweite Erdöl-Nachfrage bzw. der Ölpreis nicht merklich ansteigen.
Pierre Bonnet / Redaktion finanzen.at
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