Studienergebnisse |
06.09.2021 14:49:00
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ZEW-Wissenschaftler: EZB-Vertreter hoch verschuldeter Länder wollen mehr Anleihekäufe
Für die von der Brigitte Strube Stiftung finanzierte Studie werteten die ZEW-Wissenschaftler Stellungnahmen der EZB-Direktoriumsmitglieder und aller nationalen Zentralbankpräsidenten im EZB-Rat aus, die sie im Frühling 2021 öffentlich abgegeben haben. Der Fokus lag dabei auf Stellungnahmen zum Krisenkaufprogramm PEPP, mit dessen Hilfe das Eurosystem seit März den Ankauf von Staatsanleihen stark ausgeweitet hat.
Auf Basis dieser Aussagen wurden alle EZB-Ratsmitglieder als "Tauben", "Falken" oder "neutral" klassifiziert. Als Falke wird eingruppiert, wer zum Beispiel einen Ausstieg aus PEPP anmahnt oder Inflationsgefahren stark thematisiert. Als Taube kategorisiert wird, wer sich für eine Fortdauer der sehr expansiven Geldpolitik und des Kaufprogramms auf absehbare Zeit einsetzt. Neutral werden Ratsmitglieder bezeichnet, die sich keiner Seite eindeutig zuordnen lassen.
Im zweiten Schritt untersucht die Studie den Zusammenhang zwischen dieser Klassifikation und der Höhe der Staatsverschuldung der Herkunftsländer. Dabei zeigt sich laut ZEW eine starke und signifikante Korrelation. Der durchschnittliche Schuldenstand der Herkunftsländer der Tauben liegt bei 133 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Für die Falken beträgt er lediglich 71 Prozent. Besonders ausgeprägt ist dieser Zusammenhang bei den nationalen Zentralbankpräsidenten im Rat, während sich die Mitglieder des EZB-Direktoriums sich offenbar weniger stark am Schuldenstand des Herkunftslandes orientieren.
Weil die EZB nicht über das individuelle Abstimmungsverhalten im Rat informiert, kann die Studie allerdings nicht überprüfen, ob die öffentlichen Äußerungen tatsächlich vollständig mit dem Abstimmungsverhalten übereinstimmen. So ist es denkbar, dass nationale Vertreter mit ihren Stellungnahmen vor allem die Öffentlichkeit ihres Heimatlandes erreichen wollen und sich öffentlich anders äußern, als in den internen Diskussionen des EZB-Rates.
"Trotz dieser Unschärfen deuten unsere Ergebnisse darauf hin, dass die Interessen der nationalen Finanzminister mit am Tisch des EZB-Rats vertreten sind, wenn dort die Entscheidungen über die Geldpolitik fallen", ordnet Koautor Friedrich Heinemann die Ergebnisse ein. Diese auffällige Korrelation sei kein Beweis, aber ein starkes Indiz für die Existenz der sogenannten "fiskalischen Dominanz" der Geldpolitik.
Mit diesem Begriff ist gemeint, dass die Fiskalpolitik unmittelbare Rückwirkung auf geldpolitische Entscheidungen hat. Dies gilt etwa dann, wenn die Zentralbank die Zinsen deshalb niedrig hält und die Anleihekäufe deshalb fortsetzt, weil sonst manche Euro-Staaten in akute Finanzierungsprobleme geraten könnten. "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Rolle der Geldpolitik für die Finanzierung hoher Schuldenstände zu Hause inzwischen die Aufmerksamkeit vieler Mitglieder des EZB-Rats für Inflationsgefahren mindern könnte", so Heinemanns Einschätzung.
Von Hans Bentzien
FRANKFURT (Dow Jones)
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