22.04.2016 18:20:46
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UPDATE2/Volkswagen schreibt Milliardenverlust wegen Abgasskandal
--Konzern meldet Jahresnettoverlust von 1,58 Milliarden Euro
--VW erhöht Rückstellungen wegen Abgasskandal auf 16,2 Milliarden Euro
--Konzern will Dividende auf 11 Cent je Stammaktie senken
--Vorstand verzichtet auf Teil der Vergütung
(NEU: Weitere Angaben des Unternehmens, Aktienkursentwicklung, Analystenreaktion)
Von Hendrik Varnholt
FRANKFURT (Dow Jones)--Der Abgasskandal hat Volkswagen den ersten Jahresverlust seit 22 Jahren aufgezwungen: Der Autokonzern meldete für das Geschäftsjahr 2015 am Freitag einen Nettofehlbetrag von 1,58 Milliarden Euro - nach einem Gewinn von 10,85 Milliarden Euro im Vorjahr. Die Rückstellungen im Zusammenhang mit der Affäre um manipulierte Abgaswerte erhöhte der Konzern mit Wirkung zum Ende des vergangenen Jahres auf 16,2 Milliarden Euro - und damit um fast 10 Milliarden Euro gegenüber der Risikovorsorge aus dem dritten Quartal.
Das trifft auch Volkswagens Aktionäre: Sie sollen nur noch eine Dividende von 11 Cent je Stammaktie und 17 Cent pro Vorzugsaktie erhalten. Im Vorjahr hatte die Gewinnausschüttung 4,80 Euro beziehungsweise 4,86 Euro pro Anteilsschein betragen.
Investoren nahmen die Nachrichten am Freitagnachmittag weitgehend gelassen auf. Die Volkswagen-Vorzugsaktie lag zwar zwischendurch klar im Minus, erholte sich aber im Handelsverlauf und schloss mit einem Minus von 1,3 Prozent. Damit hielt sie sich besser als der sehr schwache europäische Automobilsektor.
Der Analyst Arndt Ellinghorst von Evercore ISI schrieb in einer ersten Einschätzung denn auch, die Investoren könnten erleichtert sein. Volkswagen habe den allergrößten Teil des Risikos aus dem Abgasskandal nun beziffert.
Müller: Volkswagen operativ "kerngesund" Zudem verbesserte sich Volkswagen den vorläufigen Zahlen zufolge im vergangenen Jahr leicht im rein operativen Geschäft: Vor Berücksichtigung der Kosten aus dem Abgasskandal und weiterer Sondereffekte erzielte der Konzern im Gesamtjahr ein operatives Ergebnis von 12,8 Milliarden Euro - nach 12,7 Milliarden Euro im Vorjahr. Die Entwicklung fiel damit etwas besser aus als von Analysten mit durchschnittlich 12,47 Milliarden Euro geschätzt.
Volkswagen-Konzernchef Matthias Müller behauptete am Freitag denn auch, das laufende Geschäft des Unternehmens sei "kerngesund". Der Konzern habe "die Substanz, die Herausforderungen aus eigener Kraft zu erfüllen".
Das Plus im operativen Geschäft begründete Volkswagen mit einer Verschiebung der Nachfrage zu besonders gewinnträchtigen Modellen, günstigen Wechselkursveränderungen und einem besonders guten Ergebnis im Geschäft mit Finanzdienstleistungen. Die operative Rendite des Gesamtkonzerns verschlechterte sich im vergangenen Jahr den Entwicklungen zum Trotz von 6,3 Prozent im Vorjahr auf rund 6,0 Prozent. Den Umsatz steigerte Volkswagen um 5,4 Prozent auf 213,3 Milliarden Euro.
Umsatz- und Margenrückgang für 2016 erwartet Für das angefangene Jahr ist Volkswagen unter anderem wegen eines schärferen Konkurrenzkampfs pessimistisch: Die Verantwortlichen des Autoherstellers rechnen nach den Angaben von Freitag damit, dass die Auslieferungszahl stagniert. Für den Umsatz sagten sie einen Rückgang um bis zu 5 Prozent voraus. Die operative Rendite des Konzerns soll der Unternehmensprognose zufolge im Jahr 2016 nur noch zwischen 5,0 und 6,0 Prozent liegen.
Die Aufarbeitung des Abgasskandal werde Volkswagen in diesem Jahr weiter prägen, warnte der Konzern. Auch die Rückstellungen im Zusammenhang mit der Affäre könnten abermals steigen: Zwar sei in der aktuellen Risikovorsorge von 16,2 Milliarden Euro all das berücksichtigt, "was uns heute bekannt ist", sagte Volkswagen-Chef Müller. Die Verantwortlichen des Unternehmens seien aber außerstande, etwa den Ausgang der Verhandlungen mit US-Behörden über Strafzahlungen abzusehen, fügte der Konzernchef hinzu.
Vorstände verzichtet auf Teile der Vergütung Der Öffentlichkeit bleiben zudem die Ergebnisse der konzerninternen Untersuchung des Abgasskandals einstweilen verborgen: Anders als zunächst angekündigt hält Volkswagen die Erkenntnisse der mit den Prüfungen beauftragten Kanzlei Jones Day bis auf Weiteres geheim. Die Entscheidung begründete der Konzern vor allem mit laufenden Ermittlungen der US-amerikanischen Behörden. Eine Veröffentlichung von Zwischenergebnissen der internen Untersuchung könnte nach Darstellung von Volkswagen etwa ein Entgegenkommen des amerikanischen Justizministeriums bei der Bemessung von Strafen gegen den Konzern gefährden.
Fest steht dagegen, dass der Konzernvorstand angesichts des Abgasskandals auf einen Teil seiner Vergütung verzichtet und einen weiteren Teil der eigenen Gehälter abhängig von der weiteren Entwicklung des VW-Aktienkurses macht. In der Summe sinke die variable Vergütung "eines ordentlichen Vorstandsmitgliedes um 39 Prozent", teilte Volkswagen mit.
Kontakt zum Autor: hendrik.varnholt@wsj.com
DJG/hev/mgo
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April 22, 2016 11:50 ET (15:50 GMT)
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