30.09.2015 19:51:48

UPDATE/Russland fliegt erstmals Luftangriffe in Syrien

   -- Moskau spricht von "Präzisionsangriffen" der russischen Luftwaffe

   -- USA und Frankreich kritisieren Russlands Vorgehen scharf

   (NEU: Angaben zu Zielregionen in Syrien, Äußerungen Putins, Lawrows, Steinmeiers sowie von Valls und Fabius)

   MOSKAU (AFP)--Nach der massiven Verstärkung seiner Militärpräsenz in Syrien hat Russland am Mittwoch erstmals Luftangriffe in dem Bürgerkriegsland geflogen. Die von der Regierung in Moskau bestätigten Attacken richteten sich laut Sicherheitskreisen in Damaskus gegen Ziele in den westlichen Provinzen Hama und Homs. Während Russlands Staatschef Wladimir Putin die Angriffe verteidigte, kam aus den USA und Frankreich scharfe Kritik. Unklar blieben die genauen Ziele der Angriffe.

   Das Verteidigungsministerium in Moskau bestätigte "Präzisionsangriffe" der russischen Luftwaffe. Diese hätten sich gegen militärische Ausrüstung sowie Lager mit Waffen und Munition der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) gerichtet. Putin sagte bei einer Kabinettssitzung, "alle unsere Partner" seien über die Angriffe informiert worden. Den Einsatz von Bodentruppen schloss er aus.

   Moskau bekämpfe den IS "vorausschauend", sagte Putin. "Terroristen" müssten in von ihnen eroberten Gebieten bekämpft und "vernichtet" werden, statt "darauf zu warten, dass sie zu uns kommen". Den Einsatz hatte zuvor das russische Parlament gebilligt. Nach Kreml-Angaben fiel die Entscheidung auf Bitte von Syriens Staatschef Baschar al-Assad.

   In Damaskus bestätigte Assads Büro, die syrische Regierung habe russische Militärunterstützung angefordert. In einem Brief Assads an Putin sei auch um Flugzeuge für den Kampf gegen den "Terrorismus" gebeten worden. Die einflussreiche orthodoxe Kirche Russlands sprach nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax von einer "heiligen Schlacht".

   Russische und syrische Jets griffen syrischen Sicherheitskreisen zufolge "terroristische Stellungen" in Hama und Homs an. Zunächst gemachte Angaben zu Attacken auch in Latakia am Mittelmeer wurden zurückgezogen. Die beschossenen Gebiete werden überwiegend allerdings nicht vom IS, sondern von der mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida verbundenen Al-Nusra-Front und anderen Extremisten kontrolliert.

   Auch Frankreichs Außenminister Laurent Fabius sagte in New York, es gebe Hinweise, dass die Angriffe nicht dem IS gegolten hätten. Aus Pariser Regierungskreisen hieß es, Ziel seien vielmehr "Oppositionsgruppen" gewesen. US-Außenminister John Kerry beschwerte sich über das russische Vorgehen bei seinem Kollegen Sergej Lawrow, wie ein ranghoher US-Beamter sagte.

   Verärgert zeigten sich die USA auch über die Art und Weise, wie sie über die bevorstehenden Luftangriffe informiert wurden. Nach Angaben eines US-Militärvertreters ging etwa eine Stunde vor dem ersten Angriff ein russischer General in der irakischen Hauptstadt Bagdad aus einem Geheimdienstzentrum über die Straße zur US-Botschaft und gab Bescheid.

   Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte in New York zu den russischen Angriffen, bislang gebe es "keine wirklich belastbaren Hinweise über die Ziele und Methoden". Moskau müsse "schnellstmöglich für Aufklärung sorgen".

   Putin hatte am Montag mit US-Präsident Barack Obama über ein Vorgehen gegen den IS in Syrien und über die Rolle Assads im Übergangsprozess gesprochen. Der Umgang mit Assad, dessen Abtritt der Westen verlangt, blieb umstritten. Frankreichs Premierminister Manuel Valls warnte am Mittwoch in Paris vor dem "moralischen Fehler", Assad zu rehabilitieren.

   Russland hatte in den vergangenen Wochen seine Militärpräsenz in Syrien massiv verstärkt. Neben Panzern, Kampfflugzeugen und Drohnen sollen auch mindestens 500 Soldaten dort stationiert worden sein. Putin forderte am Mittwoch allerdings auch von Assad "Bereitschaft zum Kompromiss" ein. Lawrow kündigte in New York einen Entwurf für eine Resolution des UN-Sicherheitsrats an.

   In Frankreich leitete die Staatsanwaltschaft derweil Ermittlungen gegen Syriens Regierung und Assad wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit ein. Grundlage sind Aussagen und Fotos eines früheren Fotografen der syrischen Militärpolizei, der im Juli 2013 aus Syrien floh. Er brachte 55.000 Fotos mit, die zahllose Leichen mit Folterspuren zeigen sollen.

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

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   September 30, 2015 13:20 ET (17:20 GMT)- - 01 20 PM EDT 09-30-15

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