01.10.2021 20:30:38

OTS: Börsen-Zeitung / Zwei grüne Billionen, Marktkommentar von Kai Johannsen

Zwei grüne Billionen, Marktkommentar von Kai Johannsen

Frankfurt (ots) - Der Markt für grüne, soziale und nachhaltige bzw.

nachhaltigkeitsgebundene Anleihen steht kurz davor, den nächsten Meilenstein zu

setzen. Das ausstehende Volumen dieser zweckgebundenen Anleihen, mit denen etwa

Klima- und Umweltschutzprojekte oder soziale oder nachhaltige Unterfangen

finanziert werden, knackt in Kürze die Marke von umgerechnet 2 Bill. Dollar (die

Billion im deutsche Sinne versteht sich). Aktuell sind es per Freitag der

abgelaufenen Woche laut Bonddata 1,96 Bill. Dollar. Das Marktsegment übertrumpft

damit deutlich den Markt der Bundesanleihen, der per abgelaufene Woche nach

Angaben der Deutschen Finanzagentur, die für das Liquiditäts- und

Schuldenmanagement des Bundes verantwortlich zeichnet, auf eine ausstehende

Kapitalmarktschuld aller Bundeswertpapiere von 1,563 Bill. Euro kommt. Der Markt

der Green Bonds, der sich im Laufe der Jahre hin zu den Sustainability Bonds

immer weiter entwickelt hat, kommt damit auf eine atemberaubende Entwicklung.

Seinen Ausgangspunkt nahm der Green-Bond-Markt im Jahr 2007. Pionier dieses

Segments ist die Europäische Investitionsbank (EIB), die Bank der EU. Seinerzeit

emittierte die im Großherzogtum Luxemburg beheimatete EIB ihren ersten grünen

Bond, den sogenannten Climate Awareness Bond (CAB) und legte damit den

Grundstein. Aber es waren nicht alle Akteure am Bondmarkt von dem Unterfangen so

richtig überzeugt. "Am Anfang hat uns so mancher für unsere Idee der Green Bonds

belächelt, vielleicht deshalb, weil man sich nicht vorstellen konnte, dass aus

dieser Nische mal ein großes Marktsegment und damit eine enorme

Erfolgsgeschichte werden könnte. Wir haben uns bei der EIB von dieser Skepsis

aber nie beeindrucken lassen und sind unseren Weg mit den Climate Awareness

Bonds konsequent weitergegangen, weil wir von der Sinnhaftigkeit und dem Nutzen

von Green Finance vollends überzeugt waren und sind. Später haben wir diesen

Ansatz ja auch auf die Sustainability Bonds ausgeweitet. Wie man heute sieht,

war unsere Entscheidung zweifelsohne richtig", sagt Werner Hoyer, Präsident der

EIB, der Börsen-Zeitung.

Im Laufe der Jahre nahm der Markt dann immer mehr an Fahrt auf. Neue Emittenten

kamen dazu. Der Markt bekam seine Standards wie etwa mit den Green Bond

Principles der International Capital Market Association (ICMA), d. h.

freiwillige Prozessleitlinien für die Emittenten solcher Klima- und

Umweltschutzanleihen. Diese Prinzipien wurden später dann auch für die Social

Bonds und die nachhaltigen bzw. nachhaltigkeitsgebundenen Anleihen

weiterentwickelt. Auf EU-Ebene kam die Taxonomie hinzu.

Der Club der grünen Bondemittenten bekam im Laufe der Zeit immer mehr

Mitglieder. Im vorigen Jahr kam im September auch der Benchmark-Emittent der

Eurozone, d. h. der Bund, dazu, der sich doch lange zierte, grün zu werden.

Mittlerweile ist er dabei, eine komplette grüne Renditestrukturkurve aufzubauen

- vor rund drei Jahren fast undenkbar. Im laufenden Monat wird es das nächste

prominente Mitglied geben. Die Europäische Union (EU) wird im Rahmen ihres Green

Deal ihren ersten grünen Bond emittieren. Und nach den Erfahrungen mit den

Social Bonds der EU-Staatengemeinschaft wird man sich darauf einstellen können,

dass die grünen EU-Papiere den Verantwortlichen praktisch aus den Händen

gerissen werden. So groß ist die Begeisterung am Green-Bond-Markt.

Green Finance ist mittlerweile auch ein Betätigungsfeld großer Zentralbanken

geworden wie etwa der schwedischen Riksbank. Im Rahmen des Quantitative Easing

(QE) sehen sich die schwedischen Währungshüter an, welchen CO2-Fußabdruck die

Bilanz der Notenbank hat, und steuern diesen entsprechend. Darüber erhält die

Notenbankpolitik ein grünes Element. Auch die EZB hat derartige Vorstellungen

für ihre Politik.

Die grünen Anleihen diverser Emittenten handeln mittlerweile mit Renditen, die

unter denen der nichtgrünen Anleihen liegen. Bezeichnet wird dies als das

Greenium, zusammengesetzt aus Green und Premium, also einer grünen Prämie. Die

Kapitalanleger sind also bereit, einen höheren Preis für eine Anleihe zu

bezahlen, die grünen Zwecken zugutekommt. Anders ausgedrückt: Sie akzeptieren

eine geringere Rendite im Vergleich zu den konventionellen Bonds. Auch das ist

eine Errungenschaft dieses Marktes.

Pressekontakt:

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