Bodenbildung bei Aktien 04.12.2022 16:16:00

Ist das Ende des Bärenmarkts erreicht?

Ist das Ende des Bärenmarkts erreicht?

• Signale für Bodenbildung bei Aktien
• Erholung am Markt seit Jahrestiefs
• Analysten uneins über Ende des Bärenmarktes


Anfang Oktober haben die größten Börsenindizes ihre Jahrestiefststände erreicht. Der S&P 500 rutschte bis auf 3.491,58 Punkte ab, für den Dow Jones ging es bis auf 28.660,94 Punkte nach unten. Der deutsche Leitindex DAX hat den tiefsten Stand für dieses Jahr bereits Ende September bei 11.862,84 Punkten markiert. Seitdem setzte eine deutliche Erholungsbewegung ein: Der S&P legte rund 17 Prozent zu, für den Dow Jones ging es sogar rund 21 Prozent nach oben und der DAX hat sich ebenfalls um rund 21 Prozent nach vorn gekämpft (Stand: Schlusskurse vom 30.11.2022). Für viele Anleger sind dies Zeichen dafür, dass die Stimmung am Markt gedreht und das Schlimmste überstanden sein könnte.

Entspannung bei Belastungsfaktoren

Was dafür spricht: Zeitgleich hat sich auch bei den größten marktbelastenden Faktoren Entspannung gezeigt. Zwar hat die US-Notenbank die Leitzinsen auch in ihrer jüngsten Notenbanksitzung abermals angehoben, danach hatten die Notenbanker aber signalisiert, künftig kleinere Zinserhöhungsschritte in Erwägung ziehen zu wollen.

Hinzu kommen Entspannungssignale von der Inflationsfront: Der Anstieg der Verbraucherpreise hat sich in den vergangenen Monaten bereits etwas abgeschwächt. Im Oktober sank die US-Jahresinflationsrate auf 7,7 Prozent. Im Juni hatte sie noch bei 9,1 Prozent ein 40-Jahreshoch markiert. Hierzulande ist eine Abschwächung der Inflation allerdings noch nicht zu sehen.

Einige Analysten positiv

Für John Paulsen, der als Chief Investment Strategist bei The Leuthold Group tätig ist, sind dies Hinweise auf ein mögliches Ende des Bärenmarktes - unter einer Voraussetzung: "Wenn es der Wirtschaft [...] gelingt, eine Rezession zu vermeiden oder sie nur einen leichten Rückgang erfährt, kann sich bereits ein neuer Bullenmarkt entwickeln", so der Experte.

Auch der Aktien-Chefstratege bei Morgan Stanley, Mike Wilson, sieht angesichts der aktuellen Entwicklungen am Markt einen Lichtstreif für Investoren, auch wenn er nicht glaubt, dass die Bodenbildung bei Aktien bereits kurz bevor steht. Mit Blick auf den aktuellen Bärenmarkt erklärte er gegenüber CNBC: "Ich denke, wir befinden uns in der Endphase, aber die Endphase kann sehr herausfordernd sein". Ein wenig Geduld müssten Investoren seiner Ansicht nach noch mitbringen, mit dem finalen Schritt des Bärenmarktes rechnet Wilson erst im ersten Quartal 2023, dann nämlich, wenn der S&P 500 im niedrigen 3.000-Punkte-Bereich seinen Tiefstpunkt erreicht. Zu diesem Zeitpunkt sieht Wilson eine "hervorragende Kaufgelegenheit", da die Gewinne 2024 voraussichtlich wieder steigen werden.

Goldman Sachs weniger optimistisch

Ähnlich bewerteten auch Experten von Goldman Sachs die aktuelle Marktlage. Die Experten des Finanzhauses sehen in ihrem Ausblick ein Ende des Bärenmarktes nicht in unmittelbarer zeitlicher Nähe, rechnen aber tatsächlich mit einer noch längeren Dauer.

Tatsächlich geht man bei Goldman Sachs Research davon aus, dass sich der Bärenmarkt 2023 zunächst intensivieren werde, bevor er später im Jahr hoffnungsvolleren Signalen Platz mache. Im kommenden Jahr werden Aktien den Strategen zufolge ein Tief erreichen, wenn die Zinsen ihren Höhepunkt markieren und sich die Verschlechterung des Wirtschaftswachstums stabilisiere.

Es gebe zwei Arten von Bärenmärkten, "zyklische", die von einer sich abschwächenden Wirtschaft und steigenden Zinsen angetrieben werden, und "strukturelle", die von einem Schock wie einer Vermögensblase oder einer Katastrophe angetrieben werden. Aktuell sehen die Experten einen zyklischen Bärenmarkt, der in der Regel 26 Monate andauere und 50 Monate brauche, bis sich die Aktien wieder erholen. Während dieser Zeit fallen Aktien in der Regel um 30 Prozent und werden von kurzen Rallys heimgesucht, bevor der Markt in diesen Zyklen einen Tiefpunkt erreicht.
Mit Blick auf die Zinsentwicklung sehen die Strategen von Goldman Sachs noch keine Entspannungssignale, bei den Anleiherenditen gebe es noch Luft nach oben. Einerseits, weil sich die politischen Entscheidungsträger in den USA darauf konzentrierten, die finanziellen Bedingungen straffer zu halten, um die Inflation einzudämmen. Es sei auch noch unklar, wie lange die Zinsen hoch bleiben werden, bevor die Zentralbanken bereit seien, die Kreditkosten zu senken.

Redaktion finanzen.at

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