30.06.2015 16:32:00
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Griechenland - Brezinschek: Griechen müssen motiviert werden
Die griechische Bevölkerung müsse motiviert werden, müsse aus ihrer "Lethargie, Verzweiflung und Antriebslosigkeit" geführt werden. Die Lage sei so dramatisch, weil Griechenland "die letzte Zunftwirtschaft in Europa" sei. "Alles ist monopolisiert oder oligopolisiert mit extrem hohen Markteintrittsbarrieren", sagte RBI-Chefanalyst Peter Brezinschek am Dienstag in Wien.
Nicht die Schuldenfrage sei in Griechenland vordringlich, sondern die überalterten Wirtschaftsstrukturen, die etwa den Zugang zu den meisten Berufen behinderten. Darüber habe sich die Regierung keine Gedanken gemacht, das sei in Griechenland nicht diskutiert worden. Angesichts von 76 Mrd. Euro Steuerschulden gilt für die griechische Regierung offensichtlich der Plan, "im eigenen Lande nur nicht irgendwo anstreifen". Griechenland brauche ein Klima des Aufbauens und der Modernisierung, das Unternehmertum müsse gefördert werden. Es müssten neue Impulse für Wachstum und Beschäftigung gesetzt werden.
Mit einem Industrieanteil von nur 8 Prozent, einem Bauwesen von nur 2 Prozent und gleichzeitig 10 Prozent Anteil der öffentlichen Verwaltung an der Wirtschaftsleistung würde es Griechenland auch nach einem "Grexit" nicht möglich sein, das für das Inland notwendige Angebot zur Verfügung zu stellen.
Der griechische Präsident Alexis Tsipras habe mit der Unterbrechung der Verhandlungen einen Zaun niedergerissen. "Offensichtlich ist im Hintergrund schon was anderes gelaufen, steht ein anderer Plan dahinter". Brezinschek vermutet, dass es von Anfang an um das politische Konzept der Transferunion in Europa gegangen ist und dafür die griechische Bevölkerung in "Geiselhaft" genommen wurde.
Tsipras sei ein "enfant terrible", das sich an keine Abmachungen mehr gehalten habe. Ohne Regeln könne aber keine Gemeinschaft funktionieren. Deshalb dürfe so ein Beispiel auch keine Schule machen. Andere Euroländer wie die baltischen Staaten hätten sich an die marktwirtschaftlichen Regeln gehalten und noch größere Anstrengungen unternommen als die Griechen.
Für Griechenland sei es wohl am besten "Tabula rasa" zu machen, glaubt Brezinschek, inklusive Schuldenschnitt und eines Struktur- und Investitionsprogrammes. Dies aber außerhalb der Eurozone. Andernfalls sollte Tsipras selbst sehen, wie er sein "sozialromantisches Wirtschaftsmodell" finanzieren könne, jedenfalls nicht durch die Euroländer. Das derzeitige griechische Pensionsmodell etwa sei jedenfalls nicht finanzierbar und der Arbeitsmarkt werde keine ausländischen Investoren anlocken. Das alles müsste reformiert und Wettbewerb eingeführt werden. Europa würde einer neuen Regierung, die bereit sei, solche Strukturreformen umzusetzen, sicher eine Chance geben.
Sollte das am kommenden Sonntag angesetzte Referendum mit "Ja" ausgehen, wäre das für die Wiederaufnahme von Gesprächen zwischen Griechenland und den Institutionen besser. Ein "Nein" würde zur baldigen Zahlungsunfähigkeit führen, da die Europäische Zentralbank (EZB) nicht zu Systemhilfen berechtigt sei und somit die Notfallskredite (ELA) fällig stellen müsste. Griechenland müsste dann vorübergehend eine Parallelwährung einführen. In den nächsten Monaten sei keine endgültige Lösung in Sicht. Im Falle von Neuwahlen müsse bis in den Herbst hinein mit Stillstand gerechnet werden.
Die negativen Auswirkungen einer Pleite Griechenlands auf Europa und die Welt schätzt Brezinschek als "überschaubar" ein. Wirtschaftlich würde es am ehesten noch Albanien und Mazedonien treffen, aber auch nicht übermäßig. Die stärksten finanziellen Verknüpfungen gebe es mit Albanien, Mazedonien, Bulgarien und Rumänien.
Wie dramatisch die Situation in Griechenland bereits jetzt sein müsse, zeigt sich laut Brezinschek auch an den eingeführten Kapitalverkehrskontrollen, die im Vergleich zu Zypern viel strenger ausgefallen seien. So habe es in Zypern etwa ein Limit von 2.000 Euro für Auslandsüberweisungen gegeben, in Griechenland seien Auslandsüberweisungen verboten. Auch habe es in Zypern für tägliche Geldbehebungen ein Limit von 300 Euro gegeben, im Gegensatz zu nur 60 Euro jetzt in Griechenland.
Durch diese Ereignisse sei jedenfalls auch das Vertrauen in die Eurozone beschädigt worden, so Brezinschek. Sollte Griechenland aber aus der Eurozone ausscheiden, sollte sich der Euro-Wechselkurs schneller erholen als geplant, da ein Unsicherheitsfaktor wegfallen würde.
(Schluss) ggr/tsk/ivn
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