05.12.2019 11:34:00

Grasser-Prozess - Zeuge: "Sämtliche Sicherheitsnetze sind gerissen"

Am 128. Tag im Grasser-Prozess ist heute als erster Zeuge ein Banker der Raiffeisenbank Liechtenstein geladen. Es geht um das Konto der Mandarin Group bei der Raiffeisenbank Liechtenstein, auf das im Dezember 2007 500.000 Euro vom Liechtenstein-Konto "400.815" überwiesen wurden - was laut dem Zeugen gar nicht stattfinden hätte dürfen. "Da sind sämtliche Sicherheitsnetze gerissen", so der Zeuge.

Der Bankberater Wolfgang Z. hatte mit einem der Angeklagten, dem Schweizer Vermögensberater Norbert Wicki, das Konto für die Offshore-Gesellschaft Mandarin Group - registriert in Belize - eröffnet. Wicki habe ihm gesagt, Wirtschaftlich Berechtigte des Mandarin-Kontos sei seine eigene Mutter, die eine Erbschaft ihrer Mutter bekomme. Dass gleich die erste Einzahlung von 500.000 Euro allerdings von einem Konto bei der Hypo Investment Bank Liechtenstein kam, für das Walter Meischberger als Kontoinhaber eingetragen war, statt von Wickis Mutter, und er das nicht gesehen habe, bereue er bis heute, so der Zeuge zu Richterin Marion Hohenecker. Die Anklage ordnet das Konto "400.815" dem Hauptangeklagten Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser zu - was dieser und Meischberger bestreiten.

Leider hätten auch nachgeordnete Stellen nicht bemerkt, dass der Einzahler nicht mit dem Kontoprofil übereinstimmt - der Zeuge vermutet, weil die Compliance-Stelle der Bank nicht wusste, wer Meischberger ist. "Ich bin Österreicher, ich kannte ihn", so der Zeuge. Er habe ihn aus den Medien im Umfeld des damaligen Finanzministers Karl-Heinz Grasser wahrgenommen.

Den Prozesstag eröffnete Meischberger mit einer Nachfrage zum gestrigen Thema, einem 265.000 Euro teuren Motorboot in Ibiza, das der Ex-FPÖ-Politiker gemeinsam mit dem mitangeklagten Makler Ernst Karl Plech nutzte. Richterin Hohenecker nutzte die Gelegenheit und fragte noch einmal nach, warum beide gemeinsam das Boot nutzten und dazu einen eigenen Vertrag schlossen. Dies sei unter anderem deswegen gewesen, um Begehrlichkeiten der Verwandtschaft abzuwenden, so Meischberger. Denn mit dem Nutzungsvertrag hätte man argumentieren können, dass der Partner ein Ausleihen des Bootes nicht möchte. Denn: "Das Boot wollten sich viele aus Wien ausleihen", erklärte Meischberger.

Nach dem Raiffeisen-Banker ist als nächster Zeuge ein Mitglied der sogenannten "Meinl Rebellen" geladen - also jener Aktionäre, die sich bei den Meinl-Gesellschaften gegen die Führung gestellt haben, und letztendlich siegreich waren. Die Meinl Bank spielt in der laufenden Hauptverhandlung eine Rolle, da Grasser dort Geld veranlagt hat und bei der Meinl International Power führend tätig war. Der frühere Bankchef Julius Meinl ist noch heuer als Zeuge geladen.

(Schluss) stf/gru/tsk

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