19.06.2018 11:15:00

Grasser-Prozess - Grasser: Es gab keinen "Tatplan"

Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) hat heute entschieden bestritten, dass es den in der Anklageschrift beschriebenen "Tatplan", wonach er und andere bei Privatisierungen und Aufträgen der damaligen schwarz-blauen Bundesregierung durch Korruption mitverdienen wollten, je gegeben habe. "Ich halte diesen Tatplan für eine Erfindung der Staatsanwaltschaft", sagte Grasser.

Grasser warf auch dem - mitangeklagten - früheren Geschäftspartner und Lobbyisten Peter Hochegger Falschaussage vor. Hochegger hatte im laufenden Prozess ein Teilgeständnis abgelegt und damit Grasser belastet.

Weiters warf Grasser dem Belastungszeugen Willibald Berner Falschaussage vor. Berner hatte ausgesagt, der - nun mitangeklagte - Peter Hochegger habe ihn im Jahr 2000 von einem "Tatplan" erzählt, wonach Grasser auf der einen Seite und der damalige Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (FPÖ/BZÖ) auf der anderen Seite mit ihren Freunden und Vertrauten durch Einnahmen aus Bestechung von der Regierungstätigkeit profitieren wollten.

Berner habe gelogen, weil er ein "Roter" und außerdem einer der besten Freunde des weiteren Belastungszeugen Michael Ramprecht sei, meinte Grasser. Auch Ramprecht habe nur aus persönlichen Gründen seine belastenden Aussagen gegen Grasser gemacht, unter anderem weil Grasser seine Tätigkeit nicht verlängert habe. Berner war damals, zum Zeitpunkt des von ihm ausgesagten Gesprächs im Jahr 2000, Kabinettschef im FPÖ-geführten Infrastrukturministerium. Grasser meinte heute, dass das Infrastrukturministerium gar keine Rolle bei Privatisierungen und großen Aufträgen gespielt habe, weil alles durch das Finanzministerium, direkt oder indirekt, gesteuert worden wäre. Daher hätte es gar keinen Sinn gemacht, mit Berner über einen allfälligen "Tatplan" der Korruption überhaupt zu sprechen.

Für Grasser ist auch die Tatsache, dass Berner erst im Jahr 2009 vor der Staatsanwaltschaft von dem angeblichen Gespräch mit Hochegger im Jahr 2000 ausgesagt hatte, ein Argument dafür, dass dessen Angaben unglaubwürdig seien. Im Jahr 2009 waren erstmals die Vorwürfe wegen angeblicher Korruption Grassers bei der Privatisierung der Bundeswohnungen aufgekommen. Weiters habe Hochegger laut Berner von einer liechtensteinischen Firma mit englischem Namen gesprochen, diese angebliche Firma sei aber von der Staatsanwaltschaft nie gefunden worden, so der Ex-Finanzminister.

Berner und Ramprecht hätten auch behauptet, Grasser sei bei der Privatisierung des Dorotheums korrupt gewesen. Ein weiterer Zeuge, der frühere Soravia-Manager Martin Ohneberg, hätte Berner nach dessen Angaben gesagt, "bei uns (beim Dorotheum, Anm.) hat er (Grasser, Anm.) nur Bargeld genommen". Auch das sei gelogen, so der nunmehrige Angeklagte: Das Verfahren wegen Korruptionsverdacht bei der Dorotheums-Privatisierung sei nach sechs Jahren Ermittlungen eingestellt worden.

Der Rechnungshof hatte 2012 die Privatisierung des Dorotheums im Jahr 2001 unter Grasser scharf kritisiert. Der Verkauf des Dorotheums sei "zu einem wirtschaftlich ungünstigen Zeitpunkt" erfolgt, der Verkaufserlös des Bundes lag mit 70,57 Mio. Euro "um rund 10 bis 20 Mio. Euro unter der Verkaufspreisempfehlung seitens der Investmentbank".

Einen "Tatplan" der Korruption und Bereicherung habe es nie gegeben, sagte Grasser heute. Stattdessen frage er sich, ob es nicht einen "Masterplan" seiner politischen Gegner und anderer gegeben habe, um sich bei ihm zu revanchieren, dass er dem damaligen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel wesentlich zu seinem großen Wahlerfolg im Jahr 2002 geholfen habe. SPÖ und Grüne hätten verhindern wollen, dass er jemals wieder zurück in die Politik komme. Bereits 2003 hätten Berater der SPÖ gesagt, die Partei müsste Grasser unglaubwürdig machen.

Grasser hat seine Stellungnahme in einer "Gegenschrift" zur Anklage zusammengefasst, auf die er heute mehrmals verwies.

(Schluss) gru/stf/kre

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