16.06.2008 10:03:00
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FOKUS: Volkswagen entdeckt die Ertragsstütze Werkstatt
Von Katharina Becker
Dow Jones NEWSWIRES
FRANKFURT (Dow Jones)--Volkswagen hat die Ertragsstütze der Automobilbranche entdeckt. Während Neuwagen oft nur mit hohen Nachlässen an den Kunden zu bringen sind, verspricht das Geschäft mit altem Blech stabil hohe Renditen. Jahrelang nur halbherzig betrieben, will Europas größter Hersteller nun durchstarten und mit seiner eigenen Billig-Werkstattkette stop+go den Marktführern A.T.U. und Pit-Stop Marktanteile abjagen. Die räumen das margenstarke Feld jedoch nicht kampflos.Nach der laufenden Pilotphase mit acht Werkstätten will VW bis 2012 auf rund 100 stop+go-Werkstätten kommen. Mit Ersatzteilen, Zubehör, Reifen- und Ölwechsel werden in Deutschland jährlich rund 42 Mrd EUR eingenommen, in Westeuropa 142 Mrd EUR, sagt Volker Grüntges von der Unternehmensberatung McKinsey, der seit Jahren den Markt analysiert.
"Zulieferer und Autohersteller erzielen mit Ersatzteilen deutlich höhere Margen als im Neufahrzeuggeschäft, auch die Margen der Teilegroßhändler und Werkstätten sind sehr attraktiv", sagt er. Umsatzrenditen von bis zu 20% waren in der Vergangenheit Standard. Und obwohl der schärfere Wettbewerb die Margen drückt, bleiben diese attraktiv.
Während Neuwagen mehr als ein Drittel der Umsätze der Branche ausmachen, bringen sie nur ein Zehntel des operativen Gewinns. "Das After-Sales-Geschäft macht fast ein Viertel der Umsätze der Automobilindustrie aus, aber die Hälfte der Profite", sagt Grüntges.
"Das Werkstattgeschäft ist die Ertragsstütze für die Händler", urteilt deshalb Automobilanalyst Marc-René Tonn von M.M.Warburg & Co. Die meisten überleben nur mit Hilfe ihres Ersatzteilgeschäftes.
Der Kuchen wird aber nicht größer. Zwar werden die Autos immer älter und jeder Werkstattbesuch wegen des steigenden Anteils der Elektronik kostspieliger. Zugleich steigt aber auch die Qualität der Fahrzeuge und mit ihr die Serviceintervalle; außerdem passieren weniger Unfälle. Um die Verteilung der Kuchenstücke ist daher ein harter Kampf entbrannt. "Der Markt - obwohl er insgesamt stagniert - ist im Innern sehr dynamisch", sagt Grüntges.
Die immer komplexere Fahrzeugtechnik setzt gerade kleine Werkstätten unter Druck. Allein im vergangenen Jahr gaben bundesweit 450 Betriebe auf. "Die Ketten profitieren als erste vom Wegsterben der kleinen Werkstätten", sagt Grüntges und erwartet, dass sie ihren Marktanteil bis 2015 verdoppeln.
Im Markt tummeln sich zudem Spezialisten wie die Autoglaserei Carglas oder Reifendienste wie Stinnes. Durch Exklusivverträge nehmen auch Versicherungen und Automobilklubs verstärkt Einfluss darauf, wo ein Kunde seinen Wagen in die Reparatur gibt.
Das Automobilgeschäft verlagert sich weg vom Neuwagen hin zum Service. Während die Umsätze im Neuwagenhandel bei den bundesweit knapp 40.000 Autohäusern und Werkstätten im vergangenen Jahr um 6,5% einbrachen, lief das Servicegeschäft mit einem Plus von 2,7% deutlich besser als erwartet, heißt es beim Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe. Eine Tendenz, die sich fortsetzen dürfte. "Der Service ist das Fundament der Branche", sagt Verbandssprecherin Claudia Schiffer.
Diese Erkenntnis ist nun auch bis nach Wolfsburg vorgedrungen. "Das Servicegeschäft ist eine Ertragsstütze mit geringeren Schwankungen als beim Neuwagengeschäft, gewissermaßen der ruhende Pol", sagt Peter Porbeck, Leiter Service der Volkswagen AG.
Um den eigenen Händlern nicht das Geschäft kaputt zu machen, zielt Volkswagen mit stop+go vor allem auf die Halter älterer Fahrzeuge, die kaum bereit sind, wegen eines defekten Vergasers, kaputter Bremsen, Steinschlag oder einem Ölwechsel eine teurere VW-Vertragswerkstatt aufzusuchen. "Diese Kunden erreichten wir in der Vergangenheit immer weniger", sagt Porbeck. "Auf diese Weise geht knapp die Hälfte des Marktes an uns vorbei."
Das soll sich nun ändern. Nach dem Ende der Pilotphase sollen jährlich 20 neue Franchise-Betriebe hinzukommen, sagt Porbeck. "Das macht 2012 rund 100 Betriebe." Verglichen mit den rund 600 Filialen des Marktführers A.T.U. und den gut 400 Betrieben des Branchenzweiten Pit-Stop wäre das wenig.
Selbst bei einem Umsatz von rund 2 Mio EUR pro Filiale bliebe stop+go von den 1,4 Mrd EUR Jahreseinnahmen einer A.T.U. weit entfernt. "Wichtiger ist für uns, das Geschäft profitabel zu betreiben", sagt deshalb Porbeck. Schon im kommenden Jahr soll stop+go die "Nulllinie durchstoßen". "2010 wird das erste volle Jahr mit schwarzen Zahlen sein."
Dabei soll auf den stop+go-Hebebühnen nicht nur an Polo, Golf, Passat und Co. geschraubt werden, sondern auch an Modellen der Konkurrenz. Und das etwa 15% günstiger als in der Vertragswerkstatt. "Wir schulen die Mitarbeiter mehr als die Wettbewerber in Technik und im Auftreten dem Kunden gegenüber", sagt Porbeck. Er will der Konkurrenz vor allem mit einem guten Service Kunden weglocken.
Die Konkurrenz gibt sich gelassen. "Bei den Wachstumsraten braucht VW zwei Jahrzehnte, bis sie so groß sind wie A.T.U.", heißt bei der Kette mit Sitz in Weiden in der Oberpfalz, die auf 10% Marktanteil kommt. Michael Kern, seit April Geschäftsführer von A.T.U., kennt die Strategie des neuen Wettbewerbers noch aus seiner Zeit als Vertriebsvorstand von VW.
Volkswagen ist der erste deutsche Hersteller, der versucht, das Geschäft auf die Reparatur von Gebrauchtwagen auszudehnen. Auch Daimler und BMW suchen verstärkt nach Einnahmequelle entlang der automobilen Wertschöpfungskette. Die französischen Automobilbauer Renault und Peugeot-Citroen buhlen mit ihren Werkstattketten "Minute" und "Rapide" bereits in Deutschland um Kunden. Auch für stop+go soll an den Landesgrenzen nicht Schluss sein. "Im zweiten Halbjahr planen wir unsere künftigen Auslandsmärkte", kündigt Porbeck an.
Webseite: http://www.volkswagenag.com/
-Von Katharina Becker, Dow Jones Newswires; +49 (0)69 - 29725 112, katharina.becker@dowjones.com DJG/kat/rio (END) Dow Jones Newswires
June 16, 2008 04:00 ET (08:00 GMT)
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