Neue Ausschreibung 12.05.2021 17:16:00

Deal mit Bombardier offenbar geplatzt: Keine Talent 3-Züge für Vorarlberg

Deal mit Bombardier offenbar geplatzt: Keine Talent 3-Züge für Vorarlberg

Vorarlbergs Mobilitätslandesrat Johannes Rauch (Grüne) nannte den Beschaffungsvorgang "eine Katastrophe". Auch von Tirols Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe (Grüne) kam Kritik. Der ÖBB-Aufsichtsrat genehmigte die Beschaffung von Ersatzfahrzeugen, die Bundesbahn spricht von "Lieferverzug in bisher nicht da gewesenem Ausmaß".

Obwohl die "Talent 3-Züge" bereits seit Jahresmitte 2019 auf Vorarlbergs Schienen unterwegs sein sollten, gibt es für das Modell bis heute keine Zulassung der Europäischen Eisenbahnagentur. Für Vorarlberg waren 21 dieser Züge (Auftragswert: 150 Mio. Euro) bei Bombardier bestellt worden, für Tirol 25. Die ÖBB hatten zum Jahresende 2016 mit Bombardier eine Rahmenvereinbarung unterzeichnet, die den Kauf von bis zu 300 Zügen und ein Gesamtvolumen von 1,8 Milliarden Euro vorsah.

Rauch übte heute, Mittwoch, scharfe Kritik sowohl an den ÖBB als auch an Bombardier. "Sie können mich als allzu optimistisch bezeichnen, aber niemand - auch ich nicht - wäre jemals auf die Idee gekommen, dass unser Vertragspartner ÖBB sein Kerngeschäft, nämlich den Ankauf neuer Züge, die ganz konkreten Anforderungen zu entsprechen haben, nicht auf die Reihe bekommt", so der Landesrat. Zu Bombardier hielt er fest, dass das Traditionsunternehmen - das als klarer Bestbieter aus dem ÖBB-Ausschreibungsverfahren hervorgegangen war - vertragliche Verpflichtungen eingegangen ist, "die zu halten es nicht in der Lage war".

Darüber hinaus kündigte Rauch auch finanzielle Konsequenzen an. Es sei mit den ÖBB klar vereinbart, welche Leistungen in welcher Qualität erbracht werden müssten. Das Land Vorarlberg werde sich jedenfalls finanziell schadlos halten und man wolle auch für die derzeitige Nichterfüllung des Verkehrsdienstevertrags im Hinblick auf das Rollmaterial entschädigt werden. "Wir zahlen nicht für eine Leistung, die nicht erbracht wurde", betonte Rauch. Beziffern konnte Rauch seine Haltung noch nicht.

Die ÖBB würden nun die Ersatzbeschaffung für das benötigte Rollmaterial ausschreiben. "Als Partner im Verkehrsdienstevertrag werden wir weiterhin darauf pochen, dass die vertraglich vereinbarten Kriterien betreffend Quantität, aber vor allem Qualität für die Fahrgäste eingehalten werden", bekräftigte der Landesrat. Vorerst hätten sich Bund, Land und ÖBB auf eine Lösung für die Mobilitätsproblematik verständigt. "Die ÖBB haben zugesagt, fünf zusätzliche "Talent-1-Zuggarnituren" zur Verfügung zu stellen, um die erforderliche Gesamtsitzplatzkapazität zu erreichen. Diese Züge sind zum Schulanfang im Herbst 2021 einsatzfähig", so Rauch. Die Fahrgäste könnten sich darauf verlassen, "dass eine ausreichende Anzahl an Sitzplätzen zur Verfügung steht."

Auch das Land Tirol ist von den nunmehrigen Kalamitäten mit 25 bestellten Zügen betroffen. Die Angelegenheit sei "sehr unerfreulich", hieß es aus dem Büro der zuständigen Landeshauptmannstellvertreterin und Verkehrslandesrätin Ingrid Felipe (Grüne) zur APA. Man warte nun die Gremiensitzung der ÖBB ab, der "Ball liegt bei den ÖBB und ihren Gremien". Das Land habe rechtzeitig die Leistung bestellt, man sei in gutem Einvernehmen mit der Bahn und gehe davon aus, rechtzeitig Ersatzkapazitäten zu bekommen. Zwischen Tirol und den ÖBB laufen derzeit darüber Gespräche, hieß es auch von Bahn-Seite.

Mittwoch nachmittag tagten die Aufsichtsrätinnen und Aufsichtsräte der ÖBB und genehmigten die Beschaffung von Ersatzfahrzeugen für die bisher nicht gelieferten Talent 3-Züge. Der Fahrzeughersteller Alstom/Bombardier habe noch keinen einzigen für den Regelbetrieb zugelassenen Talent 3-Zug geliefert - "das ist ein Lieferverzug in einem bisher nicht dagewesenen Ausmaß", heißt es in einer ÖBB-Stellungnahme zur APA. Das Vergabeverfahren sei im Laufen, der voraussichtliche Start für eine Einlieferung sei für Ende 2022 geplant. Zur Frage, welcher Zugtyp nun kommen werde, halten sich die ÖBB unter Verweis auf das vertrauliche Vergabeverfahren bedeckt. Der "Standard" hatte geschrieben, die Staatsbahn kaufe statt der Talent-Züge nun 46 Desiro-Elektrotriebzüge bei Siemens Mobility.

Den Verkehrsdienstevertrag mit Vorarlberg werde man einhalten, im Herbst werde die Kapazität auf bis zu 8.500 Sitzplätze erhöht, so die Bundesbahn. Dass Vorarlberg nun weniger bezahlen wolle, entspreche den Vertragskonditionen - in Rechnung gestellt würden nur die erbrachten Leistungen. Ein durch diese Entwicklung allenfalls entstandener Schaden werde von den ÖBB bei Alstom/Bombardier geltend gemacht.

(Schluss) ede/jh/tsk/gru

(APA)

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Bildquelle: ERIC PIERMONT/AFP/Getty Images

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