08.09.2015 18:13:49

AUSBLICK/Neuer Prozess gegen Ex-ThyssenKrupp-Manager im Schienenkartell

   Von Jenny Busche

   ESSEN (Dow Jones)--Für ThyssenKrupp geht die Aufarbeitung eines spektakulären Falles weiter: Am 14. September beginnt vor dem Landgericht Bochum der zweite Strafprozess im sogenannten Schienenkartell. Auf der Anklagebank sitzen vier ehemalige hochrangige Manager des Konzerns, unter ihnen sind zwei Bereichsvorstände. Auch drei frühere Mitarbeiter der Vossloh-Tochter Stahlberg Roensch sind angeklagt.

   Das Schienenkartell ist einer der aufsehenerregendsten Kartellfälle in Deutschland. Mitarbeiter von mehreren Unternehmen sollen über viele Jahre hinweg illegale Absprachen bei Preisen und Quoten getroffen haben - zu Lasten der Deutschen Bahn und anderer Verkehrsunternehmen.

   ThyssenKrupp war an dem Kartell, das im Jahr 2011 aufflog, maßgeblich beteiligt. Allerdings habe die damalige Konzernführung von den Preisabsprachen nichts gewusst, heißt es bei dem Konzern. "Das war das Verhalten Einzelner", sagte ThyssenKrupp-Vorstand Donatus Kaufmann am Dienstag bei einem Gespräch mit Journalisten in Essen. "Wir haben sehr genau geschaut, ob der Kreis der Beschuldigten größer ist. Wir haben auch nach oben geschaut." Es sei im Interesse des Konzerns, dass der Fall vollständig aufgeklärt wird. Deshalb tritt ThyssenKrupp auch als Nebenkläger in dem Verfahren auf. "Wir wollen, dass die ungeschminkte Wahrheit ans Licht kommt", sagte Kaufmann, der vergangenes Jahr das wieder eingeführte Vorstandsressort für Recht und Compliance übernahm.

   SIEBEN ANGEKLAGTE LEGTEN BEREITS GESTÄNDNIS AB

   Im Frühjahr hatten bereits sieben ehemalige und aktuelle Manager von ThyssenKrupp und dem österreichischen Konzern Voestalpine in einem ersten Strafprozess ihre Beteiligung am Schienenkartell eingeräumt. Das Bochumer Landgericht stellte das Verfahren allerdings gegen Geldauflagen von bis zu 100.000 Euro ein. "Wir halten die Geldauflagen für ein adäquates Ergebnis", sagte Kaufmann am Dienstag. "Die Mitarbeiter haben früh bei der Aufklärung geholfen."

   Das nun beginnende Verfahren dürfte sich länger hinziehen. Die acht Verhandlungstermine, die bis Ende Oktober angesetzt sind, werden nach Einschätzung des Gerichts nicht ausreichen, weil die meisten Angeklagten sich bisher nicht geständig zeigen. Nach Darstellung von ThyssenKrupp haben einige von ihnen bei unternehmensinternen Ermittlungen gelogen und so die Aufklärung des Falles behindert. Den Angeklagten drohen Geldbußen oder Haftstrafen auf Bewährung.

   Kartellrechtlich ist der Fall bereits aufgearbeitet. Das Bundeskartellamt leitete 2011 ein Verfahren an, nachdem Voestalpine die Kronzeugenregelung für sich beansprucht hatte und zur Aufdeckung des Falles beitrug. ThyssenKrupp musste ein Bußgeld in Höhe von 191 Millionen Euro zahlen. Hinzu kamen Schadensersatzzahlungen an die Deutsche Bahn. Mit einigen Privatunternehmen hat ThyssenKrupp Vergleiche geschlossen, mit anderen laufen nach Angaben des Konzerns noch Gespräche.

   KARTELL KÖNNTE SCHON IN DEN 1980er JAHREN BEGONNEN HABEN

   Die Bußgelder, die das Bundeskartellamt verhängte, beziehen sich auf den Zeitraum von 2001 und 2011. Über wie viele Jahre das Kartell tatsächlich aktiv war, ist aber unklar. ThyssenKrupp kann nicht ausschließen, dass es sogar schon in den 1980er Jahren seinen Anfang nahm.

   Der Konzern hat 15 Mitarbeiter, die an den Preisabsprachen beteiligt gewesen sein sollen, entlassen. "Wir haben gegen sämtliche am Schienenkartell Beteiligte Schadensersatzansprüche geltend gemacht", sagte Kaufmann. Von den beiden Bereichsvorständen, die ab nächster Woche auf der Anklagebank sitzen, fordert der Konzern jeweils rund 300 Millionen Euro - das ist auch die Summe, auf die der Konzern den Schaden beziffert, der ihm durch das Kartell entstanden ist. Das Zivilverfahren gegen einen der beiden Manager vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf wird ausgesetzt, bis das laufende Strafverfahren abgeschlossen ist. Gegen den anderen hat ein Verfahren am Landgericht Dortmund begonnen.

   Bis der ganze Fall für ThyssenKrupp abgeschlossen ist, dürfte es noch dauern. "Die Aufarbeitung des Schienenkartells wird uns noch Jahre beschäftigen", sagte Kaufmann.

   Kontakt zum Autor: jenny.busche@wsj.com

   DJG/jen/jhe

   (END) Dow Jones Newswires

   September 08, 2015 11:43 ET (15:43 GMT)

   Copyright (c) 2015 Dow Jones & Company, Inc.- - 11 43 AM EDT 09-08-15

Analysen zu thyssenkrupp AGmehr Analysen

09:15 thyssenkrupp Neutral JP Morgan Chase & Co.
26.02.25 thyssenkrupp Halten DZ BANK
25.02.25 thyssenkrupp Buy Baader Bank
13.02.25 thyssenkrupp Kaufen DZ BANK
13.02.25 thyssenkrupp Buy Baader Bank
Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!

Aktien in diesem Artikel

thyssenkrupp AG 8,81 0,52% thyssenkrupp AG