"Massive Spekulation" 28.02.2023 23:59:00

AMC, Peloton & Co.: Das steckt hinter der neuen Rally bei Meme-Aktien

AMC, Peloton & Co.: Das steckt hinter der neuen Rally bei Meme-Aktien

• Meme-Aktien steigen kräftig
• Mehrere Gründe für Junk-Rally
• Analysten sehen keine nachhaltige Erholung

In den Anlegerfokus gerieten sogenannte "Meme-Aktien" Anfang 2021, als ein Shortselling-Krieg ausbrach zwischen Hedgefonds, die bei einzelnen angeschlagenen Firmen auf fallende Kurse spekulierten, und privaten Anlegern, die sich über Reddit und andere Internet-Foren organisierten. Entweder um die Leerverkäufer zu bekämpfen oder einfach nur aus Angst, temporäre Kurssprünge zu verpassen, investierten sie viel Geld in diese Aktien, deren Bewertungen so künstlich in die Höhe getrieben wurden. Anschließend folgte eine Phase der Ernüchterung - gepaart mit teils immensen Verlusten.

Doch derzeit erfreuen sich diese Zockerpapiere wieder wachsender Beliebtheit. So kletterten beispielsweise die Anteilsschein der Kinokette AMC seit Jahresbeginn um enorme 52,33 Prozent und die des Sportgeräteherstellers Peloton sogar um 59,95 Prozent. Zum Vergleich: Der S&P500, der den breiten US-Aktienmarkt widerspiegelt, stieg im gleichen Zeitraum nur um 3,4 Prozent (Stand: Schlusskurse vom 24.02.2023).

Darum steigen die Meme-Aktien wieder

Amy Wu Silverman, Aktien-Strategin bei der Royal Bank of Canada (RBC), führte gegenüber "Yahoo Finance" mehrere Gründe für das starke Abschneiden der Ramsch-Aktien (trash stocks) an: Zum einen hätten sich einige Investoren zunächst von ihren Aktien getrennt, um aus steuerlichen Gründen Verluste zu verbuchen. Nun würden sie die Aktien in diesem Jahr wieder kaufen. Zum anderen habe sich das Momentum verschoben. Als dritten Grund nannte sie, dass Kleinanleger bei einigen Aktien, welche während der Pandemiezeit zu den Favoriten gezählt hatten, nun wieder verstärkt Call-Optionen erwerben würden.
Ramsch-Aktien sind nach Betrachtungsweise der RBC gekennzeichnet durch einen Nettoverlust sowie eine Nettoverschuldung. Außerdem weisen sie aktuell und im vergangenen Jahr einen negativen Free Cash Flow aus.

Die Rally der Meme-Aktien fällt zeitlich zusammen mit enormen Aktienaktivitäten von Privatanlegern. So kletterten die Geldzuflüsse von Kleinanlegern in den US-Aktienmarkt laut Vanda Research im Januar auf ein Rekordhoch.

Pessimistische Analysten

Dennoch sind verschiedene Analysten eher pessimistisch in Bezug auf die Zukunftsaussichten der Meme-Aktien. Wie Wu Silverman erklärte, litten diese Papiere in 2022 stark unter den auslaufenden Stimuli. Und auch wenn sie derzeit wieder stark zulegen, hätten sich die Fundamentaldaten nicht geändert. "Sie sind noch immer minderwertige Namen in einem widrigen Umfeld", so die Expertin.

So haben die US-Währungshüter auf ihrer letzten Sitzung nicht wie von Marktteilnehmern erhofft über eine Zinspause gesprochen. Notenbankchef Jerome Powell hat zuletzt vielmehr erneut weitere Zinserhöhungen in Aussicht gestellt. In der Regel treffen Zinserhöhungen Growth-Aktien besonders hart, denn sie sind meist stärker mit Fremdkapital finanziert.

Ebenso wie Wu Silverman sieht auch Jim Smigiel keine fundamentalen Gründe für die enormen Meme-Kursgewinne seit dem Jahreswechsel. Der Chief Investment Officer bei SEI Investments Co. bezeichnete die derzeitige Entwicklung deshalb als "Junk-Rally", bei der die Aktien mit der niedrigsten Qualität am besten performen. "Es fühlt sich wirklich so an, als wären wir wieder in den Zeiten der Meme-Stocks, aber der Unterschied im makroökonomischen Hintergrund könnte nicht größer sein", wird er von "finanzmarktwelt" zitiert. So geschah die Meme-Rally während der Corona-Pandemie zu einer Zeit, als der Markt von riesigen Konjunkturprogrammen gestützt wurde und die Zinssätze auf einem Tiefststand waren, wohingegen die Leitzinsen inzwischen deutlich angehoben wurden und Ökonomen vor einer möglichen Rezession warnen. "Es handelt sich hier um eine massive Spekulation, die schnell wieder verpuffen wird, weil es keine fundamentalen Gründe dafür gibt", warnte Smigiel deshalb.

Ähnlich sieht es laut "finanzmarktwelt" auch Irene Tunkel: "Wir befinden uns in einem engen Zeitfenster, in dem die Inflationsängste nachlassen, wir uns aber noch nicht mit der Verlangsamung des Wachstums befasst haben", so die Chefstrategin für US-Aktienstrategien bei BCA Research. "Unrentable und andere riskante Unternehmen sind die Hauptkandidaten für eine Erholung in diesem Zeitfenster, aber dieser spekulative Überschwang ist keine nachhaltige Erholung."

Redaktion finanzen.at

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