Crash voraus 20.08.2023 21:03:00

Aktiencrash voraus? Mark Spitznagel hält den Aktienmarkt für deutlich überbewertet

Aktiencrash voraus? Mark Spitznagel hält den Aktienmarkt für deutlich überbewertet

• Fitch mit Downgrade für US-Kreditwürdigkeit
• Mark Spitznagel warnt vor Kreditblase
• Aktienbewertungen zu hoch


"Erosion der Regierungsführung": Fitch stuft US-Kreditwürdigkeit herab

Anfang August senkte die Ratingagentur Fitch die Kreditwürdigkeit der USA von AAA auf AA+, nachdem das Land wenige Wochen zuvor der Zahlungsunfähigkeit von der Schippe sprang. Der Schuldenstreit im Mai veranlasste Fitch dazu, das langfristige Emittentenausfallrating der USA herabzustufen, um die "Erosion der Regierungsführung" widerzuspiegeln, wie es von Seiten der Agentur hieß. Es ist die erste Herabstufung der USA durch eine große Ratingagentur seit mehr als zehn Jahren.

US-Finanzministerin Janet Yellen zeigte sich von der Entscheidung der Ratingagentur alles andere als begeistert und nannte die Herabstufung "willkürlich". Und auch JPMorgan-CEO Jamie Dimon erklärte gegenüber "CNBC", dass er kein Verständnis für das Fitch-Rating habe und bezeichnete es als "lächerlich".

Mark Spitznagel: "Größte Kreditblase der Menschheitsgeschichte"

Der US-amerikanische Hedgefondsmanager Mark Spitznagel, der 2007 den Vermögensverwalter Universa Investments gegründet hat, sieht die Entscheidung der Ratingagentur jedoch gerechtfertigt. "Wir befinden uns in der größten Kreditblase der Menschheitsgeschichte. Und das ist nicht meine Meinung, das sind nur Zahlen", erklärte der Marktexperte wenige Tage nach der Fitch-Entscheidung gegenüber dem Wirtschaftsmagazin "Fortune". "Es steht außer Frage, dass wir in einem Zeitalter der Hebelwirkung, einem Zeitalter des Kredits leben, und das wird seine Folgen haben." Daten der New Yorker Fed zeigen, dass die Gesamtverschuldung der privaten US-Haushalte in den USA im ersten Quartal 2023 auf einem Rekordhoch von 17 Billionen US-Dollar und die Staatsverschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt bei 118 Prozent lag. Spitznagel geht davon aus, dass durch den hohen Leitzins entstandene Kosten dazu führen, dass die Haushaltsausgaben sinken, die Wirtschaft langsamer wächst und die Zentralbanken das Zinsniveau nach unten anpassen müssen.

Fed trägt Mitschuld an Verschuldung

Zwar sei die hohe Verschuldung ein komplexeres Problem, an dem jedoch auch die Fed selbst nicht ganz unschuldig sei. So habe sich die US-Notenbank bereits seit der globalen Finanzkrise von 2007 bis 2008 falsch verhalten, wie Spitznagel gegenüber der Zeitschrift aufzeigte. Zu den Fehlern der Währungshüter habe auch die Entscheidung gehört, die Zinsen auf ein Fast-Nullniveau zu senken und dieses jahrelang beizubehalten. Auch kritisierte er den Kauf von Staatsanleihen und hypothekarisch gesicherten Wertpapieren. Dem Experten zufolge sei die Geldpolitik der vergangenen Jahre mit Feuerwehrleuten vergleichbar, die ein für Brände gefährdetes Waldgebiet falsch verwalten. So komme es zu riesigen, nicht mehr kontrollierbaren Bränden, wenn man kleineren Bränden nicht gestatte, überschüssige Bepflanzung zu zerstören. Statt also die Wirtschaft in eine Rezession stürzen zu lassen, was Spitznagel zufolge einem kleinen Brandherd gleichgekommen wäre, habe man durch die Anhebung des Schuldenniveaus ein "Pulverfass" geschaffen, das nur auf den ersten Funken warte. "Wir haben noch nie so eine hohe Gesamtverschuldung und Verschuldung im System gesehen", bestätigte Spitznagel im Interview "Aber wir wissen, dass Kreditblasen platzen müssen. Wir wissen nicht, wann, aber wir wissen, dass sie platzen muss."

Aktienbewertungen müssten deutlich niedriger sein

Wenn das von Spitznagel genannte Pulverfass also tatsächlich explodiert, könnte dies Anleger auf dem Aktienmarkt stark treffen. So stieg der S&P 500, der Index der 500 größten börsennotierten Unternehmen der USA, in diesem Jahr im Umfeld von hohen Zinssätzen und nachlassenden Inflationsraten bereits um 14,71 Prozent (Stand: 16. August 2023), was Zweifel an der Bewertung von Aktien aufkommen lasse. So schlage der nach Börsenlegende Warren Buffett benannte Buffett-Indikator, der den gesamten Börsenwert aller in den USA gehandelten Aktien der US-Wirtschaftsleistung gegenüberstellt, bereits seit Monaten Alarm. Die Daten zeigen Spitznagel zufolge, dass die Aktienkurse bei einer korrekten Bewertung "jetzt viel niedriger stehen würden". Stattdessen motivieren verfrühter Optimismus über rückläufige Inflationsraten und die nach wie vor positive wirtschaftliche Entwicklung die Anleger und treiben damit die Bewertungen an der Börse weiter in die Höhe, so der Investor. "Sie schauen nur auf das Hier und Jetzt", kommentierte Spitznagel. "Das hat nichts mit den langfristigen Fundamentaldaten zu tun." Ein Platzen der Kreditblase könnte für Investoren also mit herben Verlusten einhergehen.

Abkehr von Risikominderung

Doch wie sollten sich Anleger nun positionieren? Frei nach der Aussage des britischen Ökonomen John Maynard Keynes "Die Märkte können länger irrational bleiben, als man zahlungsfähig bleiben kann." lassen sich Anleger Spitznagel zufolge häufig von Trends mitreißen. Daher mag es überraschend klingen, dass der Marktkenner ausgerechnet dazu rät, Risikominderung bei der Investitionsstrategie außenvorzulassen. "Mein Rat an einen Kleinanleger wäre, zu verstehen, dass Risikominderung das Kostspieligste sein kann, was sie tun. Es wird wahrscheinlich nicht die verrückte Investition sein, die sie gerade getätigt haben, die ihnen schaden wird. Es werden wahrscheinlich die Dinge sein, die sie tun, wenn sie glauben, dass etwas Schlimmes passieren wird. Es ist die reflexartige Reaktion", lautete die Einschätzung des Hedgefondsmanagers. Private Investoren seien in ihren Möglichkeiten zur kosteneffizienten Risikominderung jedoch eingeschränkt.

Warnung vor "Diworsifizierung"

So kritisierte der Börsenkenner, dass in der modernen Finanzwelt immer wieder von der Maximierung der risikoadjustierten Rendite die Rede sei, diese Bezeichnung sei jedoch nicht korrekt. "Es ist eine Art Deckmantel oder Vorwand: 'Risikoangepasste Renditen' sollen von dem ablenken, worauf es wirklich ankommt, und das ist natürlich die Maximierung des Vermögens im Laufe der Zeit. Das ist das Einzige, was letztlich zählt," erklärte Spitznagel. So werde oft Diversifizierung als Mittel gegen Risiken genannt, der Hedgefondsmanager nennt diese Vorgehensweise jedoch "Diworsifizierung" als Anspielung auf den englischen Begriff "worse" für "schlechter". Achte man als Anleger nämlich auf ein diversifiziertes Portfolio, sei langfristig mit einer sinkenden Gesamtrendite zu rechnen. Risikominderung bedeute bei Kleinanlegern daher nicht, das Depot gegen Crashs zu sichern, sondern sich vor "Dummheiten" zu schützen, die man aus Angst heraus begeht.

Bargeldreserven aufstocken

Statt also auf Optionen zu wetten oder das Portfolio mit vermeintlich sicheren Anlagen wie Gold auszustatten, sollten sich besorgte Privatanleger eher zum Teil aus dem Aktienmarkt zurückziehen, so Spitznagel gegenüber dem Magazin. Hier könne es sich lohnen, die von der Börse abgezogenen Gelder in die eigenen Bargeldreserven zu stecken, um eine mögliche Abwärtsphase am Markt besser zu überstehen und anschließend gestärkt wieder einsteigen zu können.

Buffett-Tipp zu S&P 500-Fonds

Alternativ empfiehlt der Experte den Einstieg in einen S&P 500-Indexfonds, wie auch Berkshire Hathayway-Chef Buffett in der Vergangenheit riet. "Kaufen Sie einfach einen kostengünstigen, breit gefächerten Index, und stellen Sie sicher, dass Sie sich nicht in eine Lage bringen, in der Sie ihn verkaufen müssen, wenn der Markt um 20 Prozent fällt", schlug Spitznagel vor. "Das klingt wie der Rat, den Buffett gibt, und wenn er der größte Investor ist, der je gelebt hat und wahrscheinlich je leben wird - und das ist er -, dann ist das wahrscheinlich ein ziemlich guter Rat." Wenn es zu einer Schwächephase komme, können Kleinanleger ihre Position in den Fonds auch bedenkenlos aufstocken, so der Hedgefondsmanager.

Buffett lässt Fitch-Downgrade kalt

Buffett, den Spitznagel im Interview einen "Helden als Investor" nannte, scheint das Fitch-Downgrade hingegen gelassen zu sehen. Im Interview mit CNBC erklärte die Börsenlegende, dass es von Seiten der US-Regierung sicherlich Verbesserungsbedarf gebe, was die Finanzpolitik des Landes angehe, der Stand des US-Dollars jedoch trotzdem für sich spreche. "Der US-Dollar ist die Reservewährung der Welt, und jeder weiß das", versicherte das "Orakel von Omaha" gegenüber dem TV-Sender. Dementsprechend werde er auch weiterhin US-Staatsanleihen in Milliardenhöhe einkaufen, um das Depot von Berkshire Hathaway abzusichern.

Redaktion finanzen.ch

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