11.03.2020 15:00:00

Wirtschaft im Krisenmodus – Können die Notenbanken noch helfen?

Die Fed hat es bereits vor wenigen Tagen getan, heute ist die Bank of England mit einer Zinssenkung gefolgt. Die Erwartungen vieler Marktteilnehmer richten sich auf die morgige Sitzung der EZB. Experten stellen sich allerdings die Frage, ob die Maßnahmen überhaupt noch greifen.

Zinssenkungen und kein Ende

Heute traf sich die englische Notenbank zu einer Sondersitzung. Die Mitglieder des Rats beschlossen einstimmig, den Leitzins um 50 Basispunkte auf 0,25 Prozent zu senken. Anleger warten gespannt, was die EZB bei ihrer morgigen Sitzung entscheidet, um die Finanzmärkte zu beruhigen. Experten erwarten mit Blick auf die Geldmarkt-Futures, dass die EZB bis zum Ende des zweiten Quartals den Einlagenzins in zwei Schritten um zwanzig Basispunkte auf dann -0,70 Prozent senken wird. Der Weg ist klar. Experten stellen sich allerdings die Frage, ob das Pulver in Zeiten bereits bestehender Negativzinsen nicht schon verschossen ist.

Packt Lagarde die Bazooka aus?

Wolfgang Bauer, Fondsmanager im Anleiheteam von M&G Investments, sieht für die EZB auf der morgigen geldpolitischen Sitzung drei Optionen. Die drastische Bazooka-Variante wäre aus seiner Sicht eine Reduzierung des Zinssatzes um mindestens 25 Basispunkte auf dann -0,75 Prozent und eine Erhöhung des monatlichen Anleihen-Kaufprogramms auf 80-100 Milliarden Euro. Das Risiko der Strategie wäre aus der Perspektive des Fondsmanagers, dass die Notenbank ihr Pulver verschossen hätte, wenn die Wirkung ausbleibt. Eine moderatere Variante wäre eine Zinssenkung um zehn Basispunkte und eine Ausweitung des aktuellen Anleihekaufprogramms von 20 Milliarden auf möglicherweise 60-80 Milliarden Euro. Das Risiko dieser Variante liegt aus Sicht des Fondsmanagers darin, dass die Maßnahmen nicht ausreichen, um die Märkte zu beruhigen. Für unwahrscheinlich hält Bauer die dritte Möglichkeit, dass die EZB überhaupt nicht reagiert.

Cash is king

Salman Baig, Multi Asset-Manager beim Vermögensverwalter Unigestion, beobachtet, dass die Senkung der Zinsen in den USA wenig bewirkt hat: „Die größte Zinssenkung der letzten zehn Jahre und die beruhigenden Worte von Jerome Powell haben die Finanzmärkte diesmal nicht beruhigt.“ Aus Sicht des Experten preisen die Märkte für die nächste planmäßige Sitzung der Fed am 17. und 18. März eine weitere starke Senkung ein. Das könne einen noch deutlicheren Rückgang der Zinsen bedeuten als im Oktober 2008 nach der Pleite der Lehman-Bank. Unigestion weist darauf hin, dass die aktuelle Situation die erste globale Krise im Social Media-Zeitalter ist, was möglicherweise zur Verbreitung von Panik beitragen kann. „Da der Schutz durch Optionsstrategien bei den sehr hohen Volatilitäten zu teuer geworden ist und Anleihen allein ein diversifiziertes Portfolio nicht schützen können, sind wir der Meinung, dass eine Erhöhung der Cash-Allokation die beste Möglichkeit ist, das Portfolio in naher Zukunft zu bewahren. Im Lande der Unsicherheit ist Cash König“, so der Kapitalmarkt-Stratege.

Mit vereinten Kräften

Der Vermögensverwalter BlackRock plädiert für eine verstärkte Koordination von Geld- und Fiskalpolitik. „Einfach nur den begrenzten geldpolitischen Spielraum zu nutzen, der noch übrig ist – Zinsen, Vorausschau (Forward Guidance) oder auch quantitative Lockerung – könnte den Makrofokus schnell auf mangelnde verfügbare Instrumente lenken und sich somit als Bumerang erweisen“, erläutern die Experten des BlackRock Investment Institute (BII). „Der einzige Weg dies anzugehen besteht darin, zusätzliche Verteidigungslinien aufzubauen und die Fiskalpolitik zu einem ausdrücklichen Bestandteil der Antwort auf die Krise zu machen.“ Die Markt-Strategen schlagen ein internationales Vorgehen vor, das drei Punkte umfasst. Zur Entlastung privater Haushalte sollten finanzielle Regelungen im Falle von Kurzarbeit oder krankheitsbedingter Ausfälle von Arbeitnehmern umgesetzt werden. Für Unternehmen und Selbständige schlägt das BII Kürzungen von Steuern und Sozialabgaben, einen Erlass von Schulden sowie Finanzspritzen vor. Darüber hinaus sollten Notenbanken den Geschäftsbanken zusätzliche Liquidität zur Verfügung stellen, die diese an die Unternehmen – möglicherweise mit staatlichen Garantien – weiterreichen können.

Dr. Michael Heise, ehemaliger Chef-Volkswirt der Allianz Gruppe, warnt auf FundResearch vor den Gefahren monetärer Staatsfinanzierung und verweist auf die Grenzen fiskalpolitischer Möglichkeiten. „Die Empfehlung von progressiven Ökonomen in den USA, die Budgetbeschränkung für Regierungen weitgehend abzuschaffen, beruht auf politischen Idealvorstellungen, die in der Realität nicht gegeben sind“, so Heise. Aus seiner Sicht sind die Verlockungen groß, dass Politiker mit Blick auf künftige Wahlen, Geld für Sozial-Transfers statt für Investitionen mit langfristig positivem Wachstumseffekt verwenden.

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