14.09.2020 07:30:00

Die Unverfrorenen

FundResearch blickt auf die vergangene Woche zurück und gibt einen Ausblick auf künftige Ereignisse. Im Fokus diesmal: Die CSU scheitert mit ihrer Forderung nach Kaufprämien für Diesel und Benziner.

Rückblick auf die vergangene Woche

In der vergangenen Woche ist viel passiert. Griechische und türkische Kriegsschiefe kreisen immer noch umeinander, das Flüchtlingslager Moria ist abgebrannt, die weißrussische Oppositionsführerin Maria Kalesnikava zerreißt während ihrer Entführung durch den KGB ihren Reisepass, Donald Trump muss einräumen, dass er bereits im Januar über die Gefahren des Corona-Virus informiert war, Olaf Scholz muss im Bundestag Rede und Antwort stehen und seine Erinnerungslücken im Zusammenhang mit Cum-Ex-Geschäften der Warburg Bank erklären, … und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer sinniert über die Einführung von gendergerechten weiblichen Dienstgraden bei der Bundeswehr.

Dann wäre da noch der sogenannte Autogipfel zu nennen. Am Dienstag vergangener Woche trafen sich die Autolobby und Regierung im Kanzleramt, um über neue Subventionen für die Autoindustrie zu reden. Eine Sonderrolle nahm dabei Andreas Scheuer ein: einerseits Minister und Regierungsmitglied und gleichzeitig eifrigster Wortführer und Lobbyist der Autoindustrie. Scheuer forderte erneut Verbrenner-Kaufprämien, um die in der Corona-Krise zurückgegangene Nachfrage anzukurbeln. Autos mit Verbrennungsmotoren würden derzeit auf Halde produziert. „Die müssen vom Hof“, argumentierte Scheuer. Scheuer warnte vor einer Massenarbeitslosigkeit in der Autobranche mit Hunderttausenden Beschäftigten. Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder pflichtete seinem Parteigenossen bei und schwabulierte, viele hätten den Ernst der Lage noch nicht verstanden. 

Nun ja, In Deutschland stehen zwar tatsächlich viele Autos mit Verbrenner-Motoren „auf dem Hof“. Doch dazu gibt es zwei Dinge zu sagen. Erstens: Das hat nichts mit der Coronakrise, sondern mit verfehlter Modellpolitik zu tun. Niemand hat die Konzerne dazu gezwungen, hierzulande Hunderttausende Autos zu produzieren, die aus verschiedenen Gründen immer weniger gefragt sind. Zweitens, der „Ernst der Lage“, den Markus Söder mit sorgengefalteter Stirn vorgetragen hat, sieht so aus: Der Globus besteht nicht nur aus Bayern, sondern ist rund. Deutschland ist für die deutschen Hersteller schon lange nur noch ein Markt unter vielen. Die Musik spielt viel lauter in Asien. Insbesondere in China. Und da erzielen Daimler, VW und BMW schon seit Mai wieder satte Gewinne, die auch die Gesamtbilanzen der Autokonzerne mehr als nur aufhübschen. 

So wird Daimler im Jahr 2020 trotz hoher Verluste im ersten Halbjahr auch ohne deutsche Steuergeschenke wieder schwarze Zahlen schreiben. Auch VW wird trotz Absatzeinbruch im ersten Halbjahr in der Jahresbilanz 2020 wohl wieder einen Gewinn ausweisen, die Luxusmarke Porsche rechnet unverändert mit zweistelligen operativen Umsatzrenditen fürs Gesamtjahr. Und bei BMW brummt das China-Geschäft schon seit April wieder. In Deutschland läuft seit Juni der reguläre Schichtbetrieb. Für das erste Halbjahr vermeldete BMW einen Nettogewinn von 362 Millionen Euro, vermutlich wird der Konzern für 2020 einen Milliardengewinn ausweisen. Auch die rund 58 Milliarden Euro Eigenkapital des bayerischen Automobilkonzerns haben sich seit Jahresanfang kaum verringert. So viel zum „Ernst der Lage“ und zur Unverforenheit der Forderungen nach weiterer Subventionierung gewinnsatter Konzerne durch die Steuerzahler.

Die gute Nachricht der Woche lautet, dass sich Angela Merkel von ihren bayerischen Politkollegen nicht über den Tisch ziehen ließ. Die Autobosse zogen unverrichteter Dinge wieder ab. Es soll immerhin den Zulieferern geholfen werden – mit Fokus auf neue Technologien und Förderung der Elektromobilität. Es hat sich etwas getan in Berlin. Nur Andreas Scheuer hat das offensichtlich mal wieder nicht so richtig mitbekommen. 

By the way: Es gäbe für die Autoindustrie da noch die Möglichkeit, so zu handeln, wie alle anderen Unternehmer es tun, wenn sie unverkäufliche Ware im Lager herumstehen haben: Preise drastisch reduzieren und raus damit. Und zwar ohne den Kunden über Steuersubventionen das Geld hinten herum wieder aus der Tasche zu ziehen.  

Ausblick auf die wichtigsten Termine in dieser Woche

Am Dienstag veröffentlicht das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) die Konjunkturerwartungen für Deutschland und die Europäische Union. Die Zahlen werden vermutlich nicht ganz so gut sein wie im August, aber trotzdem ermutigend. Die Tristesse des Coronatiefs haben die befragten institutionellen Anleger mittlerweile hinter sich gelassen. Man schaut vorsichtig optimistisch in die Zukunft. 

Am Mittwoch verkündet die US-Notenbank Fed ihre Zinssatzentscheidung. Aktuell liegt der Leitzins bei 0,25 Prozent. Es gibt eigentlich keinen Grund, daran etwas zu ändern. Von einer Zinserhöhung wagt Niemand zu sprechen. Und mit einer erneuten Zinssenkung würde die Fed ihr letztes Pulver verschießen. Aber wer weiß? Die USA sind in den vergangenen Jahren immer für eine Überraschung gut gewesen.

Am Donnerstag berichtet die Bank of England über ihre Maßnahmen zum aktuellen Anleiheaufkaufprogramm, mit dem die Notenbank die britische Wirtschaft stützen will. Es geht mittlerweile um Billionenbeträge. Aber man gewöhnt sich in diesen Zeiten ja an alles.

Apropos Gewöhnung: Am Freitag veröffentlicht das Bureau of Economic Analysis Zahlen zur aktuellen Leistungsbilanz der USA. Das Minus vor den dreistelligen Milliardenbeträgen, die hier ausgewiesen werden, gehören schon lange zum Geschäftsmodell der USA. Man konsumiert ausländische Produkte und Dienstleistungen und verkauft im Gegenzug die eigenen Schulden an internationale Investoren. Great Deal.

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