Rechtsstreit 03.09.2022 22:43:00

Verfahren wegen NFT-Insiderhandels: NFTs laut angeklagtem Ex-OpenSea-Manager keine Wertpapiere

Verfahren wegen NFT-Insiderhandels: NFTs laut angeklagtem Ex-OpenSea-Manager keine Wertpapiere

• Ex-OpenSea-Manager soll von Insiderwissen Gebrauch gemacht haben
• Anwälte fordern Einstellung des Verfahrens
• Bis zu 20 Jahre Gefängnisstrafe möglich


Ex-OpenSea-Manager betreibt NFT-Insiderhandel

Anfang Juni gab das US-amerikanische Justizministerium bekannt, dass Nathaniel Chastain, ein ehemaliger Produktmanager bei OpenSea, dem größten Marktplatz für Non-Fungible Tokens (NFTs), wegen Betruges und Geldwäsche angeklagt wurde. So soll Chastain exklusive Insiderinformation darüber, welche NFTs bald den Weg auf die Plattform finden, genutzt haben, um sich finanziell zu bereichern. OpenSea habe nicht öffentlich gemacht, welche Sammelobjekte bald zum Verkauf stehen, nachdem diese aber auf dem Marktplatz veröffentlicht wurden, seien diese im Preis in der Regel deutlich gestiegen, heißt es in der Anklageschrift. Zwischen Juni und September 2021 soll Chastain diese Informationen genutzt haben, um mehrere der NFTs vor dem OpenSea-Verkaufsstart zu erstehen und anschließend mit einem zwei- bis fünffachen Gewinn zu verkaufen. Die Transaktionen seien über anonyme Wallets erfolgt, mit denen der Ex-OpenSea-Manager seine Identität verschleiern wollte. Im September 2021 verließ er das Unternehmen dann.

Erster Fall von Insiderhandel mit digitalen Vermögenswerten

"NFTs mögen neu sein, aber diese Art von kriminellen Machenschaften ist es nicht", so Staatsanwalt Damian Williams laut einer Mitteilung der Behörde. "Wie behauptet, hat Nathaniel Chastain OpenSea getäuscht, indem er dessen vertrauliche Geschäftsinformationen nutzte, um für sich selbst Geld zu verdienen. Die heutigen Anklagen zeigen das Engagement dieses Ministeriums, den Insiderhandel auszumerzen - egal ob er an der Börse oder in der Blockchain stattfindet." Auch Michael J. Driscoll vom FBI erklärte gemäß der Meldung, dass es sich bei den Vorwürfen gegen Chastain um eine altbekannte Betrugsart handle, auch wenn NFTs ein noch neues Phänomen sind. "In diesem Fall hat Chastain, wie behauptet, ein uraltes Schema zur Begehung von Insiderhandel gestartet, indem er sein Wissen über vertrauliche Informationen nutzte, um Dutzende von NFTs zu kaufen, bevor sie auf der Homepage von OpenSea vorgestellt wurden", so Driscoll. "Bei jedem neuen Anlageinstrument, wie z. B. Blockchain-gestützten nicht-fungiblen Token, gibt es diejenigen, die Schwachstellen zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzen wollen. Das FBI wird weiterhin aggressiv gegen Akteure vorgehen, die den Markt auf diese Weise manipulieren wollen."

Chastains Anwälte: NFTs sind keine Wertpapiere

Nun forderte Chastain beim US-Bezirksgericht für den südlichen Bezirk New Yorks, dass die Anklage gegen ihnen fallen gelassen wird, wie aus einem Schreiben seiner Anwälte hervorgeht. Dem Angeklagten wird vorgeworfen, die als "Wire Fraud" bezeichnete Betrugsmasche angewendet zu haben, die sich dadurch auszeichnet, dass dabei das Internet oder andere Telekommunikationsmittel verwendet wurden. Den Juristen zufolge wurde in einem Urteil im Fall "Carpenter v. United States" ebenfalls dieser Vorwurf erhoben, Gegenstand des Betrugs seien aber Wertpapiere gewesen. Dies bleibe in so einem Fall "ein wesentliches Element der Straftat", so Chastains Anwälte in dem Schreiben. "Folglich kann ohne jegliche Verbindung zu den Finanzmärkten kein Insiderhandel, in welcher Form oder in welchem Zusammenhang auch immer, vorliegen." Stattdessen sei der NFT-Handel mit "einem Schaufenster einer Kunstgalerie" zu vergleichen, das "keinen bestimmbaren wirtschaftlichen oder verkaufbaren Wert hat und auf den unausgesprochenen Gedanken eines Angestellten beruht".

Geldwäsche mittels Ethereum-Blockchain unmöglich?

Darüber hinaus sei diese "neuartige Theorie der Geldwäsche", die die US-Regierung mit der Anklage gegen Chastain verfolgen wolle, unschlüssig, da die Transaktionen auf der Ethereum-Blockchain platziert wurden und damit öffentlich einsehbar waren. "Tatsächlich hat der Angeklagte, wie in der Anklageschrift behauptet, nichts anderes getan, als Geld auf offensichtliche und wahrnehmbare Weise zu bewegen", halten Chastains Anwälte fest. "Die einfache und offensichtliche Bewegung von Geld stellt jedoch keine Geldwäsche dar. Schließlich hat die Regierung nicht behauptet und kann auch nicht behaupten, dass die relevanten Kryptowährungsbewegungen - von einer persönlichen digitalen Geldbörse zu einer anderen persönlichen digitalen Geldbörse - als 'finanzielle Transaktion' im Sinne des Geldwäschegesetzes gelten." Daher müsse die Anklage gegen den Ex-OpenSea-Manager fallen gelassen werden.

Dem US-Justizministeriums zufolge könnte auf Chastain eine Freiheitsstrafe von bis zu 20 Jahren zukommen, sollte es zu einer Verurteilung kommen.

Trotz Klage: Chastain will eigene NFT-Plattform aufbauen

"CoinDesk" zufolge hat sich Chastain aber trotz seiner skandalträchtigen Zeit bei OpenSea nicht aus der Branche zurückgezogen. So arbeitet der Angeklagte derzeit an seiner eigenen NFT-Plattform, die auf den Namen Oval hört, und es Nutzern ermöglichen soll, unkompliziert NFTs zu finden, die dem persönlichen Geschmack entsprechen. Dem Krypto-Portal zufolge habe das Startup Ende Februar 2022 Interesse geäußert, eine Finanzierungsrunde über drei Millionen US-Dollar abzuschließen. Die Webseite des Projekts, auf der man sich im April noch als Interessent für zukünftige Updates eintragen konnte, ist mittlerweile aber nicht mehr erreichbar.

SEC-Chef: Bitcoin könnte als Rohstoff eingeordnet werden - Ether & Co. als Wertpapiere

Mit dem derzeitigen Trend um Kryptowährungen wie Bitcoin, Ether & Co., aber auch andere Krypto-Assets wie NFTs, fehlt Regierungsbehörden derzeit noch eine genaue Definition der digitalen Handelsgüter. So berichtete etwa die Nachrichtenagentur "Bloomberg" im März 2022, dass die US-Aufsichtsbehörde Securities and Exchange Commission (SEC) prüfe, ob digitale Vermögenswerte gesetzlich wie Wertpapiere behandelt werden sollten. Erst kürzlich zeigte sich Gary Gensler, der kryptokritische Chef der Behörde, gegenüber "CNBC" bereit, den Bitcoin als Rohstoff einzuordnen. Alle anderen Kryptowährungen seien jedoch als Wertpapiere einzuschätzen. Bereits im Dezember 2020 reichte die SEC außerdem Klage gegen Ripple Labs, den Betreiber der Kryptowährung Ripple, ein. Ripple soll mithilfe eines unregistrierten Wertpapierangebots 1,3 Milliarden US-Dollar eingenommen, lautete der Vorwurf. Noch ist der Rechtsstreit zwischen den beiden Parteien jedoch nicht vom Tisch. Das anstehende Urteil wird als wegweisend für die Kryptobranche gesehen.

Redaktion finanzen.at

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