FRANKFURT (Dow Jones)--Die europäischen Aktienmärkte sind am Donnerstag von der Zinsentscheidung der EZB deutlich ins Minus gedrückt worden. Die Ankündigung einer Zinserhöhung um 0,25 Prozent erst auf der nächsten Juli-Sitzung wurde als die kleinstmögliche Reaktion auf die hohe Inflation gewertet. Zudem verschreckte die Inflationsprognose: Die EZB erwartet dieses Jahr eine Inflation von 6,8 Prozent und 2023 von 3,5 Prozent. Analysten hatten aber für kommendes Jahr schon auf einen deutlicheren Rückgang unter 2,5 Prozent gesetzt. Entsprechend müsste der Zinserhöhungszyklus nun länger laufen als bisher gedacht. Dazu liegt die Prognose der EZB damit bis Ende des Jahres 2023 dauerhaft über ihrem Inflationsziel von 2 Prozent.
Dies trieb besonders in Italien die Renditen der 10-jährigen Staatsanleihen nach oben. Sie lagen vor der EZB-Sitzung am Mittag noch um 3,4 Prozent, sprangen danach aber in Richtung 3,7 Prozent. Damit wuchs die Sorge vor einer Fragmentierung des Euroraums. Der DAX verlor 1,7 Prozent auf 14.199 Punkte, für den Euro-Stoxx-50 ging es um 1,7 Prozent nach unten auf 3.724 Zähler. Unter Druck standen europaweit die zinssensiblen Technologiewerte wie Infineon (-3,4%). Einzelhandelstitel fielen mit zwei Gewinnwarnungen.
EZB-Entscheidung reicht noch lange nicht
Der Präsident des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, bewertete die Zinsentscheidung der EZB als "einen richtigen Schritt, der aber zu spät kommt". Es sei nicht akzeptabel gewesen, dass die EZB bei einer Inflation von 8 Prozent an Negativzinsen und Anleihenkäufen festgehalten habe.
Ulrike Kastens, Europa-Volkswirtin der DWS, warf die Frage auf, warum die EZB nicht bereits am Donnerstag gehandelt habe und warnte: "Bereits jetzt liegt die Kernrate der Inflation bei 3,8 Prozent, obwohl sich die Lohnsteigerungen noch in Grenzen halten". Der anhaltend hohe Inflationsdruck werde die Notenbank zwingen, beherzter und aggressiver die Zinsen zu erhöhen.
Wie aktuell das Problem eines Inflationsdrucks durch eine Lohn-Preis-Spirale ist, zeigten die Warnstreiks deutscher Hafenarbeiter. Für die 12.000 Beschäftigten an den 58 deutschen Häfen fordert die Gewerkschaft Verdi hohe Lohnsteigerungen. Logistik-Aktien wie Deutsche Post und Hapag-Lloyd fielen bis zu 3,2 Prozent.
Inflation zieht Einzelhandel nach unten
Im Einzelhandel riss die Welle schlechter Nachrichten nicht ab: So hatte auch der schwedische Online-Händler und Zalando-Wettbewerber Boozt den Ausblick gesenkt. Die Aktien brachen 18 Prozent ein. In London hatte DFS Furniture gewarnt, die Titel fielen um 12 Prozent.
Hierzulande verloren darauf Zalando 8,5 Prozent, Westwing 7,8 Prozent. Umsatzdaten von Deutschland bis Großbritannien und Gewinnwarnungen wie von Walmart und Target in den USA hatten bereits gezeigt, dass die Kaufkraft von Energie- und Lebensmittelpreisen in die Zange genommen wird.
EDF und Beiersdorf gegen den Markt im Plus
Beiersdorf legten um 4,2 Prozent zu. Neben der baldigen Wiederaufnahme in den DAX-Index trieben positive Aussagen vom Kapitalmarkttag: Das Consumer-Geschäft soll mittelfristig stärker wachsen als der Markt.
Beim französischen Atomstromversorger EDF ging es um 6,3 Prozent noch oben. Kurstreiber war ein Bericht in "Les Echos", wonach die Regierung eine vollständige Übernahme des Versorgers erwäge. Frankreich hält bereits 84 Prozent der EDF-Anteile. Händler setzen nun auf eine ordentliche Prämie für die Aktie. Hochtief gaben 5,6 Prozent nach wegen einer Kapitalerhöhung.
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Index Schluss- Entwicklung Entwicklung Entwicklung
stand absolut in % seit
Jahresbeginn
Euro-Stoxx-50 3.724,45 -64,48 -1,7% -13,4%
Stoxx-50 3.600,19 -49,13 -1,3% -5,7%
Stoxx-600 434,38 -5,99 -1,4% -11,0%
XETRA-DAX 14.198,80 -247,19 -1,7% -10,6%
FTSE-100 London 7.483,08 -109,92 -1,4% +2,8%
CAC-40 Paris 6.358,46 -90,17 -1,4% -11,1%
AEX Amsterdam 699,58 -11,41 -1,6% -12,3%
ATHEX-20 Athen 2.140,66 -21,85 -1,0% -0,1%
BEL-20 Brüssel 3.852,71 -48,33 -1,2% -10,6%
BUX Budapest 39.663,15 -687,28 -1,7% -21,8%
OMXH-25 Helsinki 4.852,57 -57,19 -1,2% -11,9%
ISE NAT. 30 Istanbul 2.838,22 +31,85 +1,1% +40,2%
OMXC-20 Kopenhagen 1.689,70 -32,66 -1,9% -9,4%
PSI 20 Lissabon 6.334,92 -33,19 -0,5% +13,2%
IBEX-35 Madrid 8.711,20 -131,50 -1,5% -0,0%
FTSE-MIB Mailand 23.776,97 -459,70 -1,9% -11,4%
RTS Moskau 1.212,58 -61,15 -4,8% -24,0%
OBX Oslo 1.154,87 -6,33 -0,5% +8,1%
PX Prag 1.345,07 +0,02 +0,0% -5,7%
OMXS-30 Stockholm 2.044,06 -25,88 -1,3% -15,5%
WIG-20 Warschau 1.767,50 -25,30 -1,4% -22,0%
ATX Wien 3.316,83 -46,76 -1,4% -12,7%
SMI Zürich 11.322,43 -144,96 -1,3% -12,1%
Rentenmarkt zuletzt absolut +/- YTD
Dt. Zehnjahresrendite 1,43 +0,08 +1,61
US-Zehnjahresrendite 3,04 +0,02 +1,53
DEVISEN zuletzt +/- % Do, 10:00 17:31 Uhr % YTD
EUR/USD 1,0656 -0,6% 1,0698 1,0738 -6,3%
EUR/JPY 142,84 -0,7% 142,86 143,78 +9,1%
EUR/CHF 1,0418 -0,7% 1,0481 1,0467 +0,4%
EUR/GBP 0,8510 -0,4% 0,8563 0,8559 +1,3%
USD/JPY 134,04 -0,1% 133,46 133,88 +16,5%
GBP/USD 1,2522 -0,1% 1,2495 1,2547 -7,5%
USD/CNH (Offshore) 6,6927 -0,1% 6,6923 6,6899 +5,3%
Bitcoin
BTC/USD 30.311,79 -0,2% 30.506,34 30.459,14 -34,4%
ROHÖL zuletzt VT-Settl. +/- % +/- USD % YTD
WTI/Nymex 121,81 122,11 -0,2% -0,30 +67,4%
Brent/ICE 123,21 123,58 -0,3% -0,37 +63,3%
METALLE zuletzt Vortag +/- % +/- USD % YTD
Gold (Spot) 1.845,38 1.853,43 -0,4% -8,06 +0,9%
Silber (Spot) 21,71 22,06 -1,6% -0,35 -6,9%
Platin (Spot) 976,83 1.009,50 -3,2% -32,67 +0,7%
Kupfer-Future 4,39 4,46 -1,6% -0,07 -1,5%
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DJG/mod/flf
(END) Dow Jones Newswires
June 09, 2022 12:08 ET (16:08 GMT)