15.05.2023 16:33:42
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Wirtschaftsministerium setzt auf Hafen Mukran auf Rügen für LNG-Ausbau
Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Die Bundesregierung ist trotz des Widerstands auf der Ferieninsel Rügen für den Bau von Flüssiggasterminals im Industriehafen Mukran. Die beiden stationären schwimmenden sogenannten LNG-Anlagen, auch als FSRU bekannt, sollen 10 Milliarden Kubikmeter Gas bereitstellen können. Damit soll einem möglichen Versorgungsengpass im kommenden Winter entgegengewirkt werden. Der Standort Mukran ist nach Angaben aus dem Wirtschaftsministerium in die geplante Novelle des LNG-Beschleunigungsgesetzes aufgenommen worden.
"Sind diese (Sicherheitspuffer) nicht gesichert, ist eine kritische Gasversorgungslage im kommenden Winter 2023/24 im Falle andauernder kalter Temperaturen wahrscheinlicher. Die Folgen wären sich rasch entleerende Gasspeicher, stark steigende Gaspreise, bis hin zu einer möglichen Gasmangellage in Deutschland", heißt es in einer Einschätzung des Wirtschaftsministeriums, in die Dow Jones Newswires Einblick hat.
Eine abschließende Entscheidung über den Standort Mukran gibt es allerdings noch nicht. Diese muss nun von der SPD-geführten Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern getroffen werden. Eine Inbetriebnahme der Anlage ist laut Wirtschaftsministerium im ersten Quartal 2024 denkbar.
Mit dem Standort Hafen Mukran entscheidet sich das Ministerium gegen den ursprünglich angedachten Standort auf See vor Sellin mit einer Anbindung an die Ferngasleitung in Lubmin.
Die beiden FSRUs im Hafen Mukran werden laut Ministerium von der Deutschen ReGas privatwirtschaftlich betrieben. Für die Hafeninfrastruktur wird demnach mit dem Hafen Mukran geplant. Offen sei noch derzeit noch, wer den Bau der Anbindungsleitung anstelle des Konzerns RWE übernehmen wird, der sich von dem Vorhaben zurückgezogen hat. Dazu fänden Gespräche mit dem Fernleitungsnetzbetreiber Gascade statt, der offiziell noch keine Rolle in dem Projekt hat, heißt es im Ministerium.
Leitungen nach Lubmin
Mit der Anlage in Mukran soll über eine rund 50 Kilometer lange Gasleitung das regasifizierte Gas durch den Greifswalder Bodden an den Anlandepunkt Lubmin geleitet werden. Eine direkte Anlandung im Hafen von Lubmin ist wegen des flachen Gewässers nicht möglich. In Lubmin befinden sich die Anlandestation für die Nord-Stream-Gasröhren, über die bis zum vergangenen Sommer große Mengen an russischem Erdgas in den Süden und Osten geliefert wurden.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) war vergangenen Freitag auf Rügen, um die Verantwortlichen der Landesregierung von der Notwendigkeit des LNG-Vorhabens zu überzeugen. Gemeinsam mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) war er bereits Ende April vor Ort. Ortsansässige sehen das Projekt kritisch. Sie befürchten etwa negative Auswirkungen für die Umwelt und den Tourismus.
Die Bundesregierung hält an dem Projekt fest, da ihrer Ansicht nach wegen des Ausbleibens russischer Gaslieferungen über die Nord-Stream-Pipelines die Versorgungssicherheit in Ostdeutschland und auch Gesamtdeutschland mit weiteren LNG-Terminals gestärkt werden müsse.
Mit der Nutzung des Hafens in Mukran dürften die Kosten für den Ausbau der Infrastruktur für Flüssiggas und der FSRUs in Deutschland bei rund 10 Milliarden Euro liegen.
Die Novelle des LNG-Beschleunigungsgesetzes sieht zudem vor, dass im Zuge des Wasserstoff-Hochlaufes und des Aufbaus eines deutschlandweiten Wasserstoffnetzes außerdem die Nachnutzung landgebundener LNG-Terminals mit Wasserstoffderivaten konkretisiert werden sollen. Landgebundene Terminals sollen dem Gesetzentwurf zufolge nur für eine begrenzte Zeit mit Erdgas zu betrieben und eine nachhaltige, klimaneutrale Nachnutzung von Anfang an sichergestellt werden.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
DJG/aat/mgo
(END) Dow Jones Newswires
May 15, 2023 10:34 ET (14:34 GMT)

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