15.10.2025 08:01:00

Wifo/ASCII kritisieren verwässerte Version von EU-Lieferkettengesetz

Im EU-Parlament zeichnet sich Zustimmung zu einer verwässerten Version des Lieferkettengesetzes ab, das Firmen verpflichtet, Menschenrechte und Umweltschutz bei Zulieferbetrieben einzufordern. Die am Montag im Rechtsausschuss des EU-Parlaments angenommene Version des Gesetzes würde aber weiter hohe bürokratische Kosten verursachen und zugleich die meisten Verstöße und Risiken unentdeckt lassen, kritisieren Wifo und das Supply Chain Intelligence Institute Austria (ASCII).

Die 2024 in Kraft getretene EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) verpflichtet Unternehmen zur Überprüfung der Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz entlang ihrer gesamten Lieferketten. Die nun zur Abstimmung im EU-Parlament vorbereitete neue Version betrifft aber nur mehr deutlich größere Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von mindestens 1,5 Mrd. Euro. Statt, wie ursprünglich geplant, entlang der gesamten Lieferkette zu greifen, beschränke die in der EU "Omnibus-Paket" genannte Novellierung aber die Verantwortung von Unternehmen künftig weitgehend auf direkte Zulieferer. "Dadurch würden die meisten Verstöße und Risiken unberührt bleiben" schreibt Klaus Friesenbichler, stellvertretender Direktor des ASCII und Senior Economist am Wifo in der Analyse, die am Mittwoch veröffentlicht wurde.

Grobe Verstöße meist nicht bei direkten Zulieferern

Denn die gröbsten Verstöße fänden nicht bei den direkten Zulieferern sondern weiter entfernt in der Lieferkette statt. Als Beispiel nennt Friesenbichler die Kobaltproduktion im Kongo. Dort werde oft unter Einsatz von Kinderarbeit und unter lebensgefährlichen Arbeitsbedingungen Kobalt gewonnen, von diesen Betrieben sei es aber ein vielstufiger Weg bis zu den großen europäischen Abnehmern. Damit falle die Kobaltgewinnung aus dem neuen Prüfraster.

Außerdem blieben die Kosten für Zulieferbetriebe trotz einer Absenkung beträchtlich - bei 37.000 bis 500.000 Euro laut Schätzung der EU-Kommission. Wenn aber ein Unternehmen zehn Großkunden beliefere, müsse es sich künftig zehn Audits, womöglich mit unterschiedlichen Kriterien, stellen. Denn die EU gebe keine Methode vor, nach der jedes Unternehmen eigene Risiko- und Berichtssysteme aufbauen soll. "Das Ergebnis: ein Flickenteppich von Insellösungen, die hohe Kosten verursachen, aber wenig Wirkung entfalten", urteilen Wifo und ASCII.

Positivlisten als Bürokratie-Vereinfachung

Wifo und ASCII plädieren für die Schaffung von "Listen mit geprüften, verlässlichen Zulieferern, die Unternehmen ohne weiteren Aufwand beauftragen können, sowie Listen mit nachweislich problematischen Akteuren". Damit würden die vielen, womöglich parallel laufenden Einzelprüfungen entfallen. Positivlisten könnten auch der US-Kritik am Lieferkettengesetz den Wind aus den Segeln nehmen, indem für Unternehmen aus Regionen mit hochwertigen Lieferkettenregulierungen Erleichterungen geschaffen werden.

tsk/jog

WEB https://www.wifo.ac.at/

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