08.07.2013 20:23:58
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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur transatlantischen Freihandelszone
Bielefeld (ots) - Fast wäre es schiefgegangen. Das ehrgeizige
Projekt einer transatlantischen Freihandelszone (TTIP) drohte wegen
der Schnüffelaffäre zu scheitern, bevor die eigentlichen
Verhandlungen gestern beginnen konnten. Empörte Politiker forderten
den Verzicht, mindestens aber die Verschiebung der Gespräche über die
größte Freihandelszone der Welt, in der fast ein Drittel aller Waren
und Dienstleistungen ausgetauscht werden. Die Wut angesichts der
dreisten Bespitzelung durch den US-Geheimdienst NSA ist mehr als
verständlich. Nur geholfen hätte es den Europäern nicht. Die
dümpelnde Wirtschaft hier braucht die Wachstumsimpulse mehr als die
der USA. Das transatlantische Freihandelsabkommen liegt im nationalen
Interesse der EU-Mitgliedsstaaten. Laut einer Studie des »Center for
Economic Policy Research« werden 80 Prozent des Wachstums vom Abbau
sogenannter nicht-tarifärer Handelsschranken erwartet. Damit gemeint
sind die Angleichung und wechselseitige Anerkennung von Standards.
Nicht die eigentlichen Zölle, die im transatlantischen Handel mit im
Schnitt 3,5 bis vier Prozent ohnehin kaum ins Gewicht fallen. Von
einheitlichen Normen und Regeln profitierte vor allem der
Mittelstand. Diese Unternehmen haben oft nicht die Ressourcen, ihre
Produkte für den US-Markt nachzurüsten, anzupassen oder erneut
zertifizieren zu lassen. Viele Geschäfte kommen dadurch gar nicht
erst zustande. Bei Konzernen drücken die nicht-tarifären
Handelshemmnisse auf die Margen. Die Autobauer verlieren Geld an
aufwendige Nachrüstungen, die Pharmaindustrie leidet unter den
kostspieligen Doppel-Zulassungen und der Baubranche sind die
protektionistischen »Buy American«-Bestimmungen bei öffentlichen
Ausschreibungen ein Dorn im Auge. Sich aus Protest gegen die
Spitzeleien selber in den Finger zu schneiden, wäre weder eine kluge
noch Erfolg versprechende Strategie. Stattdessen bieten die
TTIP-Verhandlungen eine Plattform, die politische Krise um die
Datenspionage zu therapieren. Handel beruht nicht minder auf
Vertrauen wie internationale Diplomatie. Ein starkes
Datenschutzabkommen muss oberste Priorität haben. Zugegebenermaßen
macht es das nicht leichter, den ehrgeizigen Fahrplan umzusetzen, bis
Ende 2014 handfeste Ergebnisse auf den Tisch zu legen. Schließlich
gilt es auch, Lösungen für den Dauerstreit um Chemie-Hühnchen,
Hormon-Rinder, Gen-Mais und die Kulturförderung zu finden. Zudem weiß
niemand, ob es beim Tempo hilft oder bremst, dass erstmals zwei
Wirtschaftsblöcke auf Augenhöhe miteinander verhandeln. In weiser
Voraussicht haben beide Seiten das Mandat für die Verhandlungen weit
gefasst. Das gibt den 150 Unterhändlern maximalen Spielraum für
Kompromisse. Hoffentlich kann dieser genutzt werden - für freien und
fairen Handel über den Atlantik, der auf dem Schutz vertraulicher
Daten von Bürgern und Unternehmen gründet.
Originaltext: Westfalen-Blatt Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/pm/66306 Pressemappe via RSS : http://www.presseportal.de/rss/pm_66306.rss2
Pressekontakt: Westfalen-Blatt Nachrichtenleiter Andreas Kolesch Telefon: 0521 - 585261
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