01.07.2014 19:51:59
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Westdeutsche Zeitung: Zu viel Schutz für anonyme Pöbler = von Peter Kurz
Düsseldorf (ots) - Der Bundesgerichtshof sichert den Verfassern
von Kommentaren auf Internet-Bewertungsportalen Anonymität zu. Für
das Urteil lassen sich gewiss gute Gründe finden. Allen voran dieser:
Der Gesetzgeber hat eben diese Anonymität gewollt - dann darf auch
das höchste Zivilgericht eine solche Vorgabe nicht einfach aushebeln.
Dennoch ist der Richterspruch unbefriedigend. Ist er doch so etwas
wie ein Freifahrtschein für Cybermobbing. Natürlich ist die von den
Befürwortern der Netz-Anonymität ins Feld geführte Meinungsfreiheit
ein hohes Gut. Manch einer wird von der Möglichkeit, seine Ansicht
öffentlich kundzutun, keinen Gebrauch machen, wenn er sich dafür mit
seinem Namen offenbaren muss. Dabei kann die Einschätzung eines
solchen eher zurückhaltenden Zeitgenossen in einem öffentlichen Forum
nützlich sein. Es ist in Ordnung, wenn Patienten ihre guten oder
schlechten Erfahrungen, die sie mit dem Doktor hatten, austauschen
können. Doch dabei sollten nicht die Folgen einer Negativkritik
vergessen werden. Zumal, wenn diese unter dem Deckmantel der
Anonymität noch mal besonders "gewürzt" wird. Wer kann verhindern,
dass Kampagnen und Manipulationen stattfinden - indem sich ein
Einzelner mehrfach unter verschiedenen Namen einloggt? Und so ein
(Vor-) Urteil multipliziert, das die anderen Patienten des Arztes
abwandern lässt. Wenn das Internetportal sich dann schützend vor den
"maskierten" Verfasser stellt, hat der Arzt als Zielscheibe der
Kritik keine Chance zur Gegenwehr. Zwar kann er den Betreiber zur
Löschung des Eintrags auffordern. Dafür muss er aber erst einmal
Kenntnis davon haben. Nicht jedes Portal verhält sich so fair wie die
Stiftung Gesundheit, die den Ärzten Gelegenheit zur Stellungnahme und
zur Kommentierung eines Eintrags gibt. Dem Bundesgerichtshof ist
nicht vorzuwerfen, nach den Buchstaben des Gesetzes entschieden zu
haben. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, sein liberales Verhältnis zum
Recht auf Anonymität zu überdenken. Dieses wirkt allzu leicht als
Schutz für anonyme Pöbler.
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