18.08.2014 18:27:58
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Westdeutsche Zeitung: Assange ist zurück im Scheinwerferlicht = von Olaf Steinacker
Düsseldorf (ots) - Aufklärung ist Ärgernis, schrieb der im April
gestorbene Schriftsteller und Kirchenkritiker Karlheinz Deschner
einmal. Er lieferte die Begründung für das Ungemach gleich hinterher:
Wer die Welt erhellt, macht ihren Dreck deutlicher. Er könnte dabei
Menschen wie den Wikileaks-Gründer Julian Assange im Kopf gehabt
haben, der gestern in bekannt öffentlichkeitswirksamer Manier
angekündigt hat, sein Exil in der Londoner Botschaft Ecuadors bald
verlassen zu wollen. Deschners Aphorismus ist wie gemacht für
Assange, den Aufklärer und Erheller, der mit seiner
Enthüllungsplattform so viel Dreck in den dunklen Ecken der Welt
beleuchtete wie kaum jemand vor ihm. Ohne ihn hätte Chelsea Manning,
die wegen Verrats und Spionage zu 35 Jahren Haft verurteilte
Soldatin, die bis zum vorigen Jahr noch Bradley hieß, vermutlich
nicht den Mut gefunden, die Öffentlichkeit über US-amerikanische
Kriegsverbrechen im Irak aufzuklären. Ob es ohne das Vorbild Julian
Assanges einen Whistleblower namens Edward Snowden geben würde, darf
bezweifelt werden. Allerdings gibt es auch kaum einen Helden, zu dem
Assange ohne weiteres hätte werden können, der sich selbst so
demontiert hat wie der Australier. Nicht nur wegen seiner Flucht vor
den schwedischen Behörden - die ihn wohl nicht automatisch in die USA
ausliefern würden, wie Assange fürchtet -, sondern vor allem durch
sein egozentrisches Wesen, das fast alle prominenten Mitstreiter von
Wikileaks verschreckt und das wichtige und notwendige Projekt an die
Grenze des Scheiterns getrieben hat. Wann und vor allem wie Assange
die Botschaft verlassen will, sagt er trotz vieler Worte nicht. Dass
er einfach aus dem Haus spaziert, weil ihm die britische Regierung
freies Geleit garantiert, ist unwahrscheinlich. Möglicherweise gibt
es einen Deal zwischen allen Beteiligten, möglicherweise haben die
Wikileaks-Anwälte auch ein juristisches Schlupfloch entdeckt, das ihm
die Ausreise nach Ecuador ermöglicht. Vielleicht ging es Julian
Assange gestern aber auch nur darum, seinen zwei Jahre andauernden
Zwangsaufenthalt in London einmal mehr zum Thema zu machen. Gelungen
ist ihm das zweifellos. Aber: Auch heiße Luft ist Ärgernis.
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