14.08.2015 13:47:45

UPDATE/Wachstumstempo der Eurozone im Frühjahr unerwartet gebremst

   --Frankreich, Italien und Niederlande schwächeln

   --Deutsche Belebung geringer als erhofft

   --Sorge wegen China und Griechenland trotz robuster Inlandsnachfrage

   --Ökonomen ernüchtert

   (NEU: Einordnung, Einschätzungen von Volkswirten)

   Von Hans-Joachim Koch

   LUXEMBURG/FRANKFURT (Dow Jones)--Die wirtschaftliche Erholung in der Eurozone hat im Frühjahr überraschend an Tempo verloren. Zugleich zeigt sich, wie fragil der jüngste Aufschwung war, der in den kommenden Monaten durch die sich abkühlende chinesische Konjunktur wie auch die anhaltend schwierige Lage in Griechenland weiter belastet werden könnte.

   Wie die Statistikbehörde Eurostat in einer ersten Schätzung meldete, wuchs das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zwischen April und Juni nur um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal, während von Dow Jones Newswires befragte Ökonomen analog zum ersten Quartal mit einem Plus von 0,4 Prozent gerechnet hatten.

Negativüberraschungen der großen Drei Diese Entwicklung hatte sich bereits abgezeichnet, da am Morgen mit Deutschland, Frankreich und Italien die drei größten Volkswirtschaften des Währungsraums unerwartete Wachstumsschwächen zeigten.

   Zumindest im Jahresvergleich legte das Wachstum in der Eurozone einen Gang zu. Es erreichte 1,2 Prozent nach 1,0 Prozent im ersten Quartal. Volkswirte hatten sich allerdings auch hier mit einem Zuwachs von 1,3 Prozent mehr erhofft.

   Aus den Kommentaren der Ökonomen war Ernüchterung herauszulesen. Für die Commerzbank will der Knoten einfach nicht platzen, was auch die Hoffnungen der Europäischen Zentralbank (EZB) enttäusche. Gerade in wichtigen Ländern wie Frankreich oder Italien bremse die Korrektur vorheriger Übertreibungen die Konjunktur.

Abwärtsrisiken nicht unterschätzen Für Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe zeigen sich jetzt die Grenzen bei Erholung und Aufschwungtempo. Der Konsum helfe zwar, doch der Export spiele nicht wie erhofft mit. Das reiche eben nur für eine Quartalsrate von 0,3 Prozent. Gleichzeitig gebe es Abwärtsrisiken durch die Weltwirtschaft. Daher müsse viel passieren, um die Wachstumsprognose der EZB für 2016 von 1,9 Prozent zu erreichen.

   Andere Ökonomen sprechen eher von einer temporären Beruhigung. Marco Valli von UniCredit sieht weiter einen gesunden Grundtrend, so dass im zweiten Halbjahr wieder ein annualisiertes Wachstum von 2 Prozent realistisch sei. Grund sei die Widerstandsfähigkeit der Inlandsnachfrage, sodass Faktoren wie Griechenland und China die Belebung nicht aus der Spur bringen sollten.

   BNP Paribas zeigt sich zwar enttäuscht über die aktuellen Daten, sieht aber die 0,3 Prozent im Quartalsvergleich leicht über Trendniveau. In nächster Zeit dürfte dieser Wert wieder in Richtung 0,5 Prozent vorankommen, angeschoben durch eine Belebung in Deutschland, Italien und den Niederlanden. Für das Gesamtjahr werde die BIP-Ausweitung der Eurozone durch das schwächere Zweitquartal dagegen eher bei 1,5 als den bislang geschätzten 1,6 Prozent ankommen.

Dreifach-Stimulierung ohne ausreichende Wirkung Anlass zur Sorge gibt ING-Volkswirt Carsten Brzeski, dass die Eurozone nicht vom dreifachen Stimulierungs-Cocktail aus niedrigem Eurokurs, gesunkenen Ölpreisen und Anleihekaufprogramm der EZB profitieren kann. Das seien keine guten Vorzeichen für den Rest des Jahres.

   Die Daten offenbaren die Divergenzen innerhalb der 19 Mitgliedsstaaten. Die deutsche Wirtschaft zeigte eine leichte Verbesserung mit 0,4 Prozent Quartalswachstum nach 0,3 Prozent zu Jahresbeginn, doch Volkswirte hatten ihr ein Plus von 0,5 Prozent zugetraut. Unterdurchschnittlich fiel der BIP-Zuwachs dagegen in Italien und den Niederlanden aus, während es in Frankreich gar zu einer unerwarteten Stagnation kam. Italiens Wirtschaft wuchs um lediglich 0,2 Prozent statt prognostizierter 0,3 Prozent, die Niederlande sahen ein Mini-Wachstum von 0,1 Prozent.

   Deutlich günstiger ist die Lage in Spanien. Mit einem Quartalsanstieg von 1,0 Prozent wurde der stärkste Zuwachs seit sieben Jahren erzielt. Übertroffen wurde das Land innerhalb der Eurozone nur von Lettland mit 1,2 Prozent. Als einziges Land verzeichnete Finnland mit minus 0,4 Prozent ein Schrumpfung seines BIP, womit sich die Schwäche der Vorquartale fortsetzt.

   Kontakt zum Autor: konjunktur.de@dowjones.com

   DJG/smh/bam

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   August 14, 2015 07:17 ET (11:17 GMT)

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