15.04.2015 16:38:45

UPDATE/Griechenland versinkt immer tiefer im Schuldensumpf

   --Schäuble: Keine Lösung kommende Woche in Riga

   --Minister spricht von "schwieriger Situation"

   --Staatspleite würde Deutsche pro Kopf rund 1.000 Euro kosten

   (NEU: Schäuble in New York, Draghi in Frankfurt, fasst Meldungen des Tages zusammen)

   Von Stefan Lange und Andreas Kißler

   BERLIN/NEW YORK (Dow Jones)--Die Griechenland-Krise spitzt sich dramatisch zu. Entgegen der bisherigen Erwartungen wird es für die drängenden Geldprobleme der Hellenen kommende Woche keine Lösung geben, wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Mittwoch in New York deutlich machte.

   Eigentlich wollten die Euro-Finanzminister am 24. April in der lettischen Hauptstadt Riga die Freigabe von 7,2 Milliarden Euro aus dem bis Juni laufenden Hilfsprogramm auf den Weg bringen. Doch die dafür notwendige Reformliste aus Athen wird offenbar nicht rechtzeitig fertig.

   Damit sinkt die griechische Regierung immer tiefer in den Schuldensumpf. Das Land hat Milliarden-Euro an Verbindlichkeiten aufgehäuft, die bedient werden müssen. So steht unter anderem am Freitag eine weitere Schatzwechsel-Tilgung in einem Volumen von 1 Milliarde Euro an.

   "Wir warten auf die griechische Regierung"

   Schäuble sprach in New York deshalb von einer "sehr schwierigen Situation" in Griechenland. "Wir warten auf die griechische Regierung", sagte der CDU-Politiker in englischer Sprache bei einer Veranstaltung des Council on Foreign Relations. "Bis jetzt haben wir keine Lösung", sagte er. "Ich erwarte nicht, dass wir eine Lösung in den kommenden Wochen bekommen. Wir haben das nächste Eurogruppen-Treffen am Ende kommender Woche, aber niemand erwartet, dass es da eine Lösung gibt."

   Die Finanzminister der übrigen Euro-Länder und die drei Geldgeber-Institutionen EU, EZB und IWF haben ein konkretes Reformprogramm aus Griechenland als Voraussetzung für die Auszahlung weiterer Mittel angemahnt. "Der Schlüssel liegt in Griechenland, in Athen", betonte Schäuble in New York.

   Schäuble äußerte massive Kritik an der Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras. "Die neue Regierung hat alle Zahlen zerstört", sagte er. Schäuble sah aber keine Gefahr eines Flächenbrandes. "Sie können keine Ansteckung an den Märkten sehen", sagte der Finanzminister. "Es gibt keine Ansteckung."

   Rund 86 Milliarden Belastung für Deutschland

   Das Schreckgespenst einer Staatspleite in Griechenland nimmt gleichwohl immer deutlichere Formen an, und sie könnte die deutschen Steuerzahler erheblich belasten. Ein Konkurs des griechischen Staates und der griechischen Geschäftsbanken würde Deutschland nach aktuellen Berechnungen des Forschungsinstituts ifo rund 86 Milliarden Euro kosten.

   Laut ifo spielt es relativ gesehen kaum eine Rolle, ob die Hellenen in der Eurozone bleiben oder nicht. Im Falle eines Austritts läge der maximal mögliche Verlust bei 86,2 Milliarden Euro. Bei einem Verbleib wären es 86,5 Milliarden. Pro Kopf liegt die Belastung für die Bundesbürger demnach bei etwa 1.000 Euro - nach Angaben des Statistischen Bundesamtes lag die Einwohnerzahl Ende 2014 bei 81,1 Millionen.

   Drittes Hilfspaket "Kein Thema"

   Unionsfraktionschef Volker Kauder wies derweil Forderungen nach einem dritten Hilfspaket für Griechenland zurück. "Das ist kein Thema", sagte der CDU-Politiker der Bild-Zeitung. "Wir reden momentan über den Abschluss des zweiten Programms, aus dem Griechenland immerhin noch rund sieben Milliarden erhalten könnte", sagte Kauder. Dafür müsse Athen aber "endlich einen vernünftigen Reformplan vorlegen".

   Die Vorschläge aus Athen seien bislang offenbar sehr dünn, erklärte Kauder. Europa werde keine Abstriche von seinen Forderungen gegenüber Athen machen. "Wer hofft, Europa würde einknicken, liegt falsch. Wir werden keinen Deut von unseren Forderungen abweichen."

   Berlin arbeitet nicht an Notfallplan

   Eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums wies unterdessen einen Medienbericht zurück, wonach die Bundesregierung an einem Notfallplan für einen Verbleib Griechenlands im Währungsblock arbeite, falls das Land in einer Bankrott schliddere. "Da kann ich nur den Kopf schütteln", sagte sie. "Woran die Bundesregierung arbeitet ist, dass die Eurozone erhalten und gestärkt wird. Dazu laufen derzeit viele Gespräche und Verhandlungen."

   EZB-Präsident Mario Draghi bestätigte in Frankfurt, dass der Rat eine Anhebung der Notkredite genehmigt habe, die die griechische Zentralbank den Geschäftsbanken des Landes einräumt. Einen Tag X, bis zu dem diese Hilfen genehmigt werden, oder eine Obergrenze gibt es laut Draghi jedoch nicht. "Es liegt völlig in den Händen der griechischen Regierung", sagte er. Es komme auf die Verhandlungen zwischen Griechenland und der Eurogruppe an.

   Höhere Abschläge auf Papiere, die griechische Banken bei der Athener Zentralbank als Repo-Sicherheit einreichen, wurden nach Draghis Aussage im Rat "erwähnt", aber nicht ernsthaft diskutiert. "Wir werden darauf aber zurückkommen", sagte er.

   (Mitarbeit: Hans Bentzien, Christian Grimm)

   Kontakt zum Autor: stefan.lange@wsj.com

   DJG/stl/jhe

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   April 15, 2015 10:07 ET (14:07 GMT)

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