01.09.2014 18:00:30
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UPDATE: Bundestag stimmt Waffenlieferungen in den Irak zu
-- Symbolischer Akt nach Sondersitzung
-- Union und SPD dafür, Grüne und Linke dagegen
-- Merkel rechtfertigt Lieferung mit Terrorgefahr
(NEU: durchgehend mehr Details)
Von Christian Grimm und Stefan Lange
BERLIN--Der Bundestag hat sich in einer symbolischen Abstimmung erstmals mehrheitlich für die offizielle Lieferung von deutschen Waffen in ein Kriegsgebiet ausgesprochen. Für die millionenschwere Rüstungshilfe an die kurdischen Kämpfer im Nordirak votierten am Montag in einer Sondersitzung in Berlin Abgeordnete von Union und SPD, die Fraktionen von Linke und Grünen sprachen sich dagegen aus.
Die Abstimmung hatte keine praktische Bedeutung, denn die Lieferung des Kriegsgeräts war zuvor schon in der Bundesregierung beschlossen worden. Es handelt sich um eine sogenannte Länderabgabe aus Beständen der Bundeswehr, für die kein Bundestagsmandat notwendig ist. Kanzlerin Angela Merkel verteidigte die Lieferungen.
In einer Regierungserklärung rechtfertigte die CDU-Vorsitzende Merkel die Waffenlieferungen mit der humanitären Katastrophe und der Bedrohung im Nordirak. "Es gibt Situationen, in denen nur noch militärische Mittel helfen", sagte die Kanzlerin. "Der Irak steht vor einer Zerreißprobe. Es droht eine weitere Destabilisierung einer fragilen Region", sagte Merkel. Wenn dies geschehe, sei auch die Sicherheit in Europa und Deutschland bedroht.
Schon heute marodierten nach den Erkenntnissen der Geheimdienste 400 Deutsche in Reihen der Terrororganisation Islamischer Staat, erklärte Merkel. Die Zahl der Europäer bewege sich im vierstelligen Bereich. Auch deshalb könne der IS-Terror "uns in keinem Fall kalt lassen", meinte Merkel.
Merkel räumte ein, dass die Entscheidung, Kriegsgerät in ein Krisengebiet zu liefern, schwierig gewesen sei. Dennoch bestehe jetzt die Chance mitzuhelfen, "eine menschenverachtende Terrorgruppe zu stoppen".
Union und SPD mussten allerdings auch einräumen, dass sie so gut wie keine Chance haben, den langfristigen Verbleib der Waffen zu kontrollieren. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann erklärte dazu, das Risiko, dass die Waffen in falsche Hände gelangten, müsse hintenan gestellt werden. Merkel brachte es so auf den Punkt: "Das was ist, wiegt in diesem Fall schwerer als das, was sein könnte".
Die Grünen lehnten Waffenlieferungen in den Nordirak unter anderem aus diesem Grund ab. Ihr Außenexperte Omid Nouripour kritisierte, er wisse noch nicht einmal, wem die Waffen auf kurdische Seite übergeben werden sollen. Er rief zu stärkeren diplomatischen und politischen Bemühungen auf.
Die Linke votierte ebenfalls gegen Waffenlieferungen. Fraktionschef Gregor Gysi kritisierte, Deutschland sei der drittgrößte Waffenexporteur der Welt und verdiene an jedem Krieg. "Und genau das steht uns nicht zu", erklärte Gysi. Ihn störe auch, "dass wir hier nur debattieren und nicht entscheiden können", erklärte der Linkenpolitiker.
Waffen und Gerät sollen an die kurdischen Peschmerga-Kämpfer im Norden des Iraks verteilt werden, die sich einen Krieg mit den Terrormilizen des sogenannten Islamischen Staats befinden. Die Lieferung in drei Tranchen umfasst unter anderem 30 Milan-Panzerabwehrwaffen, insgesamt 16.000 Gewehre der Typen G3 und G36, 8.000 Pistolen vom Typ P1 sowie Panzerfäuste, Handgranaten und Maschinengewehre. Auch Fahrzeuge sollen die Kämpfer im Nordirak bekommen.
Sofern eine Ausbildung der kurdischen Kämpfer notwendig ist, könnte diese auch in Deutschland erfolgen, wie der Sprecher des Bundesverteidigungsministerium, Jens Flosdorff, deutlich machte. Eine Schulung für die Bedienung der Milan-Panzerabwehrwaffen könnte demnach beispielsweise am Bundeswehrstandort Hammelburg erfolgen.
Kontakt zum Autor: stefan.lange@wsj.com und christian.grimm@wsj.com
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September 01, 2014 11:30 ET (15:30 GMT)
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