11.11.2016 13:01:45
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UPDATE/Bundestag plant 2017 erneut Haushalt mit schwarzer Null
-- Budget zum vierten Mal in Folge ausgeglichen
-- Mehr Mittel für Sicherheit, Verteidigung und Entwicklungshilfe
-- Ausgaben steigen 2017 um 3,8 Prozent auf 329,1 Milliarden
-- Opposition kritisiert Haushaltsplanungen der Großen Koalition
(NEU: weitere Angaben, Opposition)
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Trotz höherer Ausgaben für die innere und äußere Sicherheit und die Integration von Flüchtlingen soll der Bund auch 2017 nach den abschließenden Parlamentsplanungen eine schwarze Null im Budget schreiben. Kommendes Jahr sollen die Ausgaben gegenüber der Sollplanung 2016 um 3,8 Prozent auf 329,1 Milliarden Euro steigen, wie der Haushaltsausschuss des Bundestages am frühen Freitagmorgen in seiner so genannten Bereinigungssitzung zum Budget festlegte. Dem stehen Einnahmen in gleicher Größenordnung gegenüber.
Mit dem Beschluss des Haushaltsausschusses ist der Bundeshaushalt, der endgültig in einer späteren Sitzungswoche vom Bundestag beschlossen wird, zum vierten Mal in Folge ausgeglichen. Der ursprüngliche Budgetplan von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte eine Zunahme der Ausgaben um 3,7 Prozent auf 328,7 Milliarden Euro vorgesehen. In dem neuen, vom Haushaltsausschuss beschlossenen Entwurf ist aber eine deutliche Steigerung der Investitionen um 2,8 Milliarden auf 36,1 Milliarden Euro geplant.
Die über den Kabinettsbeschluss hinausgehenden zusätzlichen Ausgaben sollen den Bereichen Sicherheit, Verteidigung und Entwicklungshilfe zugute kommen, teilten Sitzungsteilnehmer mit. Unter anderem sollen 1,5 Milliarden Euro zusätzlich für fünf neue Korvetten für die Bundesmarine ausgegeben werden.
"Mit dem Bundeshaushalt 2017 setzen wir die erfolgreiche Haushaltspolitik der vergangenen Jahre fort", sagte der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Eckhardt Rehberg, nach der Sitzung, die bis um 2.50 Uhr am frühen Freitagmorgen und damit über 13 Stunden angedauert hatte. "Vier Jahre ohne neue Schulden sind ein starkes Signal der Generationengerechtigkeit." Die Koalition stocke die Sicherheitsbehörden deutlich auf und stehe für einen starken Staat.
Schäuble prüft Nachtragshaushalt für 2016 Rehberg hob besonders Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur, den Breitbandausbau und Bildung und Forschung hervor. "Die Investitionsquote ist mit 11 Prozent die höchste seit Jahren", betonte der CDU-Politiker. Durch zusätzliche Mittel für die humanitäre Hilfe, die Entwicklungszusammenarbeit und den Verteidigungsbereich werde Deutschland seiner internationalen Verantwortung gerecht.
Die zusätzlichen Mittel für die Marine-Korvetten nannte Rehberg "eine gute Nachricht". Damit komme Deutschland "den neuen sicherheitspolitischen Herausforderungen im Ostseeraum, im Mittelmeer und in globaler Hinsicht" nach und trage auch aktuellen Nato-Forderungen Rechnung.
Finanzminister Schäuble hat bereits bei der Bekanntgabe der jüngsten Steuerschätzung vor einer Woche betont, die schwarze Null im Haushalt könne voraussichtlich trotz höherer Belastungen eingehalten werden. "Bund, Länder und Gemeinden sind solide finanziert und damit für die anstehenden Herausforderungen gut gewappnet", sodass der Bundeshaushalt in diesem und im nächsten Jahr wie geplant "ohne Neuverschuldung auskommen" werde.
Um Zusagen aus der jüngst getroffenen Vereinbarung von Bund und Ländern zur Neuordnung ihrer Finanzbeziehungen umzusetzen, prüft Schäuble aber für 2016 einen Nachtragshaushalt, erfuhr Dow Jones Newswires aus dem Haushaltsausschuss. Der Finanzminister hatte finanzschwachen Kommunen zusätzliche 3,5 Milliarden Euro für die Sanierung von Schulen versprochen.
Opposition wittert "Politik nach Gutsherrnart" Kritik kam allerdings von der Opposition. Der Bundeshaushalt für 2017 werde sich "trotz aller Erfolgsbeschwörungen der Großen Koalition als ein Haushalt nicht zukunftsfähiger Politik erweisen", sagte der haushaltspolitische Sprecher der Linken, Roland Claus, bei einer Pressekonferenz. Erneut werde eine "zunehmende soziale Spaltung des Landes ausgeblendet". Claus forderte unter anderem eine Bafög-Reform, die Auflösung eines Investitionsstaus bei den Krankenhäusern sowie eine deutliche Erhöhung des Kindergeldes und kritisierte die Steigerungen für das Militär.
Der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler sprach bei der Pressekonferenz von einem "Haushalt der verpassten Chancen". CDU, CSU und SPD agierten "ohne Ideen, ohne Herz und ohne Plan", und die erneute schwarze Null sei zudem "ein glücklicher Zufall". Es gehe aber darum, in Zeiten allgemeiner Verunsicherung Hoffnung und Mut für die Zukunft zu machen. Doch die Investitionen seien auf dem Niveau von 2012. Kindler forderte mehr Mittel zum Beispiel für sozialen Zusammenhalt, den Klimaschutz und Zunkunftsinvestitionen und verlangte einen Abbau klimaschädlicher Subventionen.
Wegen der 1,5 Milliarden für die Korvetten warf Kindler Rehberg und dem SPD-Budgetsprecher Johannes Kahrs eine "Politik nach Gutsherrnart" vor. Der Vorschlag zur Anschaffung der neuen Korvetten geht auf Rehberg und Kahrs zurück. Die bisher im Dienst befindlichen Korvetten wurden im Wesentlichen von der Lürssen-Gruppe sowie von der ehemaligen Thyssenkrupp-Werft Blohm und Voss gebaut. Letztere wurde kürzlich an Lürssen verkauft. Lürssen verfügt über Standorte in Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg, den politischen Heimaten von Rehberg und Kahrs.
Beide Politiker wiesen den Vorwurf der Opposition aber zurück. "Das sind mitnichten Wahl- oder Wahlkreisgeschenke", sagte Rehberg auf eine entsprechende Frage bei einer anderen Pressekonferenz und verwies auf neue Herausforderungen für die deutsche Marine. Es gehe hier vielmehr um "Notwendigkeiten". Kahrs erklärte, dies sei "ja kein neuer Vorwurf".
(Mitarbeit: Stefan Lange, mit Material von AFP)
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
DJG/ank/cbr
(END) Dow Jones Newswires
November 11, 2016 06:31 ET (11:31 GMT)- - 06 31 AM EST 11-11-16

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