10.01.2014 17:37:00

Telekom V - Architekt: Schillerplatz-Gutachten ohne Auftrag erstellt

Der mitangeklagte Architekt im Schillerplatz-Prozess hat heute bei seiner Einvernahme recht Überraschendes vorgebracht: Er habe sein Gutachten zur Bewertung der Schillerplatz-Immobilie nicht im Auftrag der Telekom Austria verfasst, sondern in der Hoffnung, es später der Telekom verkaufen zu können. Die von der Staatsanwaltschaft angeklagte Rückdatierung des Gutachtens dementierte er.

Das Datum am Deckblatt sei nicht das Erstellungsdatum, sondern der Bewertungsstichtag des Gutachtens, so der Angeklagte. "Warum haben Sie das alles nicht schon im Ermittlungsverfahren gesagt", wunderte sich Richterin Claudia Moravec-Loidolt. Damals sei er "verwirrt" gewesen, weil die Einvernahme direkt nach einer Hausdurchsuchung in seiner Wohnung und in seinem Büro stattgefunden habe, erläuterte der Architekt.

Dem Architekten wird vorgeworfen, ein rückdatiertes Verkehrswertgutachten zum Schillerplatz erstellt zu haben. Damit hätten laut Anklage die Telekom-Verantwortlichen entlastet werden sollen, daher wird ihm auch Begünstigung vorgeworfen. Heute bestritt er diese Vorwürfe vehement. Sein Gutachten zur Schillerplatz-Immobilie bewertet den von der Telekom verkauften Teil mit 5,25 Mio. Euro. Als Bewertungsstichtag nahm der Architekt den 9. Mai 2005. Erstellt hat er das Gutachten nach eigenen Angaben aber erst im August 2006.

"Sie haben also im August 2006 für sich ein Gutachten produziert, im Ladl aufbewahrt, in der Hoffnung dass die Telekom es irgendwann haben will", hakte Staatsanwalt Michael Radasztics nach. Der Architekt bestätigte dies, genauso sei es gewesen. Warum er den Bewertungsstichtag damals mit Mai 2005 angesetzt hatte erklärte er heute so, dass er am 2. Mai 2005 eine Begehung der Immobilie wegen eines Asbestgutachtens durchgeführt habe. Die Bewertung habe er dann für einen Stichtag eine Woche danach angesetzt. Er könne aber auch nicht ausschließen, dass er den Bewertungsstichtag mit Mai 2005 vielleicht deswegen angesetzt habe, weil ihn im August 2006 jemand von der Telekom gefragt habe, wieviel die Immobilie im Mai 2005 wert gewesen wäre.

Im Mai 2005 hatte der damalige Telekom-Generaldirektor Heinz Sundt die Vereinbarung mit dem Bauunternehmer über Exklusiv-Kaufverhandlungen zum Schillerplatz unterzeichnet. Darin war ein Mindestkaufpreis von 5,4 Mio. Euro verzeichnet. Genau zu diesem Kaufpreis wurde das Objekt rund eineinhalb Jahre später an den nunmehr mitangeklagten Ex-ÖBB-Chef Martin Huber und seine Ehefrau verkauft.

Zur Telekom kam das ohne Auftrag erstellte Gutachten dann erst im Jahr 2008, als die damalige Telekom-Mitarbeiterin in der Immobilienabteilung, nunmehr mitangeklagte ÖBB-Personenverkehrs-Vorständin Birgit Wagner, den Architekten Ende April 2008 kontaktierte. Daraufhin habe er es übermitteln lassen. Das Deckblatt sei ausgetauscht worden, weil auf einem anderen Gutachten ein ähnliches Deckblatt gewesen sei, so der Architekt.

Für das Gutachten hat der Architekt von der Telekom nach eigenen Angaben bis heute kein Geld bekommen. Spätere Versuche, dafür Geld einzutreiben, seien gescheitert, weil im Buchhaltungssystem der Telekom (SAP) kein Auftrag bzw. keine Bestellung enthalten war. Mit rund 30.000 Euro setzte der Architekt heute die Kosten für das Gutachten an.

Rund 100 Verkehrswertgutachten für Immobilien hat der Architekt zwischen 2004 und 2008 für die Telekom erstellt, mit der er damals einen Rahmenauftrag hatte. Daraus habe er rund fünf Prozent seines jährlichen Gesamtumsatzes lukriert. Warum er beim Verkauf der Schillerplatzimmobilie nicht mit einem Gutachten beauftragt worden war, das wisse er nicht. Er habe seit März 2005 angeboten, eines zu erstellen, schilderte er heute. Von Telekom-Seite sei jedoch offenbar kein Gutachten für den Verkauf gewünscht worden.

(Schluss) gru/tsk

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