Bankensektor unter Druck 28.03.2023 23:00:00

SVB, Credit Suisse & Co.: Goldman Sachs-Experten sehen wachsende Gefahren für US-Konjunktur

SVB, Credit Suisse & Co.: Goldman Sachs-Experten sehen wachsende Gefahren für US-Konjunktur

• Niedergang von SVB, Credit Suisse & Co. belastet Sentiment im Bankensektor
• Goldman Sachs sieht wachsende Gefahren für US-Konjunktur
• Experten erwarten strengere Kreditvergabestandards bei kleinen Banken


Analysten der US-Investmentbank Goldman Sachs reagierten jüngst auf die erhöhte Unsicherheit im Bankensektor und sieht nun eine erhöhte Wahrscheinlichkeit des Eintretens einer Rezession. Viele Anleger teilen wohl diese Einschätzungen, denn vielen Börsianern ist der Risikoappetit in den letzten Handelstagen vergangen.

Hartnäckige Inflation und Bankenkrise setzen Börsen unter Druck

An den internationalen Märkten macht sich Ernüchterung breit - und das, obwohl das Börsenjahr 2023 so gut startete: Die Aussicht auf ein Ende des Zinserhöhungszyklus, Anzeichen einer abnehmenden Inflationsdynamik und vielversprechende Konjunkturdaten hatten die Hoffnung getrieben, dass die Weltwirtschaft trotz der Zinsanhebungen eine Rezession vermeiden kann. In den vergangenen Wochen zeigten jedoch neue Teuerungsstatistiken aus den USA und Europa, dass sich die Inflation wohl als hartnäckiger als erhofft herausstellen könnte. Dann, am 10. März, erfolgte ein veritabler Schock: Die Silicon Valley Bank (SVB), die zu den größten 20 Banken der USA gehörte und Tausende von Tech-Start-Ups finanziell unterstützte, wurde von der Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) übernommen. Auch die in New York sitzende Signature Bank (SBNY) wurde von der Community Bancorp geschluckt, ebenfalls sorgte die Pleite der Silvergate Capital-Bank für großes Aufsehen. Ein ähnliches Schicksal ereilte sogar der krisengeschüttelten Schweizer Großbank Credit Suisse, die von ihrer traditionellen Konkurrentin UBS übernommen wird, was zu enormen Verschiebungen innerhalb des Schweizer Bankensektor führen dürfte.

Die derzeitige Bankenkrise macht sich auch an den Kapitalmärkten bemerkbar: Der gute Lauf der Börsen im neuen Jahr 2023 scheint nun endgültig ein Ende gefunden zu haben, DAX, Dow Jones & Co. haben sich inzwischen deutlich von ihren Jahreshöchstständen entfernt.

Goldman Sachs sieht erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Rezession in kommenden 12 Monaten

Als Folge der aktuellen Aufregung im Bankensektor trüben sich erneut die Rezessionsaussichten ein. Die Wall Street-Traditionsbank Goldman Sachs sieht denn auch die Gefahr, dass sich die Turbulenzen in der Finanzbranche zunehmend auch auf die allgemeine Konjunkturlage auswirken. Höhere Unsicherheiten bezüglich der Einlagensicherheit, Unternehmensfinanzierungen und der Kreditvergabe dürften auch Unternehmen aus anderen Sektoren sowie Haushalte betreffen, wodurch die generelle Wirtschaftsstimmung einen erheblichen Dämpfer erfahren könnte. Folglich erhöhten Goldman Sachs-Ökonomen unter Federführung von Jan Hatzius ihre Einschätzung für die Wahrscheinlichkeit einer US-Rezession in den kommenden zwölf Monaten von 25 Prozent auf nun 35 Prozent. Nach eigenen Angaben spiegelt die Erhöhung der Rezessionswahrscheinlichkeit "die erhöhte kurzfristige Unsicherheit hinsichtlich der wirtschaftlichen Auswirkungen von Stress bei kleinen Banken wider", wie Bloomberg die Experten zitiert.

Ebenso reduzierte Goldman Sachs das erwartete Wachstum des US-Bruttoinlandsprodukts im vierten Quartal 2023 von 1,5 Prozent auf 1,2 Prozent, was sie mit erhöhtem Stress bei kleinen und mittelgroßen Banken begründete. Der Stress werde dazu führen, dass kleine Banken mit einem geringen Anteil an Einlagen, die von der Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) gedeckt sind, die Kreditvergabe um 40 Prozent reduzieren werden. Allgemein werde die Kreditvergabe in diesem Bankenbereich um 15 Prozent sinken, erwarten die Analysten.

Goldman Sachs: Strengere Kreditvergabestandards bei kleinen Banken erschweren Finanzierungen

Als besonders problematisch erachten die Goldman Sachs-Fachleute die erschwerten Finanzierungsbedingungen, die die US-Finanzbehörden den kleinen und mittelgroßen Banken wohl auferlegen wird, zumal einige Banken entsprechende Behörden bereits um Hilfe baten. Die geschätzte Auswirkung der strengeren Kreditvergabestandards der Banken werde den gleichen Effekt auf das Wirtschaftswachstum haben wie eine Zinserhöhung um 25 bis 50 Basispunkte, prognostizieren die Banker von Goldman Sachs. "Jede Auswirkung auf die Kreditvergabe wird sich wahrscheinlich auf eine Untergruppe von kleinen und mittleren Banken konzentrieren", sagte Manuel Abecasis, Analyst der Bank. "Die makroökonomischen Auswirkungen eines Rückgangs der Kreditvergabe bleiben höchst ungewiss, bis das Ausmaß der Belastung des Bankensystems deutlich wird", zitiert Bloomberg weiter aus der Goldman Sachs-Studie.

Bezeichnenderweise liegt die Einschätzung von Goldman Sachs, dass die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den USA etwas mehr als ein Drittel betrage, deutlich unter dem Medianwert der Prognosen. So gehen insgesamt sogar 60 Prozent der von Bloomberg befragten Ökonomen davon aus, dass die USA in den kommenden zwölf Monaten in eine Rezession abgleiten wird. Somit könnten sich die hoffnungsvollen Stimmen, die schon über die "sanfte Landung" der US-Wirtschaft frohlockt haben, als verfrüht herausstellen - besonders dann, wenn demnächst weitere Banken in gravierende finanzielle Schwierigkeiten abrutschen sollten.

Redaktion finanzen.at

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