19.05.2016 17:50:45
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SPD-Obmann wirft Banken Verschleierung von Cum/Ex-Geschäften vor
Von Andreas Kißler
BERLIN (Dow Jones)--Der Obmann der SPD-Bundestagsfraktion im Cum/Ex-Untersuchungsausschuss, Andreas Schwarz, hat die Rolle der Banken bei diesen umstrittenen Geschäften mit Dividendenstripping hart kritisiert. "Statt aufzuklären, haben die Banken verschleiert", sagte Schwarz zu Dow Jones Newswires. "Statt eigene Fehler zuzugeben, verweigert die Bankenlobby auch heute eine ehrliche Analyse, nämlich, dass es sich um einen Systemfehler im Börsenmanagement handelt."
Die SPD hatte bereits angekündigt, die Rolle der Banken ins Zentrum des Untersuchungsausschuss über die undurchsichtigen Cum-Ex-Geschäfte zu rücken, der im Mai mit der Vernehmung von Zeugen begonnen hat. Schwarz sagte, es würde die Sozialdemokraten "besonders interessieren", ob die Banken solche Geschäfte, die zwischen 1999 und 2012 Praxis waren, selbst aktiv angeboten oder nur die technische Abwicklung durchgeführt hätten.
Diese Geschäfte waren Steuergestaltungen, durch die Banken und Anlegern zuvor gar nicht gezahlte Steuern erstattet wurden. Durch Leerverkäufe von Aktien um den Dividendenstichtag herum ("Cum/Ex") kam es zu einer doppelten Ausstellung von Dividendenbescheinigungen und in der Folge einer mehrfachen Erstattung tatsächlich nur einmal gezahlter Kapitalertragsteuer. Diese Cum-Ex-Geschäfte sind ein besonderer Fall von Dividendenstripping, der seit 2012 nicht mehr möglich ist.
Rolle der Banken rückt in den Vordergrund Die Rolle der Banken bei Geschäften mit Dividendenstripping sorgt in Berlin zunehmend für Aufregung. Die Commerzbank hat nach Druck der Politik von zuvor betriebenen "Cum/Cum-"Geschäften Abstand genommen, bei denen ausländische Aktionäre ihre deutschen Anteilscheine kurz vor dem Dividendenstichtag an hiesige Banken verliehen und sich so höhere Steuergutschriften sicherten.
Und auch in dem Cum/Ex-Ausschuss ist die Rolle der Banken in den Vordergrund gerückt. Die Frage ist: Haben die Banken bewusst zu solchen illegalen Geschäften geraten?
SPD-Obmann Schwarz warf ihnen vor, nur unzureichend auf die Vorgänge reagiert zu haben, nachdem sie dort auffällig wurden. "Der Bankenverband wusste seit den 70er Jahren, dass die ausgestellten doppelten Steuerbescheinigungen rechtswidrig waren", sagte er. Seit dieser Zeit seien "lediglich halbgare und unzureichende Maßnahmen" ergriffen worden, um falsche Bescheinigungen wieder zurückzuholen.
Vier Finanzminister werden aussagen Mitte Mai hatten in dem Ausschuss erstmals Vertreter des Bundesverbandes deutscher Banken zu den Vorgängen Auskunft gegeben. Dabei sei auch klar geworden, "dass im Jahr 2002 noch für niemanden erkennbar war, dass derartige 'Cum-Ex'-Geschäfte später einmal in großem Umfang und gewerbsmäßig betrieben werden würden," konstatierte Schwarz. In dem Jahr hatte der Bankenverband das Finanzministerium auf die Geschäfte aufmerksam gemacht.
Der Bankenverband wollte sich auf Anfrage nicht zu den Vorwürfen positionieren. Die Themen seien Gegenstand des Untersuchungsausschusses, "dessen Ermittlungen wir nicht vorgreifen wollen und um Verständnis bitten, dass wir uns deshalb in der Sache nicht äußern", sagte Verbandssprecher Thomas Schlüter.
Licht in die Vorgänge sollen unter anderem auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und seine drei direkten Amtsvorgänger Peer Steinbrück, Hans Eichel (beide SPD) und Oskar Lafontaine (jetzt Linke) bringen. Sie sollen aber erst zu einem späteren Zeitpunkt in dem Ausschuss auftreten - aber noch vor der nächsten Bundestagswahl. Im Sommer 2017 will der Ausschuss dann einen Abschlussbericht präsentieren. Bis dahin soll vor allem auch mehr Klarheit über die Rolle der Banken herrschen.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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May 19, 2016 11:18 ET (15:18 GMT)
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