12-Punkte-Papier |
24.02.2023 20:04:38
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Skeptische Reaktionen: China ruft zu Waffenstillstand in Ukraine auf
Der Inhalt des vom Außenministerium in Peking veröffentlichten Papiers:
- Waffenstillstand: "Alle Parteien sollten Russland und die Ukraine unterstützen, in die gleiche Richtung zu arbeiten und letztendlich einen umfassenden Waffenstillstand zu erreichen."
- Zurückhaltung: "Alle Parteien müssen rational bleiben, Zurückhaltung üben und vermeiden, die Flammen anzufachen, und verhindern, dass sich die Krise weiter verschlechtert oder sogar außer Kontrolle gerät." Mit dieser Argumentation wendet sich China gemeinhin immer gegen Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine.
- Unantastbarkeit: China fordert, dass die Grundsätze der Vereinten Nationen streng beachtet werden müssten. "Die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität aller Länder muss wirksam aufrechterhalten werden." Dass sich Russland dafür zurückziehen müsste und was mit russischen besetzten Gebieten geschehen soll, wird nicht thematisiert.
- Sicherheit: Das Dokument bekräftigt, dass die "legitimen Sicherheitsinteressen aller Länder ernst genommen" werden müssten. Dahinter sehen Diplomaten einen Hinweis auf Russlands Argumentation, sich gegen die USA und die Nato verteidigen zu müssen. Die "Mentalität des Kalten Krieges" müsse beendet werden, hieß es weiter. Die Sicherheit eines Landes solle nicht auf Kosten anderer gehen. "Block-Konfrontation" müsse vermieden werden - ein Vorwurf, den China meist gegen die USA erhebt. Ohne die Nato zu nennen, wird argumentiert, die Sicherheit einer Region solle nicht durch Stärkung oder Ausweitung militärischer Blöcke erreicht werden.
- Atomgefahr: "Atomwaffen dürfen nicht eingesetzt werden, und Atomkriege dürfen nicht ausgefochten werden." Auch die Drohung mit dem Einsatz nuklearer Waffen sei abzulehnen - eine Formulierung, die sich indirekt gegen Moskau richten könnte.
- Sanktionen: Entschieden fordert China ein Ende der Sanktionen gegen Russland, "die nur neue Probleme schaffen". "China lehnt einseitige Sanktionen ab, die nicht vom UN-Sicherheitsrat autorisiert sind." In dem höchsten UN-Gremium sitzen Russland und China als Vetomächte.
Das Dokument ist als "Position Chinas zur politischen Lösung der Ukraine-Krise" überschrieben. Diplomaten in Peking waren allerdings vorsichtig, die Vorschläge als "neue Friedensinitiative" oder "Friedensplan" zu beschreiben. Es wurde auf die Nähe Chinas zu Russland verwiesen. Seit Beginn der Invasion gibt China Präsident Wladimir Putin Rückendeckung gegeben und beschreibt USA und Nato als eigentliche Verursacher der Krise.
Die Frage, warum Russland nicht aufgerufen werde, seine Truppen zurückzuziehen, beantwortete Außenamtssprecher Wang Wenbin nicht. Eine Vermittlungsmission stellte er auch nicht in Aussicht. Experten sehen in dem Papier eher den Versuch, sein - wegen der Unterstützung Russlands - ramponiertes Image zu reparieren.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht in dem Papier keinen echten Friedensplan. Es sei aber schon "nicht schlecht", dass China angefangen habe, über die Ukraine zu sprechen. Wichtig sei, dass die territoriale Unversehrtheit von Staaten und die atomare Sicherheit zum Thema gemacht würden. "Es gibt Gedanken, mit denen ich nicht übereinstimme, mit denen die ganze Welt nicht einverstanden ist. Aber trotzdem ist es schon einmal etwas."
Russland äußerte sich positiv. "Wir begrüßen den aufrichtigen Wunsch unserer chinesischen Freunde, einen Beitrag zur Lösung des Konflikts in der Ukraine mit friedlichen Mitteln beizutragen", kommentierte Außenamtssprecherin Maria Sacharowa. "Wir teilen die Überlegungen Pekings." Russland sei für eine politisch-diplomatische Lösung der "Ukraine-Krise" offen. Grundvoraussetzung sei jedoch ein Ende der westlichen Waffenlieferungen in die Ukraine, die Einstellung aller Kampfhandlungen und die Rückkehr der Ukraine zu einem neutralen, blockfreien Status. Daneben müssten die "neuen territorialen Realitäten" - also die völkerrechtswidrige Annexion mehrerer ukrainischer Gebiete durch Russland - anerkannt werden.
Außenministerin Annalena Baerbock kritisierte das Positionspapier. "Wer von Frieden spricht, darf nicht Unterwerfung meinen. Wer Aggressor und Opfer gleichsetzt, schafft keinen Frieden, sondern belohnt Gewalt", sagte die Grünen-Politikerin. "Das wäre der Weg in eine andere Weltordnung, wo das Recht des Stärkeren gilt." Die Bundesregierung werde alles dafür tun, die Friedensordnung der UN-Charta zu erhalten.
Eine Sprecherin der EU-Kommission sagte, Chinas Position beruhe auf einem falschen Fokus auf den sogenannten legitimen Sicherheitsinteressen der Parteien, die eine Rechtfertigung der illegalen Invasion Russlands implizierten. Zwar betone das Papier bestimmte Grundsätze der UN-Charta, sei mit Blick auf ihre Auswirkungen auf den Krieg jedoch selektiv und unzureichend. "In dem Positionspapier wird nicht berücksichtigt, wer der Aggressor und wer das Opfer eines illegalen, ungerechtfertigten Angriffskrieges ist."
In Pekings Papier stehe nichts Neues, sagte der China-Experte Manoj Kewalramani von der US-Denkfabrik Center for Strategic International Studies (CSIS). Die zwölf Punkte seien Teil bekannter chinesischer Positionen. China betrachte den Konflikt "als Produkt einer, wie es sagt, Mentalität des Kalten Krieges und einer veralteten europäischen Sicherheitsarchitektur". Es scheine in Peking sehr wenig Interesse zu geben, in irgendeine Art von Friedensprozess verwickelt zu werden. "Das Dokument deutet an, dass Peking möchte, dass sich Friedensgespräche lieber um eine neue europäische Sicherheitsarchitektur drehen als über den Krieg selbst."
Der Experte Joachim Krause nannte Chinas Papier "substanzlos". "Das ist kein Friedensplan, sondern die Auflistung allgemeiner Prinzipien des Völkerrechts und der Diplomatie, an die sich China selber nicht hält und deren Verstöße durch Russland für Peking offenkundig kein Problem darstellen", sagte der Direktor des Kieler Universitätsinstituts für Sicherheitspolitik dem Nachrichtenportal "t-online". China stelle sich "in der Bewertung der Ursachen und der Treiber des Krieges offen auf die Seite Russlands".
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PEKING/KIEW/MOSKAU (dpa-AFX)
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