18.01.2023 15:48:40
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Scholz warnt USA bei Klimaplan vor Diskriminierung europäischer Firmen
Von Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones)--Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Klimaschutzanstrengungen der USA gelobt und gleichzeitig vor einer Diskriminierung europäischer Firmen gewarnt. In seiner Rede auf dem Weltwirtschaftsforum im Schweizer Davos rief Scholz dazu auf, sich gegen Protektionismus einzusetzen, da dieser Wettbewerb und Innovationen verhindere. Der Ukraine sicherte Scholz solange Unterstützung wie notwendig zu und hob gleichzeitig Deutschlands Fortschritte bei der Energiewende hervor.
In einer vorab in englischer Sprache verbreiteten Rede sagte Scholz, dass die Industrienationen sich um Fortschritte im Kampf gegen die Klimaerwärmung bemühten. Er verwies auf den sogenannten "Inflation Reduction Act" in den USA, der für die kommenden zehn Jahre Ausgaben in Höhe von 370 Milliarden US-Dollar für die Transformation vorsieht und im Gegenzug in den USA hergestellte Produkte fördert.
"Ich begrüße diese Investition sehr. Mit dem Klima- und Transformationsfonds haben wir selbst fast 180 Milliarden Euro für den Zeitraum 2023 bis 2026 zur Verfügung gestellt", sagte Scholz laut des in englischer Sprache verfassten Redetexts. "Anforderungen nach einem lokalen Anteil bestimmter Produkte dürfen jedoch nicht zu einer Diskriminierung europäischer Unternehmen führen. Protektionismus behindert Wettbewerb und Innovationen und ist dem Kampf gegen den Klimawandel abträglich."
Kritiker sehen in dem Vorhaben der US-Regierung eine Benachteiligung europäischen Firmen, da das Inflationsreduzierungsgesetz Steuern für Unternehmen senkt, die in saubere Energie investieren und dafür Produkte "Made in USA" nutzen - wie beispielswiese Elektroautos mit Batterien aus den USA.
Scholz betonte, die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) seien mit ihrer Kritik an den Details des Gesetzes mit der amerikanischen Regierung im Gespräch. Gleichzeitig müsste aber auch die EU selbst Möglichkeiten zur Verbesserung von europäischen Investitionsbedingungen ins Auge fassen, so der Bundeskanzler. Dazu zählen laut Scholz auch die EU-Beihilferegeln: "Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir die europäische Gesetzgebung zu staatlichen Subventionen beweglicher und flexibler machen."
Investoren müssten im Voraus wissen und nicht erst Jahre nach den Investitionen herausfinden, mit welchen staatlichen Hilfen sie rechnen könnten, so Scholz.
Scholz will mehr Handelsabkommen
Der Bundeskanzler betonte in seiner Rede zudem, dass Europa für den internationalen Handel offen sei, auch wenn es einen grenzüberschreitenden CO2-Handel einführt. Denn es gehe darum, dass europäische Firmen mit einem ambitionierten Klimaschutz nicht benachteiligt werden dürften.
Er setze sich mit voller Kraft dafür ein, dass die EU Freihandelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Staaten, mit Indien und mit Indonesien abschließe, so Scholz.
"Mithilfe dieser Abkommen schaffen wir faire Wettbewerbsbedingungen und halten damit emissionsreiche Industrien davon ab, in Länder mit weniger ehrgeizigen Klimazielen abwandern", sagte Scholz.
Deutschland trotz hoher Energiekosten wettbewerbsfähig
Mit Blick auf die Situation in Deutschland hob Scholz hervor, dass sich das Land in den vergangenen Monaten von russischen Gas- und Öllieferungen unabhängig gemacht habe und die deutsche Energieversorgung für diesen Winter gesichert sei.
Der Umbau der Energieversorgung hin zu erneuerbaren Energien sei mit dem russischen Angriffskrieg umso dringlicher geworden. Scholz zeigte sich aber zuversichtlich, dass Deutschland wie geplant bis 2045 klimaneutral wird und der Ausbau von Ökostromanlagen so vonstattengeht, dass Deutschland trotz aktuell hoher Energiekosten als Industrieland Bestand hat.
"Sogar vor Russlands Angriffskrieg waren Deutschlands Energiepreise vergleichsweise hoch. Dennoch war und bleibt Deutschland wettbewerbsfähig", sagte Scholz.
Kurzfristig könnten sich die Energiekosten wegen der Energiewende noch erhöhen. Langfristig aber werde man davon profitieren, wenn die Auswirkungen des Klimawandels weniger dramatisch seien.
Deutschland bleibt Industriestandort
Scholz versprach, dass Deutschland bis 2030 rund 400 Milliarden Euro in den Ausbau der erneuerbaren Energien stecken wird. Er verwies auf einen jüngsten milliardenschweren Auftrag für das Unternehmen Siemens Energy, mit dem ein neuer Offshore-Windpark mit dem Netz verbunden werden soll. "Das ist nur ein Beispiel dafür, dass diese Wende hin zu einer klimafreundlichen Industrie nicht das Ende unseres industriellen Standorts ist, sondern ein Neuanfang", betonte Scholz und rief die anwesenden Wirtschaftsvertreter zu Investitionen in Deutschland auf.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
DJG/aat/kla
(END) Dow Jones Newswires
January 18, 2023 09:48 ET (14:48 GMT)

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