07.03.2014 19:31:32
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Schäuble treibt mit neuer Planung den Budgetausgleich voran
Von Andreas Kißler
BERLIN--Der Bund will in diesem Jahr so wenig neue Schulden machen wie seit 40 Jahren nicht mehr und dadurch 2015 sein Ziel eines ausgeglichenen Haushalts erreichen. Gelingt das Vorhaben tatsächlich, wäre Wolfgang Schäuble (CDU) der erste Finanzminister seit Franz-Josef Strauß (CSU), der den Budgetausgleich schafft.
Schäubles Haushaltsplan für 2014 sieht eine Nettokreditaufnahme von 6,5 Milliarden Euro vor, geht aus Dokumenten des Finanzministeriums hervor, in die das Wall Street Journal Deutschland Einblick hatte. Der Finanzminister will seine Planung am kommenden Mittwoch erst dem Kabinett und dann der Öffentlichkeit präsentieren. Das sei die geringste Neuverschuldung seit 40 Jahren, hieß es in Ministeriumskreisen. Sie liegt auch deutlich niedriger als im vergangenen Jahr, als der Bund am Ende 22,1 Milliarden Euro neu aufnehmen musste.
Vom kommenden Jahr an will Schäuble aber gar keine neuen Schulden mehr machen. "Ab dem Jahr 2015 kommt der Haushalt dauerhaft ohne neue Kredite aus", bekräftigte ein Regierungsbeamter. "Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass uns das gelingen wird, wenn die Welt um uns herum nicht anders wird."
Schäuble wäre damit der erste Finanzminister seit Strauß im Jahr 1969, der das offenbar schwierige Kunststück eines ausgeglichenen Bundeshaushalts schafft. Versuche dazu gab es schon viele, auch Schäubles Vorgänger Hans Eichel und Peer Steinbrück (beide SPD) hatten sich das Ziel einst auf die Fahnen geschrieben. Doch Steinbrück machte die Finanzkrise einen Strich durch die Rechnung, ähnlich wie Ende der 1980-er Jahre Gerhard Stoltenberg (CDU) die deutsche Wiedervereinigung.
Schäuble aber hat das Ziel nun fest im Blick, trotz aller Ausgabenpläne der Großen Koalition. Deutschland stünde damit im krassen Widerspruch zu anderen großen europäischen Volkswirtschaften wie Frankreich oder Italien, die derzeit mit hohen Budgetdefiziten kämpfen. Dennoch hat die Opposition den Finanzminister schon im Vorfeld kritisiert. Besonders die Grünen sind der Ansicht, Schäuble hätte den Haushalt angesichts sprudelnder Steuereinnahmen schon weit stärker konsolidieren müssen.
In struktureller Rechnung, ohne Konjunktur- und Einmalposten, soll der Haushalt immerhin schon 2014 ausgeglichen sein. Vorgesehen ist sogar ein geringer struktureller Überschuss von 1,8 Milliarden Euro oder 0,07 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung. Die Marge braucht Schäuble aber, weil 2014 auch noch Ausgaben aus dem Fluthilfefonds der Regierung anfallen werden.
In seinem ersten Entwurf noch unter der schwarz-gelben Bundesregierung hatte er mit 6,2 Milliarden Euro kalkuliert. Seitdem ist aber der Koalitionsvertrag hinzugekommen. Von den darin angekündigten prioritären Maßnahmen im Umfang von insgesamt 23 Milliarden Euro sollen dieses Jahr zwei Milliarden Euro finanziert werden. Daneben sollen aus dem Haushalt auch Zusatzbelastungen am Arbeitsmarkt und beim Elterngeld bezahlt werden - unter anderem durch Einsparungen aus geringeren Zinszahlungen und durch einen Aufwuchs bei den Steuereinnahmen.
Die Ausgaben sollen bis zum Jahr 2018 nach Schäubles Planungen jedes Jahr im Schnitt um 2,2 Prozent wachsen - aber auch die Steuereinnahmen sollen zunehmen. Dieses Jahr sind Ausgaben von 298,5 Milliarden Euro geplant, das sind 3,1 Milliarden mehr als im ersten Entwurf vom Juni. Am Ende des mittelfristigen Finanzhorizonts im Jahr 2018 sollen es 327,2 Milliarden sein. Die Steuereinnahmen sollen bis dahin von 268,9 Milliarden Euro in diesem Jahr auf 311,6 Milliarden zunehmen.
Um im nächsten Jahr einen Haushalt ohne neue Schulden vorlegen zu können, kürzt Schäuble allerdings die vereinbarten Zahlungen an das deutsche Gesundheitssystem. Grund ist die Tatsache, dass derzeit im Gesundheitssystem hohe Reserven bestehen, auch Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hat das bereits eingeräumt und die Reserven auf über 30 Milliarden Euro beziffert. "Wir können es uns deshalb leisten, aus dieser Reserve im Jahr 2015 vorübergehend Geld zur Haushaltskonsolidierung zur Verfügung zu stellen", sagte Gröhe.
Dieses Jahr soll der Zuschuss des Bundes deshalb nur 10,5 Milliarden Euro betragen und damit 3,5 Milliarden Euro weniger als verabredet. Für kommendes Jahr will Schäuble den Zuschuss an den Gesundheitsfonds um 2,5 Milliarden auf 11,5 Milliarden Euro kürzen - auch wenn die Kassen bereits vor steigenden Beiträgen für die Versicherten gewarnt haben. Doch Schäuble bleibt hart und will seinen Budgetausgleich nicht gefährden. "Letztendlich machen wir den Zuschuss bedarfsgerecht", konstatierte der Beamte.
Nach seinen Angaben rechnet Schäuble in die Haushaltsplanungen nun keine Einnahmen mehr aus einer Finanztransaktionssteuer ein, um die weiter auf europäischer Ebene gerungen wird. "Wir glauben ganz fest daran, dass sie kommen wird", beteuerte der Regierungsexperte aber. Bisher hatte das Finanzministerium hierfür mit jährlichen Einnahmen von 2 Milliarden Euro kalkuliert. Dafür plant Schäuble aber 2014 mehr Einnahmen aus dem Bundesbankgewinn ein, nämlich 2,5 Milliarden statt 2 Milliarden Euro.
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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March 07, 2014 13:00 ET (18:00 GMT)
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