27.05.2015 21:16:45
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Schäuble begrüßt G7 in Dresden zu Treffen über Finanzpolitik
Von Andreas Kißler
DRESDEN (Dow Jones)--Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat die Finanzminister und Notenbankchefs der sieben führenden Industrieländer (G7) zu einem Spitzentreffen in Dresden begrüßt, bei dem es vor allem um die richtige Finanzpolitik gehen soll.
"Wir haben eine Menge erreicht, aber wir müssen weiter zusammenarbeiten und unser Rahmenwerk verbessern", konstatierte Schäuble am Mittwochabend bei einer Besichtigung der Dresdner Frauenkirche mit den übrigen Teilnehmern des Finanzgipfels. "Wir müssen die Instrumente der weltweiten Zusammenarbeit noch stärker machen", verlangte Schäuble in einer auf Englisch gehaltenen Ansprache. "Die Welt wartet auf neue Formen der Governance."
Schäuble und Osborne betonen Symbolik des Ortes
Bei seinem Grußwort für die Tagung stellte der Finanzminister einen Zusammenhang zwischen dieser deutschen Haltung und der Wahl des Tagungsortes her. Dresden sei "eine Stadt, die wie kaum eine andere für den erfolgreichen Wiederaufbau und Strukturwandel steht." Der besondere Charakter der Stadt solle zum Gelingen des Treffens beitragen.
Die Dresdner Frauenkirche war im Februar 1945 kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges durch alliierte Luftangriffe schwer beschädigt und erst nach der Wende wieder aufgebaut worden. Offiziell abgeschlossen wurde der Wiederaufbau 2005.
Der britische Schatzkanzler George Osborne erklärte in der Kirche, diese symbolisiere mehrere Dinge, über die in den Diskussionen der G7 geredet werde. "Das erste ist der Preis der Zerstörung", sagte er. Die Frauenkirche sei ein Symbol der Zerstörung, aber auch des Wiederuafbaus und all dessen, was in Deutschland erreicht worden sei. Sie sei auch ein Symbol der Werte von Demokratie und Freiheit, für die die G7 stünden.
G7 diskutieren über richtigen Weg der Weltwirtschaft
Der Besuch in der Frauenkirche ist der erste Tagesordnungspunkt einer Veranstaltung, bei der die Politiker und Notenbanker bis zum Freitag vor allem darüber diskutieren wollen, wie die zurzeit von den extrem niedrigen Zinsen in Schwung gehaltene Weltwirtschaft auch ohne die lockere Geldpolitik der Zentralbanken wachsen kann. Die Suche nach den richtigen Rezepten für ein auf Dauer hohes Wirtschaftswachstum steht deshalb ganz oben auf der Agenda des Treffens, bei dem Schäuble für eine Finanz- und Wirtschaftspolitik nach deutschem Vorbild werben will.
In Notenbankkreisen wurde in Dresden konstatiert, dort werde eine kontroverse Auseinandersetzung über die "verschiedenen Schwerpunkte in der Wachstumsdebatte" erwartet. "Die Diskussion wird inzwischen aber entspannter geführt", hieß es.
Ökonomen sollen den Finanzministern Antworten geben
Deutschland ist als derzeitige G7-Präsidentschaft Ausrichter des Treffens in Dresden, zu dem unter anderem auch die Spitzen von Internationalem Währungsfonds (IWF), Weltbank und der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) erwartet werden.
Unter den sieben Ländern - neben Deutschland sind dies Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, Kanada und die USA - gehen aber die Meinungen darüber auseinander, ob vor allem eine mangelnde Nachfrage mehr Wachstumsschwung verhindert, oder ob der Grund dafür in erster Linie in den zu hohen Schuldenständen zu suchen ist.
Antworten suchen die Teilnehmer der Tagung nun bei sieben namhaften Ökonomen, mit denen sie am Donnerstagvormittag bei einem Symposium darüber diskutieren, wie nach der Finanzkrise eine "dynamische Weltwirtschaft" erreicht werden kann. Unter ihnen befinden sich der Nobelpreisträger Robert Shiller, der frühere US-Finanzminister Larry Summers, der ehemalige IWF-Chefökonom Kenneth Rogoff und der Leiter der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), Jaime Caruana.
Schädliche Steuerpraktiken sollen bekämpft werden
Einige von ihnen haben sich bereits im Vorfeld der Dresdner Tagung geäußert. So warnte der Yale-Professor Shiller, der am Dienstagabend bereits im Bundesfinanzministerium über das Thema diskutierte, vor der Gefahr ökonomischer Blasen und forderte Zinserhöhungen in den USA, und Rogoff sprach sich für den Verzicht auf Bargeld als Mittel zur Bekämpfung der Krise aus.
Deutschlands Weg, der vor allem auf strikte Budgetdisziplin als Voraussetzung für eine Verstärkung von Investitionen setzt, ist dabei international umstritten. Organisationen wie der IWF machen Druck auf die Bundesregierung, die öffentlichen Investitionen zu erhöhen. Schäuble will in Dresden aber ausdrücklich auch eine Diskussion über die derzeit ultralockeren Zinsen führen, die sie als eine mögliche Hürde für nachhaltiges Wachstum ansieht.
Bei einem Vorbereitungstreffen auf der Ebene hoher Funktionäre zeigten sich die Vertreter aller G7-Länder nach Angaben eines deutschen Teilnehmers aber darüber einig, dass "Innovationen, Investitionen, aber auch solide Staatsfinanzen" nötig seien. In allen Ländern gelte es, die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und sich auf den demografischen Wandel vorzubereiten.
Griechenland nur kurz angesprochen
Bei ihrem Treffen wollen sich die G7 außerdem mit dem Schließen internationaler Steuerschlupflöcher, der Regulierung der Finanzmärkte und der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung befassen. Aber auch aktuelle Themen wie die Krise in der Ukraine und die Lage in Griechenland sollen zur Sprache kommen.
Jüngste Berichte, Athen stehe kurz vor einer Einigung mit seinen Geldgebern, könnten der Diskussion deutlich mehr Dynamik geben als vorhergesehen. Allerdings wurde aus dem deutschen Finanzministerium am Rande der Gespräche in Dresden nicht bestätigt, dass es eine positive Entwicklung gäbe.
"In der Sache sind wir noch nicht sehr viel weiter gekommen", sagte ein Mitglied der deutschen Delegation am Rande des Treffens am Mittwoch. Er sei "überrascht über Hinweise, man stünde hier kurz vor einer Einigung" - Ministerpräsident Alexis Tsipras hatte die Einschätzung geäußert, Griechenland stehe kurz vor der Einigung mit den internationalen Geldgebern.
Bei dem Vorbereitungstreffen der Spitzenfunktionäre sei das Thema Griechenland nur "kurz" angesprochen worden, sagte ein anderer Teilnehmer. "Das waren aber nur wenige Sätze".
Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com
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May 27, 2015 14:46 ET (18:46 GMT)
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