30.06.2015 19:20:39

ROUNDUP: Nahles lockert Dokumentationspflicht für Mindestlohn

BERLIN (dpa-AFX) - Ein halbes Jahr nach Einführung des Mindestlohns lockert Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) umstrittene Dokumentationspflichten. Bei Arbeitsverhältnissen mit längerem Bestand müssen Arbeitgeber künftig die Arbeitszeit nicht mehr aufzeichnen, wenn der regelmäßige Lohn 2000 Euro brutto übersteigt und die letzten zwölf Monate auch tatsächlich bezahlt wurde. Das kündigte Nahles am Dienstag in Berlin an.

Komplett entfalle die Gehaltsschwelle von 2958 Euro aber nicht, bis zu der in neun Schwarzarbeit-anfälligen Branchen die Arbeitszeit aufzuzeichnen sei. Betroffen sind etwa das Baugewerbe, Gaststätten oder Schausteller. Wichtig sei der hohe Wert etwa bei Saisonarbeitern mit vielen Überstunden, so Nahles. Diese könnten so einen Lohn mit Mindestlohn durchaus erreichen, wenn sie sehr viel arbeiteten. Die Unionsfraktion hatte eine Herabsetzung auf 1900 Euro verlangt. Nahles sagte: "Da ist aus meiner Sicht ein pragmatischer Weg gefunden worden." Seit Januar 2015 gilt in Deutschland ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro in der Stunde.

Künftig sollen Arbeitgeber auch nicht mehr verpflichtet werden, die Arbeitszeit aufzuzeichnen, wenn es sich bei Beschäftigten um Ehegatten oder andere nahe Familienangehörigen handelt. "Die notwendigen Anpassungen bringe ich jetzt per Verordnung auf den Weg", sagte Nahles. Das Mindestlohngesetz werde aber nicht geändert.

Weiteren Änderungsbedarf gebe es aber noch beim Ehrenamt, sagte Nahles. Hier war bereits klargestellt worden, dass ehrenamtliche Tätigkeiten nicht unter den Mindestlohn fallen, etwa bei Übungsleitern in Sportvereinen. Um Minijobs darf es sich dann aber nicht handeln. Nahles kündigte an, mit Justizminister Heiko Maas (SPD) nun eine präzisere Definition des Ehrenamts vorzubereiten.

Die Union begrüßte die Ankündigungen. CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte: "Gerade für den Mittelstand sind die Lockerungen bei Aufzeichnungspflichten eine spürbare Entlastung von unnötiger Bürokratie." Weitere Schritte müssten aber folgen.

Der CDU-Mittelstandspolitiker Christian von Stetten sagte der dpa: "Wenn jetzt der gesunde Menschenverstand in das Arbeitsministerium zurückkehrt, begrüße ich das sehr." Dass die notwendigen Änderungen nur durch eine Verordnung und nicht durch eine Änderung des Mindestlohngesetzes erreicht werden könnten, bezweifle er aber.

Unionsfraktionsvize Michael Fuchs (CDU) sprach von einem "Schritt in die richtige Richtung". Der Unions-Sozialpolitiker Peter Weiß (CDU) sagte: "Wo Verstöße unwahrscheinlich sind, wie etwa bei Verdiensten über 2000 Euro, brauchen die Betriebe nicht unnötig mit Aufzeichnungspflichten belastet zu werden." Andererseits werde nun gewährleistet, "dass die Einhaltung des Mindestlohnes auch künftig kontrollierbar bleibt".

Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) sagte, Nahles zeige zwar Einsicht, aber "die Korrektur reicht nicht aus". Sie solle "dringend nochmal mit Mittelständlern reden, die aus der Praxis kommen", sagte Aigner der "Passauer Neuen Presse" (Mittwoch)./bw/DP/she

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