25.11.2022 22:28:38

ROUNDUP/EU-Krisentreffen: Frankreich bleibt im Streit um Flüchtlinge hart

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Im europäischen Streit über die Aufnahme von Bootsflüchtlingen bleibt Frankreich bei seinem harten Kurs gegenüber der neuen rechten Regierung in Rom. Innenminister Gérald Darmanin bekräftigte am Freitagabend nach einem EU-Krisentreffen in Brüssel, dass sein Land Italien erst dann wieder Flüchtlinge abnehmen will, wenn dieses nicht mehr dafür sorgt, dass Rettungsschiffe von Hilfsorganisationen nach Frankreich fahren. "Wir müssen aus einer Situation herauskommen, in der dieselben Staaten aufgerufen sind, Schiffe aufzunehmen und Umsiedlungen aus anderen Mitgliedstaaten durchzuführen", erklärte Darmanin.

Der Franzose spielte damit darauf an, dass Italien jüngst dem Rettungsschiff "Ocean Viking" die Einfahrt in einen Hafen verweigert hatte, worauf dieses mit mehr als 200 Migranten an Bord nach Frankreich fahren musste. Die Regierung in Paris war darüber empört und verwies darauf, dass Rettungsschiffe eigentlich ein Recht darauf hätten, in den nächstgelegenen Hafen zu fahren.

Italien kritisiert hingegen mangelnde Solidarität anderer EU-Staaten bei der Aufnahme von Flüchtlingen und fordert mehr Unterstützung. Zudem wird den Besatzungen von Rettungsschiffen vorgeworfen, mit ihrem Einsatz im Mittelmeer das Geschäft von Schleuserbanden zu fördern. Diese brachten zuletzt vor allem Menschen aus Tunesien, Ägypten und Bangladesch auf den lebensgefährlichen Weg in Richtung EU.

Der derzeitige tschechische EU-Ratsvorsitz wertete das Krisentreffen in Brüssel trotz der Meinungsverschiedenheiten unter den EU-Staaten als Erfolg. So wurde nach Angaben von Innenminister Vit Rakusan ein neuer Aktionsplan der EU-Kommission willkommen geheißen. Er sieht insbesondere vor, die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Durchreiseländern zu intensivieren und in Nordafrika ein neues Programm gegen Menschenschmuggel zu starten. Für den Einsatz von privaten Seenotrettungsschiffen, die immer wieder Hunderte Migranten in europäische Häfen bringen, könnte es demnach einen speziellen Rahmen und Richtlinien der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation geben.

Zudem soll der freiwillig von rund 20 EU-Staaten unterstützte Solidaritätsmechanismus besser genutzt werden. Er wurde im Juni ins Leben gerufen, um Länder zu unterstützen, in denen viele Bootsflüchtlinge ankommen. Deutschland hatte sich bereit erklärt, über den Solidaritätsmechanismus binnen eines Jahres 3500 Asylsuchende aufzunehmen. Bislang geht es mit dem neuen Verfahren allerdings eher schleppend voran.

Nach Angaben des Innenministeriums in Rom kamen in Italien seit Anfang des Jahres bereits mehr als 94 000 Migranten an. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stieg die Zahl damit um etwa 53 Prozent. Die zuständige EU-Kommissarin Ylva Johansson hatte die Situation zuletzt als nicht haltbar beschrieben und dabei auch darauf verwiesen, dass nur die wenigsten Ankommenden wegen politischer Verfolgung ihre Heimat verlassen. "Wir müssen bedenken, dass eine deutliche Mehrheit der Menschen, die heute über diese zentrale Mittelmeerroute ankommen, keinen internationalen Schutz braucht", sagte Johansson. Viele dieser Menschen wollten in der EU vor allem Geld verdienen.

Für Deutschland nahm Staatssekretär Bernd Krösser an dem Treffen in Brüssel teil. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte am Donnerstag im Bundestag, Deutschland habe derzeit "keine große Migrationskrise".

In der Vergangenheit hatte die Bundesregierung in Brüssel auch immer wieder darauf verwiesen, dass in Deutschland in der Regel monatlich deutlich mehr Asylanträge gestellt werden als in Italien. So wurden nach Angaben des EU-Statistikamts Eurostat vom Freitag im August in der Bundesrepublik knapp 17 000 Antragsteller registriert und in Italien nur rund 6000.

Konkrete politische Entscheidungen zum Umgang mit dem neuen Anstieg der Migrationszahlen werden frühestens beim nächsten regulären Innenministertreffen am 8. Dezember erwartet. Bis dahin will die EU-Kommission auch einen Aktionsplan zu den ebenfalls steigenden Zahlen von Menschen vorlegen, die über die Länder des westlichen Balkans in die EU kommen./aha/DP/nas

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