09.07.2014 18:01:47

POLITIK/ROUNDUP/Junckers Wahl wahrscheinlich: Liberale signalisieren Zustimmung

BRÜSSEL (dpa-AFX) - Der frühere luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker (59) wird aller Voraussicht nach am kommenden Dienstag vom Europaparlament zum neuen Präsidenten der EU-Kommission gewählt. Eine klare Mehrheit für ihn zeichnete sich am Mittwoch ab, nachdem die 67 Mitglieder zählende Fraktion der Liberalen grundsätzlich ihre Unterstützung für Juncker erklärte. Christdemokraten (221 Abgeordnete) und Sozialdemokraten (191) hatten ihm bereits zuvor ihre Unterstützung zugesagt. Insgesamt gibt es 751 EU-Abgeordnete.

Juncker beendete am Mittwoch seine Auftritte vor den insgesamt sieben Fraktionen des Parlaments, bei denen er sich und seine Politik vorstellt. Er kündigte eine Reihe von Veränderungen an. Unter anderem will er den Internationalen Währungsfonds (IWF) nach Möglichkeit aus der Troika heraushalten, die die Sanierungsbemühungen von Schuldenstaaten überwacht. Stattdessen solle die Eurogruppe - also die Finanzminister der Staaten mit Eurowährung - in der Troika vertreten sein.

Der Stabilitäts- und Wachstumspakt müsse auch weiterhin angewendet werden, allerdings "mit gesundem Menschenverstand". Sollten künftig "Anpassungsprogramme" nötig sein, so gelte: "Das Programm muss atmen mit der Wachstumsschnelligkeit, die es in einem Land gibt. Man muss Programme entsprechend anpassen können." Juncker schloss Änderungen des EU-Vertrags nicht aus.

Er erklärte sich zu Verhandlungen mit Großbritannien über die Rück-Übertragung von Zuständigkeiten an die nationalen Regierungen bereit. Die Grundprinzipien der EU - die Freizügigkeit für Menschen, Güter, Dienstleistungen und Kapital - seien jedoch nicht verhandelbar. Gegen erbitterten Widerstand des britischen Premiers David Cameron hatte sich der EU-Gipfel Ende Juni auf Juncker als neuen Kommissionspräsidenten geeinigt.

In der Erklärung der Liberalen-Fraktion (ALDE) vom Mittwoch wird Juncker als "überzeugter Europäer" gelobt. In einer Reihe von Punkten liege er auf einer Linie mit den Liberalen - unter anderem mit der Forderung nach eigenen Haushaltseinnahmen der EU oder der Forderung nach einem Vollzeit-Präsidenten der Eurogruppe. Wichtig sei auch, dass der Stabilitätspakt weiterhin gelte. Über weitere Fragen werde in den kommenden Tagen noch geredet - dazu gehöre auch, wie die Liberalen in der 28 Mitglieder starken EU-Kommission vertreten seien.

Juncker verwahrte sich vor der Fraktion der Linken gegen den Vorwurf, ein "Neoliberaler" zu sein. "Der neoliberale Teil der liberalen Politik ist vor allem das Werk der Herren (Tony) Blair und (Gerhard) Schröder", sagte er. "Ich hätte niemals ein Gesetz vom Typ Hartz IV vorlegen lassen, ich habe immer gegen die Deregulierung des Arbeitsrechts gekämpft." Der Luxemburger fügte hinzu: "Ich habe mit diesen Regierungen gearbeitet und deshalb weiß ich, wer die neoliberale Politik in Europa erfunden hat. Ich war das nicht."/eb/DP/he

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