16.09.2021 19:50:38

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Warten auf Winterkorn, Kommentar zum Dieselskandal-Prozess von Carsten

Steevens

Frankfurt (ots) - Was wusste Martin Winterkorn zu welchem Zeitpunkt vom Einsatz

einer illegalen Abschalteinrichtung zur Verbesserung der Emissionswerte von

Dieselfahrzeugen auf dem Prüfstand? Ist der bis zum 23. September 2015

amtierende Vorstandsvorsitzende des Volkswagen-Konzerns im strafrechtlichen

Sinne persönlich (mit) verantwortlich für den mutmaßlich größten

Wirtschaftsskandal in der deutschen Nachkriegsgeschichte? Auch wenn der heute

74-Jährige kurz nach Aufdeckung der Manipulationen an weltweit 11 Millionen

Dieselautos durch US-Behörden vor genau sechs Jahren erklärte, die schnelle und

umfassende Aufklärung habe höchste Priorität, könnte es noch sehr lange dauern,

ehe die Fragen beantwortet sind.

Das aufgrund der Corona-Pandemie zweimal verschobene Strafverfahren wegen

bandenmäßigen Betrugs und anderer Straftaten, das nun in Braunschweig begonnen

hat, findet ohne den prominentesten Angeklagten statt. Der Beschluss des

Landgerichts, das Verfahren gegen Winterkorn aufgrund der Folgen einer

Hüftoperation zur gesonderten Verhandlung und Entscheidung abzutrennen, stößt

sauer auf. Das zeigt nicht zuletzt eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft

Braunschweig.

Ob und wann Winterkorn, der unlängst mit dem Wolfsburger Autobauer eine Zahlung

von 11,2 Mill. Euro Schadenersatz wegen aktienrechtlicher

Sorgfaltspflichtverletzungen vereinbarte, auf die Anklagebank kommt, ist offen.

Dort sitzen nun zunächst vier ehemalige Manager und Ingenieure aus der

Motorenentwicklung. Es ist aber richtig, dass sich der Prozess, für den bis 2023

insgesamt 133 Verhandlungstage angesetzt sind, nicht weiter verzögert.

Wie stichhaltig der Vorwurf der Anklage ist, der 2007 ins Amt gekommene

Vorstandschef sei spätestens im Mai 2014 über die Existenz der

Abgasmanipulationen in den USA informiert gewesen und habe dennoch den Verkauf

der Fahrzeuge sowie die unlautere Werbung für angeblich saubere Dieselautos

nicht unterbunden, könnte sich im Verlauf des Verfahrens deutlicher abzeichnen.

In Anbetracht der Dimension des Skandals, der Volkswagen inzwischen mit 32 Mrd.

Euro belastet, wäre es aber wichtig, dass sich auch der als detailverliebt

beschriebene Winterkorn stellen muss. Es sollte auf jeden Fall noch vor Gericht

geklärt werden, was das VW-Aufsichtsratspräsidium bereits anlässlich des

Rücktritts des Konzernchefs 2015 feststellte, nämlich dass dieser keine Kenntnis

hatte von der Manipulation von Abgaswerten.

Pressekontakt:

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