26.11.2020 18:50:38

OTS: Börsen-Zeitung / Offene Rechnung / Kommentar zu den ...

Offene Rechnung / Kommentar zu den Corona-Krisenbeschlüssen von Angela

Wefers

Berlin (ots) - Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) war wohl etwas

übermütig, als er fast heiter nach der Marathonsitzung zum Kampf gegen das

Coronavirus am Mittwochabend verkündete: "Den Ländern geht es dabei gut, weil

sie gar nichts dafür bezahlen. Das zahlt alles der Bund." Sein Dank an die

Abgeordneten des Bundestags für nun 30 Mrd. Euro Hilfe im November und Dezember

war überdies voreilig. Die Parlamentarier wussten zu diesem Zeitpunkt noch

nichts von ihrem Glück. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus platzte am

Donnerstag im Bundestag zu Recht der Kragen. Die Regierungschefs von Bund und

Ländern hatten Unterstützung für die gebeutelten Hotels, Restaurants und

Veranstalter auf Bundeskosten beschlossen - ohne den Bundestag zu fragen.

Besonders pikant: Die Haushälter saßen gestern bis in die Nacht in der

sogenannten Bereinigungssitzung, um dem Etat 2021 des Bundes ihren letzten

Stempel aufzudrücken. Da sich das Virus nicht an den Kalender hält, hängen die

Krisenausgaben für 2020 und 2021 eng zusammen.

Das vornehmste Recht des Parlaments ist das Budgetrecht. Dies zu missachten, hat

in England schon 1649 König Karl I. den Kopf gekostet. Ganz so schlimm wird es

in Berlin im Jahr 2020 voraussichtlich nicht kommen. Der Kampf zwischen

Exekutive und Legislative hat bei Finanzfragen aber einen kritischen Punkt

erreicht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD)

erwarten willfährige Koalitionsfraktionen, die es nicht wagen, sich den

Hilfsplänen der Regierung zu widersetzen. Die Regierung wäre schwer blamiert.

Dabei gehört das Hilfsvorhaben durchaus auf den Prüfstand. Es reicht eben nicht

aus, Gelder ins Schaufenster zu stellen, ohne dass eine dafür konzipierte

Verwaltung sie auch auszahlen kann. Die November-Geschädigten warten immer noch

auf das schnell versprochene Geld. Weil eine solche Administration nach einer

Krise auch keiner mehr braucht, wäre es viel sinnvoller, erprobte Wege zu

nutzen. Eine ausgedehnte Verlustverrechnung über die Finanzämter könnte der

Wirtschaft zügig helfen. Zudem wären bei diesem Konzept die Länder als Zahler

gleich mit im Boot. Dem Bund haben sie bei der letzten Reform des

Finanzausgleichs erhebliche Mittel abgerungen. Sie nehmen heute mehr Steuern ein

als der Bund. Zusammen mit den Kommunen stehen ihnen drei Fünftel des Aufkommens

zu. Und ihre Einnahmen werden sich nach der Krise deutlich schneller erholen. Es

gibt überhaupt keinen Grund, den Bund allein auf den Kosten der Krise

sitzenzulassen.

(Börsen-Zeitung, 27.11.2020)

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung

Redaktion

Telefon: 069--2732-0

www.boersen-zeitung.de

Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/30377/4775386

OTS: Börsen-Zeitung

Eintrag hinzufügen
Hinweis: Sie möchten dieses Wertpapier günstig handeln? Sparen Sie sich unnötige Gebühren! Bei finanzen.net Brokerage handeln Sie Ihre Wertpapiere für nur 5 Euro Orderprovision* pro Trade? Hier informieren!
Es ist ein Fehler aufgetreten!