11.05.2021 20:30:38

OTS: Börsen-Zeitung / Geduldsprobe, Kommentar zu Thyssenkrupp von Annette Becker

Geduldsprobe, Kommentar zu Thyssenkrupp von Annette Becker

Frankfurt (ots) - Verkehrte Welt: Thyssenkrupp hat mit Rückenwind von der

Konjunktur das zweite Quartal mit einem stolzen operativen Gewinn abgeschlossen

und vor diesem Hintergrund die Prognose zum zweiten Mal in Folge angehoben. Auch

im Gesamtjahr winken nun schwarze Zahlen, wenn auch nur auf operativer Ebene und

vor Restrukturierungsaufwendungen. Und was machen die Investoren? Sie nehmen

Reißaus. Der Kurs des MDax-Werts brach nach Veröffentlichung des

Halbjahresberichts um mehr als 10 Prozent ein. Die Aktie, die zuletzt von

steigenden Stahlpreisen getrieben wurde, ist damit auf das Niveau von Anfang

Februar zurückgeworfen.

Natürlich gibt es verschiedene Gründe, mit denen sich die Kursreaktion erklären

ließe. Da ist zum einen der Ausblick auf das zweite Geschäftshalbjahr, in dem

der Vorstand von einer nachlassenden Geschäftsdynamik ausgeht. Diese hängt

allerdings weniger mit einer konjunkturellen Abkühlung zusammen, sondern

vielmehr mit Knappheitssignalen aus wichtigen Abnehmerbranchen, allen voran der

Automobilindustrie - Stichwort: Halbleiter.

Zum anderen hat Thyssenkrupp zwar die Prognose erhöht. Das wird sich jedoch

nicht auf den Cash-flow auswirken. Hier wird im Gesamtjahr weiterhin mit einem

Mittelabfluss von etwa 1 Mrd. Euro kalkuliert, obwohl das operative Ergebnis nun

um 300 bis 500 Mill. Euro höher veranschlagt wird. Das lässt sich zwar unter

anderem mit dem nachfragebedingten Aufbau des Nettoumlaufvermögens (noch dazu

bei rasant steigenden Rohstoffpreisen) erklären, muss Investoren allerdings

nachdenklich stimmen. Denn die Rückkehr zur Dividendenfähigkeit hängt maßgeblich

davon ab, wann das große Geldverbrennen bei Thyssenkrupp ein Ende findet. "So

schnell wie möglich", ist dabei eine wenig zielführende Aussage.

Last but not least könnte die Kursreaktion aber auch Ergebnis der

Unkalkulierbarkeit im Um­gang mit der Stahlsparte sein. Nach der Entscheidung im

März, am Stahlgeschäft festzuhalten und nach Möglichkeit zu verselbständigen,

werden nun hinter den Kulissen Optionen durchgespielt. Mit einem schnellen

Ergebnis ist dabei allerdings nicht zu rechnen.

Ohne Lösung für das Stahlgeschäft schwindet jedoch die Hoffnung auf eine

nachhaltige Gesundung des Konzerns. Vorstandschefin Martina Merz wirbt für den

Weg der vielen kleinen Schritte, die im Zuge der Neuausrichtung zu gehen sind.

Nicht alle Aktionäre sind zu dieser Geduldsprobe bereit.

Pressekontakt:

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